Das Immobilienunternehmen Justus Grosse hat ein weiteres Eckchen Überseestadt im Blick, das sich bebauen ließe. Auf der keilförmigen Grünfläche vor dem gewerblich genutzten Hafenhochhaus soll in dreieinhalb Jahren ein Gebäudekomplex mit 130 Wohnungen sowie der wohl komfortabelsten Fahrradgarage der Stadt stehen. Die Pläne wurden dem Waller Fachausschuss Überseestadt bereits im Frühjahr vorgestellt. Nun holten sich die Projektbeteiligten die Waller Zustimmung für die Änderung des geltenden Bebauungsplans.
Das 1800 Quadratmeter große Grundstück im Besitz der Gesellschafter Joachim Linnemann und Clemens Paul befindet sich dort, wo sich die Hafenstraße in zwei Seitenarme teilt, und ist derzeit als Gewerbegebiet ausgewiesen. Zur Grünfläche wurde es erst in jüngerer Zeit. Noch bis nach der Jahrtausendwende befanden sich dort Gebäude, wie Romina Christen vom Planungsbüro Baumgart und Partner (BPW) erläuterte. Für die Wohnnutzung spreche laut Investor Paul einerseits die Tatsache, dass rundherum in der Nachbarschaft bereits gewohnt werde - und anderseits die große Nachfrage in der Stadt nach Wohnungen vor allem kleinerer Dimensionen.
Unter dem Projektnamen „Ahoy“ soll nach Plänen des Architektenbüros Hilmes Lamprecht ein mehrteiliger Gebäudekomplex mit gestaffelter Struktur gebaut werden. An seiner höchsten Stelle soll ein 15 Etagen-Gebäude als „Zwilling“ dem fast sechzig Jahre älteren markanten Hafenhochhaus gegenüberstehen. Der niedrigste Gebäudeteil Richtung Grundstücksspitze wird sechs Etagen messen. Das Erdgeschoss mit Arkadengang sowie das erste Obergeschoss sind für gewerbliche Nutzung vorgesehen. Ab dem zweiten Obergeschoss wird gewohnt - in Einheiten zwischen 30 und 80 Quadratmetern, die vor allem auf Singles aller Generationen zugeschnitten sind. 35 Wohnungen werden sozial gefördert. Einen qualitativen Unterschied zu den frei finanzierten Wohnungen werde es nicht geben, betonte Paul.
Bau mit Mobilitätskonzept
Das Haus bekommt eine Tiefgarage mit 60 Pkw-Stellplätzen, die auch über ein „Belegungsmanagement“ vergeben werden sollen, so Paul. Letzteres werde bereits in Städten wie Hamburg praktiziert, und besagt, dass die kostenpflichtigen Parkplätze zu festgelegten Zeiten geteilt werden können: etwa tagsüber von den ansässigen Mitarbeitern genutzt werden, abends und nachts von heimkehrenden Bewohnern. Die Projektentwickler setzen jedoch darauf, dass die Mehrheit der Bewohner auf das eigene Auto verzichtet und alternative Fortbewegungsmöglichkeiten bevorzugt. Zum Mobilitätskonzept gehören daher auch ein Carsharing-Mobilpunkt. Im Umkreis von rund 500 Metern befinden sich überdies sechs Haltestellen für den öffentlichen Nahverkehr, so BPW-Planerin Romina Christen.
Vor allem aber möchten die Hauseigentümer die Bewohner zum Fahrradfahren animieren. „Hier ist das Fahrrad Teil der Story“, sagt Paul. Daher werde die „beste Fläche“ im Erdgeschoss als großzügige, helle, sichere und geschützte Fahrradgarage eingerichtet. Geplant sind zudem eine Station für Leihfahrräder sowie Ladestationen für E-Bikes und Pedelecs. Überdies sei man bereits in Gesprächen mit Unternehmen der Branche, um eine Reparatur- oder Selbsthilfewerkstatt ins Haus zu bekommen.
Grünflächen sollen nicht nur zwischen den beiden Hochhäusern entstehen, sondern auch auf mehreren intensiv begrünten Dachgärten, die für alle Bewohner zugänglich sein sollen. Zum Projekt gehört auch die Umgestaltung der Hafenstraße, die von einer zweispurigen Industriestraße zu einer einspurigen Fahrbahn zurückgebaut, und mit beidseitigen Gehwegen, Radweg und Fahrradschutzstreifen aufgewertet werden soll.
Das Unternehmen will in das Projekt „Ahoy“ rund 40 Millionen Euro investieren. Mit dem positiven Votum aus Walle können die Planer nun aktiv werden. Der Vorhaben bezogene Bebauungsplan VEP 147 soll nach der Sommerpause öffentlich ausliegen. Die Projektentwickler möchten im Herbst des kommenden Jahres mit dem Bau beginnen, damit der Gebäudekomplex „Ahoy“ Ende des Jahres 2022 bezugsfertig wird.