Mach' mal Urlaub vom Ego! Von dieser Aufforderung der Bremer Freiwilligen-Agentur haben sich 45 junge Menschen zwischen 17 und 26 Jahren angesprochen gefühlt. Sie beteiligen sich am sogenannten Puls-Camp. "Das ist ein Rekord", stellt Projektleiter Konrad Kreutzer für die 7. Neuauflage des etwas anderen, niedrigschwelligen Feriencamps zufrieden lächelnd fest. "Sonst sind es meist 25."
Alle stecken voller Tatendrang und haben Lust darauf, in dieser Woche vor Ostern neue Leute und Orte kennenzulernen, mit denen sie sonst nie in Kontakt gekommen wären. Außerdem wollen sie die Chance nutzen, verschiedene Einsatzmöglichkeiten ausprobieren zu können, weil sie sich für andere einsetzen. "Ehrenamtliche Arbeit begleitet mich schon eine Weile, eher im Kinder- und Jugendbereich", erzählt Franka Hug. "Sie erfüllt mich total." Die 18-Jährige besucht das Puls-Camp zum ersten Mal und möchte sich über andere Einsatzbereiche informieren.
Entsprechend entspannt und locker ist die Atmosphäre im Theater im Volkshaus. Im Basisquartier wird gemeinsam gegessen, übernachtet und einfach auch mal abgehangen. Dass es das erste Feriencamp ohne jegliche Corona-Schutzauflagen sei, würde sich auch deutlich in der guten Stimmung niederschlagen, findet ein Mitglied des Organisationsteams. Das ermögliche schneller mehr Nähe und regeren Austausch. Dazu sollen außerdem die vorbereiteten Freizeitangebote beitragen.
Zusätzliche Aktivitäten sind dieses Mal sehr gefragt, weil sich wegen der unerwartet hohen Teilnehmerzahl nicht jeder morgens eine "Herzaktion" für einen Tag aussuchen kann. 15 verschiedene Einsatzmöglichkeiten stehen nach Aussage des Projektleiters zur Auswahl, die über diesen Weg in der Hoffnung auf neue freiwillige Nachwuchskräfte Kontakt zu jungen Leuten aufnehmen. Dazu gehören unter anderem SOS-Kinderdorf, die Kleiderkammer der Inneren Mission oder auch die Circusschule Jokes.
Dort will Franka Hug am nächsten Tag handwerklich und kreativ mitarbeiten. Heute hat sich die aufgeschlossene junge Frau für einen Theaterworkshop entschieden. "Wir bereiten ein Stück vor, das wir am Ende vor allen aufführen wollen", erzählt die extra von Helgoland angereiste Teilnehmerin. Dort absolviert sie ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Alfred-Wegener-Institut und kann das Puls-Camp als Wahlkurs verbuchen – wie übrigens andere auch. Der 18-Jährigen gefällt das Projekt "total gut. Ich treffe auf ganz viele spannende Menschen, alle haben eine komplett andere Geschichte, da ist es schön, mit ihnen in einen Austausch zu kommen."
Ihr Mitspieler Zein Almansour besucht schon zum dritten Mal das kostenlose Feriencamp, das vom Sozialressort finanziell gefördert wird. Der 24-jährige Syrier ist vor zwei Jahren nach Bremen gekommen und hat im BIQ-Sprachkurs davon erfahren. "Es hilft mir, die Stadt kennenzulernen, neue Freunde zu finden und vielleicht auch für die Zukunft eine Ausbildung", sagt der junge Bremer, der in der Vahr lebt. Er arbeite gern mit Kindern und habe nach dem letzten Camp ein Praktikum in einem Kindergarten absolviert. Und nach zwei "Herzaktionen" im Martinsclub würde er gern dort eine Ausbildung machen.
Bei einer Puls-Camp-Teilnehmerin hat das nach Konrad Kreutzers Kenntnis sogar schon einmal geklappt – was ein toller Nebeneffekt, aber auch eine große Ausnahme sei. Rund 40 Prozent der Camp-Teilnehmer würden über diesen Weg in ein dauerhaftes Freiwilligenengagement vermittelt, informiert der Projektleiter. Er legt im derzeitigen Camp, bei dem 60 Prozent der Teilnehmenden einen Fluchthintergrund haben, allerdings den Fokus darauf, dass die jungen Menschen viele neue Kontakte knüpfen, andere Lebenswelten kennenlernen und gemeinsame Erlebnisse genießen können. Kurzum: dass "alle eine gute Woche haben."