Der große Plan für Vegesack wird immer größer: Erst sollten der Bahnhofsplatz und die angrenzenden Grundstücke neu entwickelt werden, dann sind die Schönebecker Aue inklusive Bahnbrache dazugekommen – und jetzt auch die Randbereiche rechts und links vom Hafen. Macht ein Plus von 10 000 Quadratmetern. Nach Rechnung der Baubehörde geht es bei dem Millionenprojekt inzwischen um eine Fläche von fast acht Hektar.
Eigentlich wollte das Ressort mit dem Vorhaben längst weiter sein. Vor anderthalb Jahren ist ein Berliner Büro beauftragt worden, einen Rahmenplan für den Bahnhofsplatz zu entwerfen. Doch mit der Größe des Gebiets ist auch die Zahl der Projekte, Verhandlungspartner und Planungsbüros angewachsen. Es geht um Hochwasserschutz, Parkplätze, Sportstätten. Um Modernisierung, Renaturierung, Altbausanierung. Um Angelegenheiten der Bahn, der Wirtschaftsförderung, des Deichverbands. Um Stadt-, Landschafts- und – auch das ist neu – Verkehrsentwicklung.
Maximilian Donaubauer und Siegfried Hafke gehen davon aus, dass der Plan Ende 2020 stehen wird. Sie sprechen von einer Bürgerbeteiligung, die für die zweite Jahreshälfte vorgesehen ist. Von einigen Projekten, die früher, und von anderen, die später umgesetzt werden. Von einem jahrelangen Prozess und einem ebenso langen Ringen um Geld. Momentan stehen 100 000 Euro an Planungs- und zwei Millionen Euro an Fördermitteln bereit. Woran die Projektentwickler arbeiten, wie weit die Vorhaben vorangeschritten sind und wer mitentscheidet. Ein Überblick.
Museumshaven : Ursprünglich sollte nur der Hafenkopf verändert werden. Dass vor Kurzem auch die Randzonen ins Plangebiet integriert wurden, kommt nicht von ungefähr: Die Behörde will, dass sich nicht nur die Seite beim Haven Höövt neu entwickelt, wenn das Quartier am Hafen gebaut wird, sondern die gegenüberliegende gleich mit. Nach den Worten von Amtschef Donaubauer sollen beide Bereiche zusammengedacht werden. Schließlich nütze es den neuen Bewohnern wenig, wenn sich allein auf ihrer Seite etwas verändert – und die andere, auf die sie jeden Tag schauen, so bleibt, wie sie ist.
Das Konzept sieht deshalb vor, alles aufeinander abzustimmen: nicht nur den Hochwasserschutz, der nach den bisherigen Plänen unter anderem Wände aus Panzerglas und Wände zum Klettern vorsieht, sondern auch die Gestaltung der unterschiedlichen Flächen. Diskutiert wird momentan über eine zusammenhängende Promenade, die terrassenförmig angelegt werden soll. Bei den vergangenen Gesprächsrunden saßen Stadtplaner und Architekten am Tisch, aber auch Ingenieure des Deichverbands und Projektentwickler des Hafenquartiers. Das Vorhaben wird von Senatsbaudirektorin Iris Reuther begleitet.
Hafenkopf : Über den Hochwasserschutz in diesem Bereich haben Anlieger und Stadtteilpolitiker schon oft diskutiert. Er ist folgenschwerer als der übrige: Die neuen Spundwände würde den freien Blick auf den Museumshaven versperren, wenn der Hafenkopf nicht von Grund auf neu gedacht wird. Stadtplaner Hafke spricht davon, dass das Gelände angepasst werden soll. Architekten sind dabei, Möglichkeiten zu prüfen, wie sich die Fläche zwischen Hafen und Bahnhofsplatz am besten erhöhen lässt, damit Anleger und Traditionsschiffe weiterhin sichtbar bleiben und nicht hinter Flutmauern verschwinden.
Um das zu erreichen, sollen Ingenieure zugleich die Chancen für einen Rückbau der Friedrich-Klippert-Straße ausloten, beziehungsweise dafür, welchen anderen Verlauf die Straße nehmen könnte als den bisherigen. Das ist auch der Grund dafür, dass die Behörde kürzlich entschieden hat, nicht allein auf Stadt- und Landschaftsentwickler zu setzen, sondern auch Straßenplaner einzuschalten. Seit einigen Wochen arbeitet ein Büro aus Hannover an einer Studie, die zeigen soll, wie der Verkehr anders gelenkt werden könnte. Mit ersten Ergebnissen rechnen Hafke und Donaubauer im nächsten Jahr.
Bahnhofsplatz: War es anfangs noch um eine Handvoll an Veränderungen gegangen, soll jetzt so gut wie alles neu gedacht werden: nicht nur die Anordnung der Fahrspuren der Busse, der Standort der Haltestellen, der Wetterschutz für Pendler, die Lage von Verkaufsständen, die Sicherheit für Fahrgäste. Inzwischen geht es auch darum, die Wege für Fußgänger zu vereinfachen, die Premiumroute für Radfahrer zu integrieren, isolierte Flächen zu aktivieren, die Barrierewirkung der Friedrich-Klippert-Straße abzubauen, damit Besucher, die vom Bahnhof kommen, schneller und einfacher den Hafen erreichen.
Auch darum soll sich jetzt das Büro aus Hannover kümmern. Der Bahnhofsplatz ist ebenso Teil seiner Studie wie der Bereich beim Hafenkopf. Bei den Gesprächen mit den niedersächsischen Ingenieuren sind Vertreter der Bremer Straßenbahn AG immer dabei. Hafke sagt, dass der Verkehrsbetrieb ein wesentlicher Verhandlungspartner für die Verkehrsplaner ist. Ihm zufolge können schon kleinere Veränderungen bei den Fahrspuren der Busse und bei den Standorten der Haltestellen größere Auswirkungen auf den Netzplan haben. Und damit auch darauf, ob er weiterhin so bleiben kann oder eben nicht.
Bahnhofsgebäude: Mehr Funktionalität, weniger Leerstand – der historische Backsteinbau soll modernisiert werden. Dabei ist laut Bauamtschef Donaubauer vieles denkbar, auch ein Abriss von Nebengebäuden. Neu geordnet werden sollen nämlich nicht nur die Geschäfte drinnen, sondern auch die Angebote draußen. Der Behördenleiter spricht von Bike-and-ride-Plätzen, von zusätzlichem Wetterschutz und einer Öffnung des Eingangsbereichs zu den Bahnsteigen. Welche Läden neu dazukommen könnten, ist nach seinen Angaben offen. So weit, meint er, seien die Gesprächspartner noch nicht.
Die haben sich inzwischen jedoch schon mal angeschaut, was eine andere Kommune aus ihrem historischen Bahnhof gemacht hat: Planer, Architekten und Verwaltungskräfte waren in Kirchweyhe, wo vieles umgesetzt wurde, was auch für den Vegesacker Altbau vorgeschlagen wird. Die Baubehörde hat mittlerweile eine Agentur beauftragt, eine Studie für das Bahnhofsgebäude zu erstellen – und will eine Arbeitsgruppe einberufen, die von der Wirtschaftsförderung geleitet wird. Sie verwaltet die Immobilie. Die Arbeitsgruppe soll Anfang nächsten Jahres tagen.
Vereinsgelände: Weil die Sportgemeinschaft Aumund-Vegesack ein Nachbar des Bahnhofsplatzes ist, soll deren Gelände gleich mit erneuert werden. Dass das Umkleidegebäude abgerissen wird, ist bereits entschieden. Fest steht nur noch nicht, wohin der Ersatzbau kommen soll. Es gibt Pläne, die zeigen ihn zwischen dem Kunstrasenplatz und dem Überlaufbecken fürs Regenwasser. Und andere, auf denen das Becken durch drei kleinere Fußballfelder ersetzt ist. Auch das gehört zum Auftrag der Planer: Sportplätze für die Bewohner der Grohner Düne zu schaffen.
Ausschließlich auf dem Papier ist auch eine Brücke gebaut, die über die Schönebecker Aue zum Park-and-ride-Platz beim Bahnhof führt. Donaubauer und Hafke sagen, dass das eine Variante von mehreren Möglichkeiten ist, die momentan geprüft wird. Auf einem anderen Plan ist der Parkplatz einer Grünfläche gewichen und der beim Schönebecker Bahnhof erweitert. Nach Angaben der Behörde wird die Vegesacker Park-and-ride-Anlage weniger genutzt als andere Stellflächen für Autos – und könnte somit der Natur zugeschlagen werden, wenn es eine politische Mehrheit dafür gibt.
Schönebecker Aue: Die Vielzahl an Ideen für das Vereinsgelände erklärt sich damit, dass es auch mehrere für den Bereich dahinter gibt. Die Konzepte für die Sportler bedingen die Konzepte für die Aue. Und umgekehrt. Das Überlaufbecken kann beispielsweise nur dann durch Sportplätze ersetzt werden, wenn es gelingt, das Gelände der Aue als Überflutungsfläche zu nutzen. So der Plan. Der sieht außerdem vor, das Gewässer sichtbarer zu machen und das Gebiet sowohl grüner als auch erlebbarer. Der Warnemünder Weg soll verlegt und entlang des Flusslaufs führen.
Im Konzept der Behörde ist von einem neuen Erholungsgebiet die Rede. Studenten der Hochschule haben Anfang des Jahres gezeigt, wie sie die Schönebecker Aue naturnah entwickeln würden. Die angehenden Akademiker machten dabei, was auch jetzt gemacht werden soll: Sie erweiterten die Fläche des Gewässers um die Gleisbrache der Deutschen Bahn AG. Laut Hafke ist zwar noch nichts unterschrieben, aber das Unternehmen ernstlich interessiert, die Fläche an die Stadt zu verkaufen. Es hat jetzt zugestimmt, den Boden auf Altlasten überprüfen zu lassen.
Weitere Informationen
Mit dem Rahmenplan für den Bahnhofsplatz und das umliegende Gelände befassen sich die Vegesacker Beiratsfraktionen in der nächsten Woche. Die Stadtteilpolitiker tagen am Montag, 16. Dezember, ab 18.30 Uhr im Stadthaus, Gerhard-Rohlfs-Straße 62.