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Hansekogge aus Vegesack Als die „Roland von ­Bremen“ in Bremen-Nord entstand

Vor 25 Jahren wurde die Hansekogge "Roland von Bremen" in Vegesack getauft. Projektleiter Thomas Röhrig blickt zurück auf die Bauzeit. Für ihn und zahlreiche andere Beteiligte war es ein besonderes Projekt.
06.09.2025, 12:00 Uhr
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Als die „Roland von ­Bremen“ in Bremen-Nord entstand
Von Julia Assmann

Nicht nur für Thomas Röhrig, auch für viele andere Menschen aus Bremen-Nord und Umgebung war der Bau der Hansekogge "Roland von Bremen" in Vegesack etwas ganz Besonderes. "Dieses Projekt hat die Leute angezogen. Viele Frauen und Männer waren dabei und begeistert und haben von Anfang bis Ende daran mitgearbeitet", erzählt der ehemalige Projektleiter. Vor 25 Jahren, im Mai 2000, wurde die Hansekogge in Vegesack von Christine Koschnick, Ehefrau von Altbürgermeister Hans Koschnick, getauft und von einem großen Schwimmkran ins Wasser gehoben.

Während der Bauzeit schauten ganze Schulklassen dabei zu, wie die Bauteile für den Nachbau der Kogge von 1380 auf der Werft der Bremer Bootsbau Vegesack gGmbH (BBV) hergestellt wurden. Zahlreiche Nordbremer und Touristen verfolgten im Laufe der Zeit interessiert den Baufortschritt. Als Erinnerung kauften sich viele Besucher Spiekernägel, die vor Ort handgeschmiedet wurden. Durch das zunehmende öffentliche Interesse an dem Nachbau entstand die Idee zur "Gläsernen Werft". Thomas Röhrig begleitete den Bau durchgehend, von der Planung bis zur Schiffstaufe.

Von Anfang an war klar gewesen, dass sie einen Liegeplatz an der Schlachte bekommen sollte. Den steuerte die "Roland von Bremen" kurz nach der Taufe an. Mit großer Begeisterung wurde sie dort in Empfang genommen. "Die Bewältigung des hohen Besucherandrangs an den ersten Tagen war nur mit Unterstützung vieler Helfer und der Reederei Hal Över möglich, die für die weitere Betreuung und Nutzung der Kogge zuständig war", erzählt Röhrig. Was damals noch niemand wissen konnte: Nur 14 Jahre später, im Januar 2014, würde sie an ihrem Liegeplatz in der Innenstadt in der Weser versinken. Ein defektes Seeventil soll dafür verantwortlich gewesen sein, dass das Schiff unterging.

Zwar wurde sie einen Tag später wieder gehoben und in den Neustädter Hohentorshafen geschleppt. Doch danach verschlechterte sich ihr Zustand drastisch und lange war unklar, ob sie überhaupt restauriert werden könnte und würde. Schließlich wurde die Kogge vom Beschäftigungsträger Bras mit Langzeitarbeitslosen wieder flottgemacht. Erst in diesem Jahr wird die Restaurierung abgeschlossen. Im Laufe der Zeit wurden Aussagen laut, beim Bau der Kogge seien gravierende Fehler gemacht worden, auch deshalb habe sich Pilz im Holz ausbreiten können.

Darüber ärgert sich Thomas Röhrig. Der gelernte Bootsbauer und Schiffsbauingenieur, der vor seinem Job als Leiter des Koggenbau-Projekts bei diversen Werften gearbeitet hat und später bei der Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd, einer Art Schiffs-TÜV, als Besichtiger in Hamburg und Stralsund tätig war, betont, dass alle Bauvorschriften und gesetzliche Bestimmungen für hölzerne Seeschiffe eingehalten wurden. Schon während des Baus habe es regelmäßig Kontrollen durch den Germanischen Lloyd gegeben. Der 70-Jährige ist überzeugt: "Bei guter und fachgerechter Pflege und Wartung konnte für das Schiff ein sehr hohes Lebensalter erwartet werden." Es sei belegt, dass der Nachbau des Hanseschiffes schiffbaulich in einer hohen Bauqualität von der Werft abgeliefert worden sei.

Er sieht ein Problem darin, dass die Kogge nicht zeitnah fachgerecht von innen vom Schlick gereinigt wurde, nachdem sie auf der Werft im Hohentorshafen aufgeslippt worden war. Einige Bereiche im Inneren seien durch den Motor und weitere Technik schwer zugänglich gewesen, weiß Röhrig. Er sagt: "Für eine Schadensbehebung und Instandsetzung waren zunächst keine Finanzmittel vorhanden." Der Motorantrieb wurde eingebaut, so der Schiffsingenieur, weil die Kogge eigenständig manövrierfähig sein sollte. Außerdem bekam der Nachbau einen klappbaren Mast, damit er die Weserbrücken passieren konnte. Obwohl die Geschichte der "Roland von Bremen" zuletzt so unerfreulich verlief – an den Bau der Kogge erinnert sich der Schiffsbauingenieur als einen Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn gerne.

Vor allem an die Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Bootsbaumeister Dietmar Peters, der die technische Bauleitung hatte, und mit den zahlreichen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus verschiedenen Berufsgruppen, darunter Bootsbauer, Zimmerleute, Tischler, Metallbauer und Segelmacher, denkt er mit Freude zurück. Im Schnitt, erzählt er, arbeiteten jeweils 25 Personen an dem Projekt. "Einmal kamen zwei Zimmerleute, die auf der Walz waren, zu uns. Sie haben uns zwei, drei Wochen lang unterstützt." Alle, selbst die Hilfskräfte, seien mit Feuereifer dabei gewesen.

Begonnen hatten die Arbeiten an dem Koggennachbau bei der Aucoop Bootswerft im Jahr 1996. Sie wurde kurze Zeit später mit dem Jugendkutterwerk zur BBV. In einer Modellwerkstatt wurde das Schiff zunächst in kleinerem Format vorgebaut – mit allen wichtigen Bauteilen, die wie im Mittelalter den Bootsbauern zur Anschauung dienten. Allerdings mussten die sich nicht wie früher nur am Modell orientieren, sondern konnten sich zusätzlich auf Zeichnungen verlassen.

Die Rekonstruktionspläne für die Bremer Hansekogge lieferte das Deutsche Schifffahrtsmuseum, dazu tauschten sich die Verantwortlichen mit Konstrukteuren und Vereinen aus, die die Kogge bereits nachgebaut hatten oder mit dem Bau anderer Koggen beschäftigt waren. Mit der Kieler Hansekogge und der "Ubena von Bremen" gab es bereits zwei Nachbauten der Kogge, deren Wrack 1962 in der Wesermündung gefunden worden war. "Wir haben auch ein Projekt am Ijsselmeer besucht. Dort wurde die Kampener Kogge gebaut", erinnert sich Röhrig. Er selbst fertigte Zeichnungen für den Bau des Schiffskörpers zur Prüfung durch den Germanischen Lloyd an, die die Baubegleitung und Aufsicht über den Koggenbau übernommen hatte.

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Ein Großteil des Eichenholzes für den Koggenbau kam aus dem Hasbruch im Landkreis Oldenburg. "Wir hatten eine Kooperation mit der dortigen Forstwirtschaft und die Möglichkeit, dort selbst die Bäume für das Krummholz auszusuchen", erzählt Röhrig und blättert dabei in Fotoalben. Darin zeigen Bilder die Kogge im Rohbau und den Fortgang der Arbeiten. "Der Fotograf Joachim Hofmann hat das gesamte Projekt dokumentiert", sagt er. Aus den ersten Eichenholz-Lieferungen wurden der Kiel, die Steven und erste dicke Querbalken angefertigt. Auch die Bauspanten, von den Fachleuten Mallen genannt, wurden bereits vor der Kiellegung, die Ende Juni 1997 gefeiert wurde, hergestellt.

Weil die bisherige Bootshalle der Vulkan-Werft für den Koggennachbau zu klein war, wurde eigens eine Halle für die Kogge errichtet. "Nach dem Aufstellen der Mallspanten auf den Kiel wurde mit dem Aufplanken und dem Bau des Schiffkörpers begonnen", erzählt Röhrig. Er betont: "Das Eichenholz wurde vor dem Baubeginn fachgerecht zur Trocknung gelagert." Außerdem sei die Schutzbeschichtung für das Eichenholz, eine farblose Konservierung aus dem Marineschiffbau, konsequent aufgebracht und das Unterwasserschiff mit einer Antifoulingfarbe gestrichen worden.

Er schildert, wie die Planken der Außenhaut, die bis zu sieben Zentimeter stark waren, nach altem Vorbild über Flammen gedämpft und verformt wurden. Wie die Spanten aus gewachsenem Krummholz in die Rumpfschale eingepasst, gelascht und verbolzt wurden. Wie der Außensteven vor die Beplankung gesetzt und die vier großen Querbalken eingepasst wurden. Schritt für Schritt wuchs die Hansekogge in die Höhe, wurde mit Ausrüstungsteilen, Bordtechnik und Kombüse ausgestattet. Für den Kran-Zugang musste das Dach der Bauhalle entfernt werden. Auch an die Taufe und den Moment, als die "Roland von Bremen" zum ersten Mal in der Weser schwamm, erinnert der 70-Jährige sich gerne zurück. "Zahlreiche Besucher verfolgten das Geschehen von Land und zu Wasser. Aus Bremerhaven war die 'Ubena von Bremen' angereist. Ihre Kapitänin wendete das Schiff, ging vor den Wind und salutierte zur Überraschung der Zuschauer unter vollen Segeln mit ihrer Bordkanone."

Dieser Text ist in der Beilage "140 Jahre DIE NORDDEUTSCHE" erschienen.

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