Der Neustart des Immobilienprojekts Schuppen 3 in der Überseestadt stößt eine Debatte in der Baubranche an. Mehrere Bremer Bauträger und Projektentwickler fragen sich, was Architektenwettbewerbe noch wert sind, wenn deren Ergebnisse wie jetzt beim Schuppen 3 nach einem Eigentümerwechsel kurzerhand in der Tonne landen.
Wie berichtet, hatte die Gustav-Zech-Stiftung das aktuell größte Immobilienprojekt in der Überseestadt vor einigen Monaten vom ursprünglichen Investor Ingo Damaschke übernommen. Auf dem rund 22000 Quadratmeter großen Areal des einstigen Hafenspeichers sollen in den kommenden Jahren Wohnungen gebaut und Gewerbe angesiedelt werden. Der größere Teil des Altbaus ist zu diesem Zweck bereits abgerissen worden.
Schnee von gestern
Was noch steht, ist das sogenannte Bauteil A – der östliche, zum Schuppen 1 hin gelegene Abschnitt mit einer Länge von etwa 115 Metern. Auf Betreiben der Stadt hatte es im Jahr 2017 für die künftige Gestaltung des insgesamt etwa 400 Meter langen Schuppen-3-Geländes Architektenwettbewerbe gegeben, unterteilt in mehrere Bereiche.
Beim Bauteil A hatte sich das Hamburger Büro Störmer, Murphy und Partner durchgesetzt. Dessen Entwurf sah eine Wiederbelebung der Altbausubstanz vor. Doch das ist nun Schnee von gestern. Die Gustav-Zech-Stiftung plant als neuer Eigentümer den Abriss auch dieses letzten Speicherabschnitts. An seiner Stelle soll ein Neubau entstehen, allerdings angelehnt an die typische Hafenschuppenarchitektur.
In einer Unterlage der Baubehörde wird die gestalterische Aufgabe so beschrieben: „Es geht um eine moderne Neuformulierung des Schuppens als kraftvoller und besonderer Solitär in der Überseestadt.“ Der „historische Fußabdruck des Bestandes“ müsse die Grundlage für einen Schuppen-Neubau sein. Die Gustav-Zech-Stiftung hat bereits eingewilligt, hierfür einen neuen Architektenwettbewerb zu starten.
Doch was ist mit den Resultaten des vorangegangen Wettbewerbs? „Für mich ist nicht nachvollziehbar, warum der Störmer-Entwurf plötzlich nicht mehr gelten soll“, sagt der Geschäftsführer eines Bremer Bauträgers, der namentlich nicht genannt werden möchte. In anderen Fällen habe die Baubehörde durchaus darauf gepocht, dass sich Immobilieneigentümer an die Resultate von Architektenwettbewerben halten, wenn diese Wettbewerbe von der Stadt aus städtebaulichen Gründen gefordert worden waren. Ein Wechsel des Eigentümers könne doch nicht bedeuten, dass die Pläne plötzlich Makulatur sind.
Im Bauressort versteht man die Aufregung nicht
Ein örtlicher Projektentwickler, der seinen Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen will, sieht das ähnlich. „Es ist eigentlich nicht üblich, dass abgeschlossene Wettbewerbsverfahren im Nachhinein so verändert werden“, sagt der erfahrene Baufachmann. „Die Behörde verpflichtet Bauherren bei exponierten Objekten gern auf Architektenwettbewerbe. Das wird dann als das allein Seligmachende gepriesen. Und jetzt beim Schuppen 3 heißt es plötzlich: April, April, wir machen einfach einen neuen Wettbewerb“, kritisiert der Unternehmer.
Im Bauressort des Senats versteht man die Aufregung nicht. Sprecher Jens Tittmann ist davon überzeugt, dass der von Zech beabsichtigte Schuppen-Neubau städtebaulich einen Fortschritt gegenüber den ursprünglichen Plänen für eine Revitalisierung des Altbaus darstellt. Diese seien nämlich nicht in allen Belangen überzeugend gewesen.
„Der Architektenwettbewerb endete ohne ersten Platz, und von den beiden zweiten Plätzen wollte der ursprüngliche Bauherr unbedingt denjenigen realisieren, den wir eigentlich nicht favorisiert haben“, erläutert Tittmann. Der Störmer-Entwurf habe zum Beispiel keine Freiraumplanung beinhaltet „und hatte eigentlich auch nicht mehr viel mit Schuppen zu tun“.
Forderungen an den Neubau
In der Baubehörde sei man deshalb erfreut, dass sich Zech von dieser Planungsgrundlage verabschieden wolle und angeboten habe, einen neuen Gestaltungswettbewerb auszuloben. Auch im Waller Beirat werde das so gesehen. Tatsächlich hat sich der Fachausschuss Überseestadt des Beirates vor wenigen Tagen durchaus positiv zu den Neubauplänen geäußert. Allerdings formulierten die Stadtteilpolitiker auch einige Forderungen, die aus ihrer Sicht an einen Neubau zu stellen sind.
Zusätzlich zum Erhalt der Gebäudekontur sowie der Rampe und der Kranbahn wünscht man sich Shed-Dächer, „die den Wiedererkennungswert unterstreichen“. Innerhalb des Neubaus müssten 1000 Quadratmeter für Kreative zu vergünstigten Mietkonditionen ausgewiesen werden. Weitere 1000 Quadratmeter seien für eine Kindertagesstätte und eine gleichgroße Spielfläche vorzusehen, heißt es weiter.
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