Bereits die Eröffnung der Ausstellung „Unverklungen“ mit Werken des Bremer Hochschulprofessors, Grafikers und leidenschaftlichen Lithographen Jobst von Harsdorf umwehte im August ein Hauch familiärer Zusammenkunft. Dieser sollte sich am vergangenen Mittwoch abermals verstärken als Museumsleiterin Katja Pourshirazi und Dorothee von Harsdorf, Tochter des 2018 verstorbenen Kreativen, zum Kunstgespräch baten. Anlass war der 100. Geburtstag von Jobst von Harsdorf am 16. Oktober.
Im Fokus des Nachmittags standen jedoch nicht ausschließlich die kreativen und kunstvollen Lithographiedrucke und weitere kreative Ausdrucksformen des renommierten Grafikers, zumal ein weiter Teil der Exponate laut Tochter Dorothee ohnehin überwiegend dem künstlerischen Privatvergnügen ihres Vaters zuzurechnen seien.
Internationale Anerkennung
Sein Haupteinkommen erzielte der vormalige Vorsitzende des „Bund deutscher Grafiker“ neben seiner Hochschulprofessur für Buchgrafik und Illustration durch vielfältige Tätigkeiten in eben jenen Berufsfeldern für zahlreiche Verlage und Agenturen, wofür er internationale Anerkennung und Reputation erhielt. Künstlerische Lithographie habe Jobst von Harsdorf laut Tochter Dorothee zwar an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart gelernt, jedoch nicht selbst gelehrt.
Praktiziert habe er diese Technik dennoch ein Leben lang – und nicht nur die ebenso kreativen wie aufwändig mittels eines präparierten, schweren Kalksteins hergestellten Lithographien an den Ausstellungswänden zeugen von der Zeitintensivität dieser neben vielseitiger Berufstätigkeit zusätzlich ausgeübten Leidenschaft; auch die vor zahlreichen Zuhörenden ausgebreiteten Erinnerungen an den Alltag in einer Künstlerfamilie zeichnen Wesen und Charakter Jobst von Harsdorfs als schaffenshungrigen Vollzeitkreativen.
„Die Tür zu seinem Atelier stand jedoch immer auf, um auch ein wenig Anschluss ans Familienleben zu finden. Manchmal war sie aber auch verschlossen“, erklärt Tochter Dorothee. Die Exponate stellten zudem nur einen Teil des kreativen Vermächtnisses dar: So berichtet Dorothee von Harsdorf unter anderem von „ganzen Buchregalen voller Skizzenbücher“, welche widerum ebenfalls bereits eine Selektion darstellten: „Gezeichnet und gemalt hat er eigentlich ständig“, erinnert sie sich an ihren Vater, dem es durch seine mitreißende Leidenschaft und die Leichtigkeit seines Charakters zudem gelang, sämtliche seiner Kinder und später auch die Enkel für die Künste zu begeistern. „Die von Hasdorfs können halt nur Kunst“, kommentiert Dorothee von Hasdorf lächelnd die Entwicklung des Adelsgeschlechts, dessen frühe Vorfahren sich vor Jahrhunderten noch als Raubritter betätigten.
Die familiäre Aura, welche die posthume Ausstellung anlässlich des 100. Geburstatgs von Hasdorfs seit ihrem Eröffnungstag begleitet, wird an diesem Nachmittag auch an der Zusammensetzung der zahlreich erschienenen Besucher sowie der ebenso respektvoll wie vertraut wirkenden Art der Gesprächsführung der Museumsleiterin mit der Tochter des Verstorbenen deutlich: „Es waren sehr viele frühere Wegbegleiter und vormalige Studierende meines Vaters da“, konstatiert Dorothee von Hasdorf nach gut einstündiger Gesprächsreminiszenz an Wesen und Wirken ihres Vaters.
Finissage am 27. Oktober
Die Vertrautheit des Gesprächstonfalls beider Damen ist indes bereits auf eine vormalige Ausstellung von Hasdorfs an selber Stelle zehn Jahre zuvor zurück zu führen. Auch bei dieser handelte es sich um ein generationenübergreifendes Familienprojekt: „Das war eine Drei-Generationen-Ausstellung, in deren Rahmen die Arbeiten Jobst von Harsdorfs Malereien und Radierungen seiner Tochter sowie Fotografien seines Enkels gegenüber standen“, erinnert sich Pourshirazi an den Anlass ihrer persönlichen Begegnungen mit dem Vollzeitkreativen, der zu diesem Zeitpunkt in Leuchtenburg lebte und arbeitete, samt Familie vor gut einem Jahrzehnt.
Entsprechend des Charakters der Ausstellung wird auch die Finissage der Ausstellung am 27. Oktober künstlerfamiliär geprägt sein: Ab 15 Uhr werden an diesem Sonntag im Rahmen einer abschließenden Ausstellungsführung durch Pourshirazi werden mit Johanne von Harsdorf-Fürstenau und Anette Slaatto die weiteren Töchter von Harsdorfs die Abschlussveranstaltung musikalisch begleiten.