Es ist eine muntere kleine Runde, die in der Vegesacker Stadtbibliothek an einem großen Tisch sitzt. Einige kennen sich noch nicht, weil sie zum ersten Mal dabei sind. Aber im Nu entspinnt sich ein kleines Gespräch. „Wer bist du?“, ist die Frage, um die es zunächst geht. Alle stellen sich vor. Auf Deutsch. Denn deswegen sind sie hier. Um zu üben, was sie bisher von der deutschen Sprache gelernt haben. Dafür bietet die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Bremen zusammen mit der Stadtbibliothek Vegesack seit Kurzem ein Sprachcafé an. Es lädt montags und dienstags von 14.30 bis 16 Uhr alle ein, die im Gespräch miteinander die deutsche Sprache erlernen oder vertiefen wollen. Es ist nicht das einzige Sprachcafé, das im Bremer Norden kostenfrei angeboten wird.
Charlotte Kuejper ist eine der Ehrenamtlichen, die das Sprachcafé in der Stadtbibliothek im Aumunder Heerweg 87 leiten. Bis zu fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmer würden jedesmal kommen, erzählt sie. Sie stammen aus Russland, dem Libanon, dem Irak, aus Algerien und der Ukraine. Vorher anmelden müssen sie sich nicht. So ist immer auch ein bisschen Überraschung im Spiel. Wer kommt wieder? Wer ist neu in der Runde? An diesem Nachmittag gesellt sich spontan eine junge Ukrainerin dazu. Sie habe gerade bei der Buchausleihe vom Sprachcafé erfahren, erzählt Oksana Petliak, die mit Kriegsbeginn aus der Ukraine geflohen ist. Dort war sie „Englisch- und Deutschlehrerin“ und nun wolle sie gern ihre Hilfe anbieten und das Team der Ehrenamtlichen unterstützen.
Auch aus der Ukraine geflohen und ebenfalls zufällig auf das Angebot gestoßen, ist Olga Syvokon. „Ich habe in den letzten zehn Jahren in der Ukraine als Staatsanwältin gearbeitet“, erzählt die Mutter zweier Kinder. Nun möchte sie an ihren Deutschkenntnissen feilen. Wie auch Larissa Grigoreva aus St. Petersburg. Mit Ausbruch des Krieges habe sie Russland verlassen wollen, was im Juni 2022 dann auch gelang. Das Sprachcafé besucht sie von Anfang an. „Für mich ist das ein sehr gutes Angebot“, erzählt sie. „Ich habe viele Jahre Deutsch gelernt, aber ich habe auch viel vergessen.“ Jetzt sei sie froh, dass sie wieder üben kann. „Wenn sich die Gelegenheit bietet, in Vegesack mit Menschen ins Gespräch zu kommen, dann nutze ich die“, sagt sie und lächelt. „Ich möchte mehr reden“, ist auch der Wunsch, mit dem Oussama Achache das Sprachcafé besucht. Er würde sich gern zum Altenpfleger ausbilden lassen und sich auch deshalb sprachlich fit machen. „Ich freue mich, dass du wieder da bist“, sagt Charlotte Kuejper. Im Sprachcafé duzen sich alle.
Positives Feedback
Von einem positiven Feedback kann auch das Sprachcafé im Nunatak in Blumenthal (Kapitän-Dallmann-Straße 2) berichten. Dort kommen dienstags von 16 bis 18 Uhr bei Kaffee und Kuchen Zugewanderte und Nichtzugewanderte zusammen, um das Gespräch zu pflegen. Schwerpunktmäßig seien es Menschen aus Syrien, dem Irak, aus Afghanistan, aus der Ukraine und aus afrikanischen Ländern, weiß Christian Psioda, Geschäftsführer bei Quartier, dem Träger des Nunatak. Das Sprachcafé werde sehr gut angenommen. Bis zu 20 Personen seien jedesmal dabei. Manche kommen, weil sie sich übers Sprachcafé auf den zertifizierten Sprachkurs vorbereiten, manche haben den Sprachkurs schon bestanden und wollen sprachlich gern am Ball bleiben, erzählt Christian Psioda. Weil die Sprachkenntnisse sehr unterschiedlich sein können, würde die große Gruppe gelegentlich auch geteilt.
Es gibt zwei Fachkräfte, die das Sprachcafé im Nunatak leiten und die sich Sprachspiele einfallen lassen, um in lockerer Atmosphäre an die deutsche Sprache heranzuführen. Damit angesichts der komplizierten Grammatik und der nicht immer leichten Aussprache nicht so schnell die Lust am Lernen abhanden kommt. Außerdem würden sie immer wieder Themen aus dem Alltag der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Sprachcafé besprechen. „Da kann es darum gehen, wie man Arzttermine vereinbart oder sich beim Einkaufen verständigt.“
Nur für Frauen ist das Sprachcafé gedacht, das dienstags von 15.30 bis 17 Uhr im Haus der Zukunft an der Lüssumer Heide 6 angeboten wird. „Das machen wir mit Kinderbetreuung, was sehr gut angenommen wird, weil es viele allein erziehende Frauen gibt“, berichtet Quartiersmanager Ömer Kaya. Bis zu zehn Teilnehmerinnen würden regelmäßig kommen, sagt er. „Sie sind sehr motiviert und wollen etwas für sich machen.“ Einige der Frauen haben schon den zertifizierten Sprachabschluss und wollen ihre Kenntnisse nun vertiefen. Wer die Sprache kann, hat den Schlüssel zur Teilhabe. Einige Frauen hätten bereits in einer Ausbildung Fuß gefasst, erzählt Ömer Kaya. Deutlich sei, dass durch die Sprachprogramme „das Selbstbewusstsein der Frauen von Tag zu Tag wächst“.