Aumund-Hammersbeck. Der diesjährige Tag des Friedhofs am Sonntag, 20. September, steht im Zeichen einer Auszeichnung: Die Kultusministerkonferenz hat auf Empfehlung der Deutschen Unesco-Kommission die Friedhofskultur in Deutschland zum Kulturerbe ernannt und sie in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Im Rahmen der bundesweiten Aktion „Friedhöfe auszeichnen“ werden Informationstafeln auf den großen Friedhöfen in Bremen aufgestellt werden.
„Unsere städtischen Friedhöfe sind ein unverzichtbarer Kulturraum für die Stadt, darauf möchten wir zum Tag des Friedhofs aufmerksam machen“, sagt Georg Grunwald, Geschäftsführer des Umweltbetriebs Bremen (UBB), und betont: „Der Friedhof ist vor allem auch ein Ort der Lebenden, der über die persönlichen Trauerrituale hinaus eine gesellschaftliche Bedeutung hat.“ Ein Beispiel sei der Friedhof Osterholz, der seit 100 Jahren besteht. An diesem Parkfriedhof mit alten Bäumen und Alleen, malerischen Gewässern und denkmalgeschützten Kapellen zeige sich die Bedeutung von Friedhöfen für die städtische Bevölkerung besonders eindrucksvoll.
Einer der großen Friedhöfe in Bremen-Nord ist der Neu-Aumunder Friedhof. Er wurde 1928 durch den Gartenarchitekten Christian Heinrich Roselius neu angelegt, als die Kapazität auf dem alten Aumunder Friedhof nicht mehr ausreichte. Heute wird er vom Umweltbetrieb Bremen verwaltet. Friedhofsmeister Sebastian Wolf leitet die Gräberstätte und organisiert Bestattungen, drei weitere Mitarbeiter des UBB kümmern sich um die Pflege der weitläufigen Anlage.
Alter Baumbestand
„Damals markierte die Kapelle, die heute am Rande des Neu-Aumunder Friedhofs steht, noch die Mitte des Friedhofs, heute hat er die sechsfache Größe erreicht“, sagt Sebastian Wolf. Auf dem 13,8 Hektar großen Friedhof beschatten zahlreiche hohe alte Bäume die Wege und bilden Alleen, stehen aber auch einzeln inmitten der Rasenflächen oder entlang der Gräber. „Wir versuchen, den alten Baumbestand zu erhalten“, sagt Sebastian Wolf. „Auf dem lehmigen Boden gab es in den vergangenen beiden Jahren trotz der Trockenheit keine großen Probleme mit der Wasserversorgung.“ Zugleich wird auf dem Aumunder Friedhof auf Baumvielfalt geachtet. Neben den heimischen Arten wurden dort zum Beispiel Gingko, Japanischer Schnurbaum und ein Mammutbaum gepflanzt.
Im Laufe der Zeit haben sich die Bestattungsformen geändert: „Heute sind in größerem Maße Urnenbeisetzungen beliebt“, sagt Wolf. Sie machen etwa 200 der jährlich rund 250 Bestattungen auf dem Neu-Aumunder Friedhof aus. Neben den Urnengräbern, auf denen die Verstorbenen namentlich gekennzeichnet sind, ist laut Wolf das anonyme Urnenfeld zunehmend gefragt. Es besteht aus einer Rasenfläche, die nur gemäht wird – für die Angehörigen bedeutet dies, keinen Pflegeaufwand betreiben zu müssen.
An einem Ende des Neu-Aumunder Friedhofs liegt der muslimische Bereich. „In den Gräbern müssen die Gesichter der Verstorbenen gen Mekka ausgerichtet werden, ansonsten unterscheiden sie sich nicht von den christlichen Grabstätten“, sagt Sebastian Wolf. In den letzten Jahren sei der muslimische Bereich deutlich gewachsen. In den Beeten blüht es meist bunt. „Die Bepflanzung der Grabstätte bleibt den Angehörigen überlassen“, sagt der Friedhofsmeister. „Allerdings ist Kies aus Sicherheitsgründen verboten. Wenn unsere Fahrzeuge über die weg spritzenden Steine fahren, könnte dies zu Verletzungen führen.“ Weil Urnengräber nur etwa halb so groß wie Erdgräber sind, haben Friedhöfe heute meist mehr Platz – zum Beispiel, um etwas für die Artenvielfalt zu tun. So wurden in mehreren Bereichen des Neu-Aumunder Friedhofs vom UBB Naturflächen angelegt: Wiesen, die von Frühjahr bis Sommer nicht gemäht werden sondern erst im Herbst. So kann sich Kräutervielfalt und Blütenreichtum entwickeln. „Rhododendren und Linden, die diese Naturwiese umgeben, sorgen für eine enorme Insektenvielfalt auf der Fläche“, sagt Wolf.
Auch vor dem Verwaltungsgebäude des Friedhofs wird auf Blütenvielfalt geachtet: Am Ufer der Beckedorfer Beeke, das noch zum Friedhofsgrundstück gehört, werden die hohen Stauden des Indischen Springkrauts bewusst stehen gelassen. „Sie sind eine hervorragende Bienenweide, auch wenn das Springkraut keine heimische Pflanzenart ist“, sagt Wolf. Vor dem Gebäude sorgen Sonnenblumen, Malven und andere Blüten für Pollen und Nektar. So ist der Neu-Aumunder Friedhof ein Beispiel dafür, dass sich Friedhöfe durch ökologische Pflegemaßnahmen mehr und mehr zu Oasen der Naturvielfalt entwickeln können.