Klar gucken Kinder und Jugendliche gern auf den Bildschirm ihres Computers. Das ist bei dem zehnjährigen Felix nicht anders. Allerdings weniger, um sich mit Games und Co zu vergnügen. Wenn der Nordbremer Junge sich vor den Bildschirm setzt, dann interessiert ihn vor allem eines: Schiffe. Besondere Schiffe. Felix' Herz schlägt für „die dicken Pötte“.
Weserpromenade in Vegesack: Die Sonne strahlt warm vom tiefblauen Himmel, eine Brise geht über die Weser und wuschelt dem Zehnjährigen durchs kurze rotblonde Haar. Es ist noch keine Stunde her, dass Felix auf der Internetseite www.marinetraffic.com nachgesehen hat, ob einer dieser dicken Pötte vielleicht an diesem Tag an Vegesack vorbeigleitet. Tatsächlich, aus Richtung Farge wird ein Schiff erwartet.
Majestätische Schiffe vor der Linse
Jetzt hält den Schüler, der gerade in die fünfte Klasse des Nebelthau-Gymnasiums eingeschult wurde, nichts mehr vor dem Bildschirm. Er schwingt sich aufs Rad und nimmt Kurs auf Vegesacks Wasserkante. „Den besten Blick hat man da, wo das Geländer einen Knick macht“, weiß er längst. Hier ergießt sich die Weser breit und weit vor dem Betrachter. Ideal für den Jungen, der gespannt in Richtung Farge schaut. Die Schiffsspitze ist schon zu erkennen. Ein Frachter. Kein wirklich dicker Pott, aber noch gut genug für ein Foto.
Das hat er sich nämlich vor zwei Jahren angewöhnt – die majestätischen Schiffe, die so dick in der Weser liegen, als sei am Rand kein Platz mehr für eine Handbreit Wasser, nicht nur zu bewundern, sondern sie auch mit der Kamera festzuhalten. Inzwischen ist Felix darin ein Profi. Er sichert sich doppelt ab, erzählt der Schüler. Neben der Spiegelreflexkamera seines Vaters nimmt er für sein Ship-Watching auch ein Handy mit. „Falls bei einem Gerät der Akku ausfällt, habe ich noch einen Ersatz zum Fotografieren.“
Keine Angeberei
Längst sind die Bilder nicht nur für das persönliche Fotobuch bestimmt. „Auf der Internetseite, auf der man sieht, wann welche Schiffe kommen, sind dazu auch ganz viele Fotos“, schildert Felix. „Da habe ich gedacht, dann könnte ich meine Fotos doch auch auf diese Internetseite bringen.“ Über 150 sind es inzwischen schon. „Und meine Fotos wurden immer besser.“ Wenn der Schüler das berichtet, klingt das keineswegs nach Angeberei. Im Gegenteil. „Meine Freunde wissen das gar nicht“, sagt er gleichmütig.
Was der Junge ausstrahlt, ist die bescheidene Freude über den guten Fang. Es klappt schließlich nicht immer, an Ort und Stelle zu sein, wenn ein Schiff sich ankündigt. „Manchmal geht das Mittagessen vor“, sagt Felix' Mutter und lacht. Ansonsten unterstützt Heike Röben das Hobby ihres Jungen gern. Fährt mit ihm zur Oslebshauser Schleuse oder nach Cuxhaven und Bremerhaven, wo die Chancen auf dicke Pötte besonders groß sind. Hier ist ihm das 400 Meter lange Containerschiff „HMM Gedansk“ vor die Linse gekommen. „Fast das größte Schiff der Welt“, sagt Felix stolz.
Maritimes Flair gehört zur Familie
Seine Mutter hat der Junge längst im Boot. Vielleicht auch, weil maritimes Flair sowieso zur Familie gehört. „Der Bruder von meinem Opa war Kapitän“, erzählt Felix. „Und mein anderer Opa ist auch zur See gefahren.“ Nach dem Tod des Großonkels kamen nicht nur etliche Modellschiffe ins Haus. „Er hatte auch seine Erinnerungen an die Schifffahrt aufgeschrieben“, erzählt Heike Röben. „Das war wirklich spannend.“ So sehr, dass sie über ihren Onkel eine Biografie verfasste. Insofern wundert sie sich nicht über die Begeisterung ihres Sohnes.
Und natürlich ist die Mutter – „als verlängerter Arm“ – behilflich, als Felix sie eines Tages mit den Worten „Mama, ich habe eine Geschäftsidee“ um Unterstützung am Computer bittet. „Felix wollte seine Fotos als Postkartenmotive nutzen.“ 300 Karten sind inzwischen gedruckt und mit Grüßen versehen. „Moin aus Vegesack“ ist am unteren Kartenrand zu lesen oder „Große Pötte, große Liebe: Mein Vegesack“. Bis zum 30. September sind die Postkarten im Kundenzentrum von Weser-Kurier/Die Norddeutsche in der Reeder-Bischoff-Straße 33 in Vegesack erhältlich.
„Eine Karte kostet 1,50 Euro, wovon ich 50 Cent an die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger spende“, erklärt der junge Geschäftsmann. „Ich bin froh, dass Felix nicht vor dem Computer hängt, sondern sich gern draußen bewegt“, freut sich die Mutter. Neben den Schiffen ist Fußball seine große Leidenschaft. Beim SV Grün-Weiß Beckedorf spielt der Junge im Mittelfeld. Ob er später lieber Fußballprofi oder Kapitän werden möchte? Nee. Weder noch. „Ich möchte Lotse werden“, kündigt der Schüler an. „Viele Schiffe sehen und den Kapitänen Tipps geben“ – das würde ihm sehr gefallen.