Mehr als 900 Künstler waren mit ihren Skulpturen, ihrer Malerei, Installationen, Grafiken, Fotografien und ihrer digitalen Kunst im Rahmen des Vegesacker Kunstherbstes bislang zu Gast. Jetzt bezieht das große Happening der Nordbremer Kunstszene bei seiner 18. Auflage erstmals ein neues Domizil. Nach überaus erfolgreichen Jahren im Einkaufszentrum Haven Höövt präsentieren Bärbel Kock und ihr im Hintergrund agierender Mann Dieter das Kunstspektakel am Sonntag erstmals im Vegesacker Bürgerhaus. „Der Kunstherbst ist von allen Veranstaltungen, die wir machen, immer noch das absolute Highlight“, sagt Bärbel Kock.
Ihren Dank an die langjährige gute Betreuung in der alten Location verknüpft die Schönebeckerin mit der Hoffnung, dass die Veranstaltung auch weiterhin gut aufgenommen wird. „Wir sind dankbar, dass die Ausstellung 17-mal im Haven Höövt über die Bühne gehen konnte – auch wenn das Center in letzter Zeit eher negativ in der Presse steht. Genauso froh sind wir aber auch, dass es jetzt übergangslos im Bürgerhaus weitergehen kann. Das ist sehr wichtig, dass es ohne Pause weitergeht.“
Der Umstand, dass die Kunstfreunde erstmals einen Eintritt von drei Euro zahlen müssen, erkläre sich mit der anfallenden Miete für das Gebäude und die zu bezahlenden Mitarbeiter. „Wir wollen die Ausstellung ja nicht auf den Rücken der Künstler veranstalten“, betont Kock und verweist darauf, dass in manchen Galerien bis zu 70 Prozent Provision anfallen, wenn Künstler ihre Werke dort präsentieren wollen. Erhalten bleiben soll auch am neuen Veranstaltungsort der bewährte Kontakt zum Publikum. Jeder Aussteller präsentiert seine Werke auf einer gleich großen Fläche im Saal und auf den verschiedenen Ebenen im Bürgerhaus. „Jeder Künstler kann nach seinen Ideen und der Entstehung seiner Werke befragt werden“, sagt Bärbel Kock.
Nachdem die Aussteller in den Anfangsjahren fast nur aus Bremen und dem Umland kamen, reisen die Künstler inzwischen aus Oldenburg, Hamburg, Köln, Berlin und sogar aus dem Ausland an. So ist der schwedische Künstlerverband IASE auch in diesem Jahr mit von der Partie. Die Skandinavier hatten ihre Werke regelmäßig nach dem Kunstherbst bis zum Januar noch im Haven Höövt ausgestellt.
Diverse künstlerische Strömungen
„Viele Künstler haben sich bei uns kennengelernt und sich in Gruppen zusammengeschlossen. Viele kommen schon einen Tag früher und bauen alles auf “, freut sich Bärbel Kock. Ortsansässige Hotels würden inzwischen Sonderrabatte für über Nacht bleibende Aussteller anbieten. Auch mit Blick auf die Verkäufe habe sich der Kunstherbst gemausert, weiß die ausgebildete Rechtsanwaltsgehilfin und erinnert sich an ein für 800 Euro verkauftes Bild, das im Rahmen des Kunstherbstes ausgestellt worden war. Auch in diesem Jahr soll eine große Bandbreite an künstlerischen Strömungen zu sehen sein. „Bei uns trifft Farbe auf Struktur, Hell auf Dunkel, Organisches auf klare Form, Verträumtes auf Realität, große auf kleine Werke“, fasst Bärbel Kock die Gegensätze zusammen.

Der Bildhauer Amrot alias Ralf Kleine stellt Skulpturen aus. Die „Mystische Kunst“ des Wahlberliners mit ihrer irritierenden Formensprache ist auch vielfach im öffentlichen Raum zu sehen.
Zu den sechs Künstlern, die in verschiedenen Techniken gefertigte Skulpturen ausstellen, gehört der Bildhauer Amrot alias Ralf Kleine. Die „Mystische Kunst“ des Wahlberliners mit ihrer irritierenden Formensprache ist auch vielfach im öffentlichen Raum zu sehen. Zu den sechs Installations- und Objektkünstlern zählt Nicolé Hager mit ihren surrealen Arbeiten. In Stein gehauen, aus Ton modelliert oder in Beton gegossen, tragen die Werke der Kölnerin Titel wie „Akt im Darm“.

"Akt im Darm": Die Installation stammt von der Kölner Künstlerin Nicolé Hager, die ihre Werke auch aus Ton modelliert oder in Beton gießt.
Acht Fotografen mit unterschiedlichen ästhetischen Zielsetzungen zeigen ihr Können, darunter Patrick Opierzynski mit seinen ambitionierten Schwarz-Weiß-Fotografien. „Wir haben auch den Syrer Sulaiman Endrissy dabei, der sehr islamkritische Fotos ausstellt“, erzählt Bärbel Kock. Zwei Grafiker präsentieren Radierungen, drei weitere haben die digitale Kunst für sich entdeckt.
Im Bereich der Malerei finden sich neben Landschafts- und Porträtmalerei auch Karikaturen und surreale Werke. Neben den fantastischen Motiven von Jonny Ekdahl vom schwedischen Künstlerkollektiv IASE wären in diesem Zusammenhang die eindrucksvollen Airbrush-Arbeiten von Heidi Knütel aus Meldorf und und die verspielte Fadenmalerei von Yvonne Sell-Wolpert zu nennen. Svenja Starke präsentiert ihre buchstäblich erfrischenden Küstengemälde von der Nordsee.

Beim Kunstherbst ist eine große Bandbreite an künstlerischen Strömungen zu sehen sein. Das Werk „Shivas Evil Plan“ stammt von Janina Mau.
„Was Kunst angeht, muss sich Bremen-Nord nicht verstecken. Umso mehr freuen wir uns, den Kunstherbst jetzt im Bürgerhaus begrüßen zu können und ab jetzt Teil dieses Netzwerks zu sein“, blickt Malte Prieser vom Kulturbüro Bremen-Nord optimistisch nach vorn.
Zur Eröffnung kommen ab 10.30 Uhr Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz und – in Vertretung von Schirmherrn und Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt – Maren Zilm. Olaf Kock sowie der aus Syrien stammende Bouzoukispieler Bari Badran sorgen beim Kunstherbst für musikalische Intermezzi. Weitere Auftritte innerhalb des Rahmenprogramms kommen vom Circus Tohuwabohu, Kindern des Ateliers Kock, Jugendlichen des DRK Freizi Aumund und von der Poetry-Slammerin Janina Mau. Ein vom Vegesacker Beirat gestifteter Kunstpreis wird durch das Publikum für das beste Kunstwerk ermittelt. Das Bürgerhauscafé ist geöffnet.
Weitere Informationen
Der Vegesacker Kunstherbst hat am Sonntag, 18. November, von 11 bis 17 Uhr, im Bürgerhaus Vegesack, Kirchheide 49, geöffnet. Der Eintritt kostet drei Euro. Das Parken auf dem Aumunder Marktplatz ist während des Kunstherbstes kostenfrei.