Am Vegesacker Bahnhof steht ein Wechsel bevor – allerdings mit Verzögerungen. Wo bisher das Unternehmen Deutsche Bahn Vertrieb eine Verkaufsstelle für Tickets betrieben hat, wird ab Mitte Dezember offiziell die Nordwestbahn zuständig sein. Der Grund: Seit 1995 müssen die Leistungen im Schienenpersonennahverkehr über Ausschreibungen vergeben werden, um Qualität zum möglichst günstigsten Preis zu gewähren. Bremen und Niedersachsen ziehen dabei an einem Strang. Nun hat die Nordwestbahn in einer Ausschreibung zur Verkaufsstelle am Vegesacker Bahnhof das Rennen gemacht und will die Tickets künftig im Kundencenter der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) auf dem Vegesacker Bahnhofsvorplatz verkaufen – für VBN, Nah- und Fernverkehr. Allerdings muss das BSAG-Personal erst noch geschult werden.
"Die DB betreibt derzeit noch das DB-Reisezentrum in Bremen-Vegesack. Ab dem Fahrplanwechsel am Sonntag, 12. Dezember 2021, zeichnet aber die Nordwestbahn im Auftrag des Landes Bremen verantwortlich für den Standort Bremen-Vegesack", sagt eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Tatsächlich hat das Unternehmen sowie mögliche andere Anbieter am Vegesacker Bahnhof fortan Betriebsverbot. Somit ist klar, dass das DB-Ticket-Team den Standort verlässt und andernorts arbeiten wird.
"Wir konnten über den Preis punkten", sagt Steffen Högemann, Sprecher der Nordwestbahn, die weder Bahnhöfe noch Infrastruktur hat. Das Vegesacker Reisecenter der Deutschen Bahn werde dennoch nicht weiter genutzt. "Wir suchen uns immer Partner in Bahnhofsnähe. In diesem Fall ist das die BSAG in Vegesack auf dem Bahnhofsvorplatz", sagt der 35-Jährige.
Die BSAG werde für die zusätzliche Verkaufsbelastung bezahlt. Doch einfach so starten kann der Verkauf nicht. "Wir müssen unser Personal erst noch schulen", erklärt Andreas Holling, Sprecher der Bremer Straßenbahn AG. Am Vegesacker Bahnhof werde die BSAG mit dem Vertrieb von Niedersachsen- und Ferntarifen "frühestens im Jahr 2022 an den Start gehen können, aber es kann auch länger dauern". Die Schulungen des BSAG-Teams seien angesichts der ganz neuen Anforderungen bezüglich Technik und Software ein Teil der Kooperationsvereinbarungen. "Nahtlos wäre besser, aber das ist nicht immer machbar, zumal einige Kooperationsgespräche aktuell noch laufen", erklärt der BSAG-Sprecher. In der Zwischenzeit stünden tatsächlich nur die Ticketautomaten zur Verfügung. Wer beispielsweise nach Hildesheim fahren wolle, müsse das Ticket vorerst online oder im Hauptbahnhof kaufen, so Holling.
"Natürlich hätte die Nordwestbahn gerne Kundencenter an jedem Bahnhof", versichert Nordwestbahn-Sprecher Steffen Högemann, "aber wir können uns kein Geld drucken und müssen nachhaltig sein." Im Sinne der Mobilitätswende seien Umbrüche daher sehr wünschenswert. Die Privatisierung habe "schon jetzt zu einer höheren Angebotsbreite geführt, denn die Bahnunternehmen werden für ihre Innovationen belohnt". Der Verkehrsverbund Bremen / Niedersachsen forciere beispielsweise aktuell den Ticketvertrieb via Handy. Ein- und Ausstieg werden dabei aufgezeichnet und der günstigste Tarif abgebucht.