So kann es nicht weitergehen. Das hat sich Martin Mader unlängst gedacht. Dem Vegesacker Buchhändler setzt die kulturelle Zwangspause zu. Da er sich auch als passionierter Amateurschauspieler versteht, schmiedete er einen dieser Tage verwegen anmutenden Plan: Er probt das Ein-Mann-Stück „Der Kontrabaß“ von Patrick Süskind. Damit war er vor sechs Jahren bereits erfolgreich. Nun also soll es die Wiederaufnahme geben. Und zwar am 17. April im Bürgerhaus.
„Damals habe ich das Stück 30 Mal gespielt und rund 2000 Zuschauer erreicht“, blickt Mader nicht ohne Stolz zurück. Den Leuten hätten seine Auftritte gefallen und er sei mehrfach auf eine mögliche Wiederaufnahme angesprochen worden. Nun sieht er die Zeit für gekommen. „Die Häuser sind leer und die großen Agenturen buchen erst für übernächstes Jahr wieder“, argumentiert Mader. „Da liegt es nahe, selbst aktiv zu werden“, findet er. Seit Oktober probt er wieder.
Unterstützt wird er dabei von der Regisseurin Franziska Mencz. Geprobt wird im Keller seines Buchladens. Dort warten seine Kostüme und der Kontrabass mit dem er während des Stückes disputiert. „Wir sind wie ein altes Ehepaar“, sagt er mit einem Schmunzeln und schlüpft behände in seine Rolle. „Er sieht aus wie ein fettes, altes Weib“, zetert er. „Mit hängenden, rachitischen Schulterpaaren.“ Der Beobachter merkt sofort, dass sich Martin Mader wohl in seiner Rolle fühlt und überzeugt von seinem Plan ist. Dabei ist der ursprüngliche Januar-Termin bereits abgesagt worden.
Das jedoch war nicht unbedingt zu seinem Nachteil. Denn die ersten Proben im Oktober fielen nicht sonderlich erfolgreich auf. Der Lockdown, das anstehende Weihnachtsgeschäft im Laden haben die notwendige Konzentration auf das Stück geraubt. Bei Null fängt er trotzdem nicht an. „Es ist schon erstaunlich, wie einige Passagen quasi aus dem Nichts zurückkommen“, erzählt Mader von den Proben. Salopp gesagt: Text und Spieler kennen sich aus dem Effeff – wie ein altes Ehepaar eben. „Bemerkenswert ist auch, dass ich an den gleichen Stellen hänge, wie damals und mir die Figur entgleitet.“
Noch ist Zeit bis zur Wiederaufnahme-Premiere. „Gut ist, dass ich auch alleine proben kann“, findet Mader. Als Ziel gibt er aus, bei der Wiederaufnahme auch die kniffligen Stellen lebendig durchspielen zu können. Doch das sind nicht die einzigen und beileibe nicht die größten Herausforderungen. Denn mitten im Lockdown eine Theateraufführung zu planen, bedarf schon eines ausgeprägten Idealismus. Vor sechs Jahren hatte Mader im Kito gespielt. Vor 70 bis 80 Zuschauern und in einer intimen Theateratmosphäre waren die Aufführungen über die Bühne gegangen. Das ist unter Pandemie-Bedingungen nicht möglich und damit das Kito als Spielstätte raus. „Wir gehen jetzt ins Bürgerhaus“, sagt Mader, der für diesen Plan Malte Prieser vom Kulturbüro Bremen-Nord ins Boot geholt hat.
Im Bürgerhaus, wo unter normalen Bedingungen bis zu 600 Menschen Platz finden, können mit den entsprechenden Abständen 80 bis 100 Zuschauer Platz finden. Das Stück selbst sei als auf 70 bis 75 Minuten ohne Pause angelegt und somit kompatibel mit dem geforderten Hygienekonzept. Durch die fehlende Pause könnten Kontakte minimiert werden. „Der Wein muss halt nachher zuhause in trauter Zweisamkeit genossen werden“, findet Mader. „Vielleicht ergibt sich beim Hinausgehen und mit Abstand trotzdem ein Austausch.“
Noch nicht ganz ausgemacht ist, wie und wann er mit Flyern oder Plakaten für seine Auftritte werben wird. Zu unsicher ist noch der angepeilte Termin am 17. April. Gut möglich, dass die Wiederaufnahme-Premiere erneut verlegt werden muss. Das finanzielle Risiko trägt Mader nach eigener Aussage übrigens selbst. „Ich muss neben der Werbung, die Regisseurin bezahlen, ebenso wie die Saalmiete“, sagt er. „Daher hoffe ich, dass die Menschen dann zu meinen Auftritten kommen“, kokettiert er.
Doch die für Kulturliebhaber quälend lange veranstaltungsfreie Zeit während der Corona-Pandemie ist für Martin Mader Antrieb genug: „Ich möchte einfach, dass etwas in und für Vegesack vorbereitet ist, wenn Kultur wieder vor Publikum möglich sein wird.“