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Statt-Theater spielt „Murder by Sex“ Temporeich und schlüpfrig

Das Ensemble des Statt-Theaters Vegesack beweist mit „Murder by Sex“ sein komödiantisches Talent.
15.10.2019, 19:36 Uhr
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Von Christian Pfeiff

„Murder by Sex“ – der Titel des neuen Stücks im Programm des Statt-Theaters Vegesack weckt Assoziationen mit Erotikthrillern wie „Basic Instinct“ oder „Body of Evidence“. Tatsächlich handelt es sich bei dem Zweiakter aus der Feder der Autorin Joan Shirley um eine temporeiche Boulevardkomödie mit bisweilen grotesker Situationskomik britischer Prägung. Davon kann sich das Publikum des Statt-Theaters ab sofort bei mehreren Aufführungen auf der Studiobühne des Bürgerhauses überzeugen.

Bereits die Ausgangssituation bietet bereits eine hinreichende dramaturgische Fallhöhe für deftige Pointen: Eine Ärztin (Svenja Zaepernick) praktiziert aufgrund eines Großumbaus der Klinik, in der sie arbeitet, notgedrungen im heimischen Wohnzimmer. Ihr Ehemann Bernie (Michael Frenzel) hat sich parallel dazu in den Kopf gesetzt, sich ebendort als Maler und Schriftsteller selbst zu verwirklichen.

Mit dem Auftauchen der ebenso sturen wie hochschwangeren Patientin Val (Dagmar Radel-Wermke), der alterswunderlichen Tante Dott (Brigitte Schiller-Kehl), dem naiven Assistenzarzt Sebastian (Kai Howald), der kessen Teenagertochter Polly (Laura Schimmler) und nicht zuletzt einer heimlichen, früheren Affäre Bernies mit absonderlicher Absicht nimmt der boulevardeske Bühnenwahnsinn seinen Lauf. Gastregisseur Christoph Jacobi ist es gemeinsam mit dem Ensemble gelungen, eine temporeiche Inszenierung auf die Studiobühne zu zaubern, bei der alle Mitwirkenden ihre Bühnenqualitäten voll ausspielen können. Michael Frenzel gibt den selbst ernannten verkannten Künstler mit deutlichem Hang zur Hysterie und cholerischen Anfällen, während seine Bühnenaffäre Anja Frenzel – abseits der Bühne seine Ehefrau – ihre Rolle tatsächlich ähnlich verrucht, wenn auch nicht annähernd so gefühlskalt, wie einst Sharon Stone in „Basic Instinct“ verkörpert. Brigitte Schiller-Kehl erfüllt ihre Rolle als „Tante Dott“ indes ebenso pointiert wie doppelbödig, sodass der Zuschauer bis zuletzt im Unklaren darüber bleibt, ob der Altersschwachsinn der alten Dame tatsächlich bereits so fortgeschritten ist, wie sie ihre Umwelt glauben lassen möchte – oder doch nur ein probates Mittel ist, um Schabernack zu treiben.

Kai Howald ist langjährigen Statt-Theater-Freunden seit Jahrzehnten ohnehin als Garant für komödiantisches Talent und mit vollem Körpereinsatz durchgeführte Bühnenstunts bekannt und darf beide Qualitäten selbst als Assistenzarzt zur Geltung bringen, während Laura Schimmler die Rolle des selbstbewussten Teenagers fast schon auf den Leib geschrieben worden sein könnte. Dagmar Radel-Vernke genießt es sichtlich, als ebenso dominante wie hysterische „Val“ die Nerven von Bühnenkollegen und Zuschauern gleichermaßen zu strapazieren.

Lediglich Uwe Lüttich wirkt in seiner Rolle eventuell etwas unterfordert – warum soll und darf an dieser Stelle jedoch ebenso wenig verraten werden wie die Frage, was für ein ominöser Mordfall innerhalb dieses chaotischen Panoptikums skurriler Charaktere ausschlaggebend für die Titelgebung sein könnte.

Der Ensembleleistung entsprechend positiv fällt nicht nur die Resonanz des Premierenpublikums, sondern auch das Lob des Gastregisseurs an „sein“ Ensemble aus: „Ich habe bei meinen Arbeiten mit Amateurtheatern selten ein Ensemble erlebt, das bereits dermaßen wach und top vorbereitet in die Probephase geht. Meine Arbeit bestand fast nur darin, das Geschehen auf der Bühne zu ordnen und etwas zu veredeln, beispielsweise durch dramaturgische Hervorhebung einzelner Pointen“, lobt der ursprünglich aus Ostberlin stammende Regisseur, der vor siebzehn Jahren einem Ruf der Bremer Shakespeare Company folgte und seither als Regisseur und Schauspieler sowohl im professionellen als auch im ambitionierten Amateurbereich tätig ist.

Bei der Stückauswahl spielte vor allem die personelle Verfügbarkeit eine Rolle. Der künstlerische Leiter Walter Schimmler erklärt: „Ein Stück muss vor allem zunächst der Anzahl der im geplanten Produktionszeitraum verfügbaren Schauspielerinnen und Schauspieler entsprechen.“ Ferner bemüht sich das Statt-Theater seit jeher um eine gelungene programmatische Mischung, in der Klassiker und experimentelle Stücke ebenso vorkommen wie Boulevardstücke, die naturgemäß fast schon eine Garantie für Publikumserfolge sind. Bezüglich der Schlüpfrigkeit des Stücks hatten die Mitwirkenden keine Bedenken, so Schimmler: „Ich finde es bisweilen selbst erstaunlich, zu welchen Dingen unsere Mitglieder auf der Bühne bereit sind.“

Wer sich davon selbst überzeugen, als Hobbydetektiv den titelgebenden Mordfall lösen oder sich einfach nur über eine gelungene, temporeiche Inszenierung eines durch absurden britischen Humor geprägten Boulevardvergnügens amüsieren möchte, hat hierzu noch an den folgenden Spielterminen auf der Studiobühne des Bürgerhauses die Gelegenheit: Sonnabend, 26. Oktober (20 Uhr), Freitag, 8. November (20 Uhr), Sonnabend, 9. November (20 Uhr), Sonntag, 10. November (18 Uhr), Freitag, 15. November (20 Uhr), Sonnabend, 16. November (20 Uhr), Sonntag, 17. November (18 Uhr), Freitag, 22. November (20 Uhr), Sonnabend, 23. November (20 Uhr) und am Sonntag, 24. November (18 Uhr).

Eintrittskarten für „Murder by Sex“ gibt es in der Buchhandlung „Otto & Sohn“, Breite Straße 21-22, Telefonnummer 04 21 / 66 60 02, oder im Internet unter der Adresse www.statt-theater-vegesack.de. Karten kosten im Vorverkauf zwölf Euro, ermäßigt neun Euro, sowie an der Abendkasse 15 Euro, ermäßigt zwölf Euro.

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