Bremen-Nord. Buddelschiffe in Bremen-Nord: Gibt es die noch? Oder bricht auch hier eine Tradition ein? Mit Blick auf Vegesacks Geschichte und dem maritimen Umfeld sollte man meinen, dass Buddelschiffe überall im Stadtteil zu finden sind. Das ist aber nicht der Fall.
Vor Jahresfrist erst wollte Volker Lange, alias Käpt'n Bert aus Woltmershausen, ins Guinnessbuch der Rekorde kommen. Er hatte vor, in Blumenthal und umzu von Privatleuten 100 bis 200 Buddelschiffe zu sammeln, diese auf „Meeres“-Teller zu kleben und – hintereinander an die Wand gehängt – auszustellen. Vierzig Stück hat Lange zusammenbekommen, dann war mangels Angebot Schluss und der Rekord verfehlt.
Auch bei der weiteren Nachfrage sieht es nicht gerade rosig aus. Fehlanzeige im Kahnschifferhaus. „Im Moment gehen Buddelschiffe so gut wie gar nicht“, sagt auch Angela Leidinger von Perko Berufskleidung in der Reeder-Bischoff-Straße, „höchstens mal auf dem Hökermarkt. Oder zu Weihnachten“.
Gut ein halbes Dutzend stehen bei ihr im Angebot. Alle im Miniformat: Die Flaschen sind bis zu zwölf Zentimeter lang. Darin sind unter anderem die „Gorch Fock“ und – unverwechselbar mit ihren grünen Segeln – die „Alexander von Humboldt“. Beide im Preissegment bis knapp an die zehn Euro heran. Wenig Umsatz also, trotzdem, sagt Leidinger, „Buddelschiffe sind hier ein Muss, sie dürfen im Sortiment nicht fehlen“. Und wenn sie es recht bedenkt: Doch, ja, zwei-, dreimal im Monat fragten Kunden schon nach.
Modelle aus Fernost
Sie bezieht ihre Buddelschiffe von dem Geschenkartikel Großhandel Import Wilhahn in Norden, Ostfriesland. Frank Wilhahn sagt, dass die Flaschenschiffe aus Fernost kommen: aus China. Dort werden sie nach den Vorgaben des Importeurs gefertigt: „Wir schicken denen ein Bild vom Schiff.“ Weitere Abnehmer, meint Wilhahn, gibt es im Bremer Norden nicht – aber in Bremerhaven.
Thorsten Kuhl hält ein Buddelschiff in der Hand, stilgerecht vor einem Segelmodell. Früher, sagt der Inhaber von A. Six Schreibwaren, früher habe auch er Buddelschiffe im Angebot gehabt. Das Exemplar jetzt, die „Seute Deern“, ist eines „von früher“, leicht angestaubt. „Das lief aber nicht.“ Und für eine ständige Auslage seiner Modelle in seinem Geschäft an der Gerhard-Rohlfs-Straße hat er nicht ausreichend Platz. „Wenn aber Kunden fragen, dann kann ich welche bestellen“, sagt er und schlägt einen Katalog auf, just von dem Großhändler, der auch Perko beliefert. Aktuell im Angebot sind unter anderem die „Gorch Fock“ und die „Alexander von Humboldt“.
Eine „Gorch Fock“ ist auch im Laden 38 zu haben, einem Antiquitätenladen in Vegesacks Alter Hafenstraße. Namentlich ausgewiesen sind zudem der englische Tee- und Wollklipper „Cutty Sark“, und der Hamburger Frachtsegler „Rickmer Rickmers“. Alle zusammengebastelt mit Holz, Nähgarn und Papier, dann mit gelegten Masten in die Flasche geschoben, die Masten wieder aufgerichtet, fixiert, die Flasche dann verkorkt und versiegelt – wie es halt Brauch ist. Die „Hans Kogge“ in dem Regal mit Buddelschiffen ist allerdings eine Ausnahme: Sie ist aus Glas. Ein Umstand, den auch Ladeninhaber Georg Wohlert erst einmal nur zur Kenntnis nehmen kann.
Wohlert erzählt, dass er seine Buddelschiffe zu 90 Prozent von Privatleuten bezieht, bei Haushaltsauflösungen zumeist. Der Rest kommt unter anderem zum Beispiel beim Tausch mit anderen Händlern zustande. „Das Problem ist“, sagt er, „dass es immer weniger Sammler auf dem Markt gibt.“ Er spricht von der Laufkundschaft und dem Handel im Internet. Irgendwie, meint Wohlert, gehe da eine Tradition verloren. „Allerdings schauen recht regelmäßig Museumsdirektoren und -leiter vorbei und fragen, ob es etwas Passendes für den eigenen Ausstellungsfundus gibt. Auch die vom Museum Schloss Schönebeck? Wohlert: „Ja, die auch – und das sogar recht regelmäßig.“
Sie können bei ihm zum Beispiel einen Viermaster finden, der – so ist es knapp mit der Lupe zu entziffern – auf das Jahr 1918 datiert werden darf. Der Name am Bug ist dagegen nicht zu entziffern, auch nicht zu erraten, zumal der Schriftzug in Sütterlin geschrieben zu sein scheint. Im Bauch der Flasche zieht das stolze Schiff an einem Uferhang vorbei, auf dem weiße Villen stehen und eine Windmühle ihre Flügel durch die Luft pflügen lässt. Blankenese? „Möglich“, sagt Wohlert. 80 Euro möchte er für das Exemplar haben.
Holger Schleider, Museumsleiter Schloss Schönebeck, bestätigt, er schaue gern im Laden 38 vorbei. Natürlich nicht nur, aber auch wegen der Buddelschiffe. Sinnvoll ergänzen ließe sich eine Sammlung immer.
Das Schloss wartet mit einer eigenen Vitrine mit solchen Schiff-in-Flaschen auf, unter denen sich mit der „Gorch Fock“ und der „Passat“ auch vertraute Namen finden. Gut ein Dutzend Buddelschiffe sind es, die man in der ersten Etage bestaunen kann. Bestaunen ist dabei insofern nicht übertrieben, da es neben Schaustücken in üblicher Größe auch welche im Miniformat gibt, vor allem im flaschenfremden Format.
Zu sehen sind Viermaster unter vollen Segeln – mal in einer Glühbirne, mal in einem Autoscheinwerfer. Wie die zusammengebastelt wurden, bleibt ohne Anleitung oder Erklärung offen. Immerhin zeigt eine Serie dieser Ausstellung die Herstellung eines herkömmliches Buddelschiffes in einzelnen Schritten, vom Zusammenbau bis zum „Stapellauf“ mit gelegten Masten.