Ein Hundespaziergang im Park – das klingt eigentlich nach einem gemütlichen und schönen Start in den Tag. Die Realität sieht allerdings für manche Hundehalterinnen und Hundehalter anders aus. „Es macht keinen Spaß“, sagt etwa Manuela Röhrs, die beim Westbad wohnt und mit ihren zwei kleinen Hunden regelmäßig im angrenzenden Grünzug West spazieren geht: „Mich graust es jeden Tag, hier lang zu gehen.“
Grund dafür ist der dichte und schnelle Fahrradverkehr in der Grünanlage, der auch an diesem Freitagmorgen um kurz vor acht Uhr zu beobachten ist: Etliche Erwachsene – viele davon mit E-Bikes – fahren zur Arbeit und auch viele Kinder und Jugendliche sind wieder mit Fahrrädern auf dem Weg zur Schule. Zu solchen „Hauptverkehrszeiten“ wird es eng und häufig brenzlig auf dem knapp zwei Meter schmalen Asphaltweg. „Ich lebe hier am Westbad seit 14 Jahren und es wird immer schlimmer“, sagt Röhrs. Denn die Anzahl, die Größe und vor allem auch das Durchschnittstempo der Fahrzeuge, die hier unterwegs sind, sind in den vergangenen Jahren spürbar angestiegen.
Fußgänger geraten regelmäßig in Konflikt mit Radfahrern
Für Menschen, die mit ihren Hunden unterwegs sind, heißt es somit besonders gut aufpassen. Auf Radfahrer von vorne – besonders aber auch von hinten. „Man dreht sich um und denkt: Alles frei. Und dann kommt ganz plötzlich doch was“, hat Röhrs schon häufig erlebt. Oft höre man die Räder nicht kommen. Immer wieder sei man außerdem überrascht, wie dicht manche Fahrerinnen und Fahrer überholen. Besonders unangenehm: Wenn sich gleichzeitig von vorne und hinten Radfahrer nähern und sich dann genau auf Höhe des Fußgängers aneinander vorbeiquetschen. Da braucht es starke Nerven.
Manuela Röhrs hat schon einige Situationen erlebt, in denen es für Chihuahua-Mix Cuppie und Mischlingshündin Cookie sehr knapp war. Zum Glück ist den beiden dreieinhalb und fünfeinhalb Kilo leichten Fliegengewichten bislang nichts passiert, eine Kollision hätte für sie vermutlich schlimme Folgen. Ihre Besitzerin hatte weniger Glück, vor einiger Zeit touchierte sie ein vorbeifahrender Rennradfahrer an der Schulter. Was Manuela Röhrs aber fast noch schlimmer findet: „Es wird auch auf die Hunde zugefahren und ganz knapp erst abgebogen.“ Zur Krönung gebe es dazu gelegentlich auch noch hämische oder beleidigende Kommentare.
Rasenfläche ist nicht zum Spazierengehen geeignet
Wenn auf dem Weg viel Verkehr sei, gehe sie deshalb dort schon gar nicht mehr, so Röhrs: „Das ist ja lebensgefährlich.“ Lieber weiche sie dann auf die Grasflächen links und rechts des Weges aus. „Im Moment geht das gut – aber nicht im Herbst, wenn alles matschig und dreckig ist“, sagt die Wallerin, die mittlerweile findet: „Hier kann man wirklich nur im Winter laufen, wenn der Weg nicht geräumt ist und sich Rillen gebildet haben und nur noch wenige mit dem Fahrrad hier entlangfahren.“ Für entspannte Spaziergänge besuche sie mittlerweile den Oslebshauser Park oder den Bürgerpark.
Gespräche mit anderen Fußgängern im Grünzug an diesem Morgen zeigen: Manuela Röhrs ist nicht die Einzige, die Hundespaziergänge dort mittlerweile als Stress pur empfindet. Eine Frau mit einem Pudel-Mix etwa dreht ihre Gassirunde an diesem Freitagmorgen bewusst gut zehn Meter vom Weg entfernt. „Warum wohl?!“, sagt sie, darauf angesprochen. „Gehen Sie hier mal mit Hund, Kinderwagen und einem Kleinkind auf dem Laufrad lang“, erzählt wiederum eine junge Frau: „Ich habe schon erlebt, dass das Kind fast angefahren und ich als Mutter dann auch noch beschimpft wurde. Wenn meine Tochter den Kopf aus dem Kinderwagen streckt, stelle ich mich mittlerweile zum Schutz davor.“
„Wir haben eine Klassengesellschaft. Die erste Klasse sind die Radfahrer, die Fußgänger kommen dann irgendwann. Bei den Geschwindigkeiten gehe ich lieber ins Kleingartengebiet“, sagt ein Mann, der auf einer Bank abseits des Weges eine Pause einlegt. Seine Sitznachbarin hat einen Schäferhund-Mix dabei und erzählt, auch sie sei schon angefahren und am Ellenbogen verletzt worden. „Das ist hier eine richtige Rennstrecke geworden“, bemerken schließlich im Vorbeigehen auch zwei ältere Damen, die an diesem Morgen ausnahmsweise früher als sonst mit ihren Vierbeinern im Grünzug unterwegs sind.
Was passiert, wenn die Fahrrad-Premiumroute kommt?
"Das ist nicht schön, hier als Mensch ohne Räder spazieren zu gehen", findet Manuela Röhrs. Regelmäßig werde sie von Fahrradfahrern beschimpft, wenn diese abbremsen müssten. Was ihr deshalb momentan große Sorgen macht: „Wenn jetzt der Grünzug auch noch als Premium-Fahrradstrecke ausgewiesen werden soll, dann frage ich mich: Wo bleiben dann wir?“
Noch steht der genaue Verlauf für die Premiumroute D.15 von Farge über Gröpelingen, Walle und die Innenstadt nach Hemelingen nicht fest. Der Gröpelinger Beirat kämpft seit Langem dafür, die Strecke nicht durch den Grünzug zu führen. Auch im Waller Beirat ist das Thema angekommen. „Fußgänger mit Hunden dürfen im Grünzug unterwegs sein“, sagt die Waller Beiratssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann (SPD), „da muss eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, sodass dort Fußgänger ihren Raum haben und auch Fahrradfahrer ihren Raum. Sie wollen schnell fahren und das können sie auch – aber nicht auf Kosten der Fußgänger.