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Vegesacker Ruderverein Das erste Boot hieß "Lesmona"

Vor 125 Jahren ist Rudern in Vegesack zum Vereinssport geworden. Das Jubiläum feiert der Vegesacker Ruderverein im September mit einem Fest. Zum Programm gehört ein Stilruder-Wettbewerb.
27.07.2021, 18:00 Uhr
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Das erste Boot hieß
Von Julia Ladebeck

Vegesack. Vor 125 Jahren begann die Geschichte des Ruderns als Vereinssport in Vegesack. Die Mitglieder des Vegesacker Rudervereins feiern dieses Jubiläum am 11. September mit einem Sommerfest in ihrem Vereinshaus am Wasser, bei dem sie an die Gründer erinnern wollen. Geplant ist ein Programm mit Chorgesang und Speisen aus der damaligen Zeit, einer Darbietung mit Schauspielern des Vegesacker Geschichtenhauses und einem Stilruder-Wettbewerb. Außerdem taufen die Ruderer ein neues Boot, einen Breitensport-Vierer ohne Steuermann.

Sechs Männer waren vor 125 Jahren, am 21. Februar 1896, an der Gründung der Ruderabteilung des Vereins Wassersport Vegesack, Verein für Segeln und Rudern auf der Unterweser, beteiligt. Dorothee Wolter-Buhlmann, im Vegesacker Ruderverein für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, hat die Geschichte recherchiert und aufgeschrieben.

Demnach trafen sich "die Herren Butscher, Hagen, Hönneke, Mötting, Raschen und Sombeck" im Hotel Havenhaus, wo sie über eine Satzung sprachen, einen Vorstand wählten und die Farben ihrer Flagge bestimmten. Die Geburt eines selbstständigen Rudervereins in Vegesack scheiterte zunächst an der Sparsamkeit der Bürger. Darauf mussten die Gründer der Ruderabteilung im Wassersportverein noch vier Jahre warten. Erst im Jahre 1900 wurde der Vegesacker Ruderverein ins Vereinsregister eingetragen.

Der Verein Wassersport stellte den Ruderern das Boot „Lesmona“, ein gesteuerter auslegerloser Gig-Riemenvierer mit festen Sitzen, zur Verfügung. Beim Bootsbaumeister Lürssen in Aumund wurde zudem ein Halbausleger-Gig-Vierer in Auftrag gegeben. 700 Mark mussten dafür aufgebracht werden. Auch dieses Boot bezahlte das Mutterhaus der Ruderer, der Verein Wassersport. Als weitere Starthilfe lieh Lürssen der Ruderriege einen geklinkerten Renneiner.

Für die Unterbringung der kleinen Flotte baute Zimmermann Paysen einen Schuppen, der jedoch schon im ersten Jahr dem Bau der Strandlust weichen musste. Bäckermeister Schnatmeyer stellte einen Platz in seinem bis an die Weser reichenden Garten unentgeltlich zur Verfügung. Der Schuppen musste nur um einige Meter versetzt werden.

Am 15. Mai 1897, heißt es in einer Schilderung von damals, stiegen drei Ruderer abends um acht zur ersten Fahrt in den neuen, von Lürssen gebauten gesteuerten Doppelzweier „Marie“. Die Vegesacker Ruderer erkundeten ihr Revier. Weseraufwärts fuhren sie bis Bremen, weserabwärts nach Farge, Berne, Elsfleth, Brake und Sandstedt. Auf der Hunte ruderten sie bis nach Oldenburg. Am häufigsten steuerten sie Ritterhude, Osterholz und Worpswede an der Hamme sowie Wasserhost und Lilienthal an der Wümme an. All diese Ziele seinen auch heute noch bei den Ruderern des Vegesacker Rudervereins beliebt, so Wolter-Buhlmann.

"Rudern war zur dieser Zeit privilegierten Schichten vorbehalten", schildert sie. Das zeigte sich im sogenannten Amateurparagrafen des Deutschen Ruderverbands von 1893. Wolter-Buhlmann zitiert daraus: „Amateur ist jeder, der das Rudern nur aus Liebhaberei mit eigenen Mitteln betreibt oder betrieben hat und dafür keinerlei Vermögensvorteile in Aussicht hat oder hatte, weder als Arbei­ter seinen Lebensunterhalt mit seiner Hände Arbeit verdient, noch in irgendeiner Weise beim Bootsbau beschäftigt ist.“ Das hieß, wer seinen Lebensunterhalt mit seiner Hände Arbeit verdiente, war von Wettkämpfen ausgeschlossen. "Damit sollte ein gewisses gesellschaftliches Niveau gesichert sein", erläutert die Ruderin.

Auch nachdem der Paragraf 1931 geändert wurde, hieß es noch: „Als ausübendes Mitglied kann in Vereinen, die dem Deut­schen Ruderverband angehören, nur aufgenommen werden, wer das Rudern als Liebhaber mit eigenen Mitteln betreibt oder fördert, … überhaupt wer nach seiner gesell­schaftlichen Stellung und Art seiner Tätigkeit als Herrenrude­rer anzusehen ist. Im Zweifel entscheidet der Ausschuss.“

Eine solche Haltung wäre heute undenkbar, betont Wolter-Buhlmann. Im Leitbild des Vegesacker Rudervereins steht: "Der VRV gewährleistet eine freie und eigenverantwortliche Sportausübung; er ist tolerant und weltoffen. Niemand wird wegen seiner Herkunft, Geschlecht, Weltanschauung oder Religion benachteiligt oder diskriminiert."

Zur Jahrhundertwende galt Rudern außerdem noch als reiner Männersport, der mit Attributen wie Kraft, Ausdauer, Stärke und Männlichkeit assoziiert wurde. Da der deutsche Ruderverband sich zunächst weigerte, Frauen aufzunehmen, gründeten 1919 sieben Frauenrudervereine den Deutschen Damenruderverband (DDRV). Als Frauen aber an Wettkämpfen teilnehmen wollten, löste dies hitzige Diskussionen aus. Aus diesem Grund hatte lange Zeit das Stilrudern, bei dem vor allem der ästhetische Gesamteindruck der Mannschaft zählte, für Frauen erste Priorität.

Wolter-Buhlmann: "Grazie und Anmut statt Schweiß und Anstrengung. Denn es galt als unschicklich und medizinisch höchst bedenklich, wenn Damen sich sportlich betätigten. Beim Stilrudern kommt es auf Haltung und Gleichmäßigkeit an – sowohl beim Rudern als auch bei der Kleidung und der Haartracht."

Die Ruderin hat mit Inge Berbohm (82) und Ulla Meier (76) gesprochen, die sich noch ans Stilrudern erinnern: Die Regeln im Verein seien streng gewesen. Auf keinen Fall durfte gemischt gerudert werden. "Wir stiegen also am Weserstrand in die Boote, ruderten ordentlich gekleidet und frisiert und in aufrechter Haltung bis hinter den Vulkan. Dort trafen wir das Männerboot und mischten die Mannschaften. Wir hatten viel Spaß", erzählen die Frauen. Eine Damenruderriege gibt es im Vegesacker Ruderverein seit 94 Jahren. Die Herren des Vereins beschlossen im März 1927 einstimmig, auch Frauen aufzunehmen.

Zur Sache

Sommerfest mit Stilruder-Wettbewerb

Der Vegesacker Ruderverein feiert "125 Jahre Rudern in Vegesack" am Sonnabend, 11. September, ab 16 Uhr mit einem Sommerfest, bei dem an die Gründungsjahre erinnert werden soll. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, insbesondere für das Abend-Büfett, deshalb ist eine verbindliche Anmeldung erforderlich per E-Mail an veranstaltung@vrv.de. Zum Programm gehört ein Stilruder-Wettbewerb. Stilrudern ist eine Disziplin, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts ursprünglich für Frauen entwickelt wurde. Im Vordergrund stehen die Haltung der Ruderer, ihre Kleidung und Frisur, außerdem muss möglichst gleichmäßig gerudert werden. Außerdem steht ein Bootstaufe an.

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