Ein Abstecher an die Ostsee? Oder ein Kurztrip nach Weimar? Im Moment sind solche Ausflüge nur in Gedanken möglich. Denn touristische Reisen sind untersagt, Hotels und Campingplätze dürfen keine Urlauber aufnehmen, es gibt Besuchsverbote etwa für die ostfriesischen Inseln. Für die gesamte Reisebranche bedeutet Corona harte Einbußen. Auch Plattformen stehen vor ganz neuen Herausforderungen – wie auch Traum-Ferienwohnungen aus Bremen. „Jegliche Planbarkeit oder Prognose fehlt sowohl unseren Kunden als auch uns selbst“, sagt Sprecherin Franziska Frank.
Eins spielt dem Unternehmen in diesem Moment dabei in die Karten. Es ist nicht wie die Konkurrenz auf eine Provision für Buchungen angewiesen, denn das Geschäftsmodell basiert auf Abos, wie Frank erklärt: Die Vermieter der Ferienunterkünfte zahlen eine Jahresgebühr und dürfen das Inserat auf der Plattform zwölf Monate einstellen. „Das erweist sich in der aktuellen Krise als ein bisschen robuster.“
Frühjahrsputz auf der Internetseite
Das Unternehmen mit Sitz in der Überseestadt hat rund 170 Mitarbeiter. Genug zu tun gibt es für sie trotz des Einbruchs, wenngleich andere Aufgaben anstehen: Kontakt zu den Vermietern halten und sie über Veränderungen informieren. „Wir wollen ihnen bestmöglich beistehen. Das ist eine Krise, die uns alle betrifft“, sagt Frank. Gleichzeitig werde das Portal verbessert, um irgendwann wieder durchstarten zu können. „Wir nutzen die Zeit für den Frühjahrsputz.“ Es sei wichtig, nun nicht den Kopf in den Sand zu stecken, selbst wenn diese Krise gerade den Tourismus treffe.
Bis Anfang Mai gelten die Reisebeschränkungen mindestens. Niedersachsen setzt sich mit Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg für Lockerungen der Vorgaben im Tourismus ein. Am 30. April steht die nächste Runde der Regierungschefs von Bund und Ländern an. Dann soll es ein Konzept der drei Länder geben. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind Stufenmodelle für den Tourismus im Gespräch.
Im Moment wisse noch keiner, wie es weitergehe, sagt Frank: „Das ist schon eine unsichere Situation für uns alle.“ Dabei spiele die Zeit eine wichtige Rolle: Geht es um drei Monate oder um ein halbes Jahr? Die Kunden seien dabei sehr unterschiedlich aufgestellt. Mancher nutze die Unterkunft selbst als Ferienhaus und sei nicht komplett auf die Einnahmen angewiesen. Dann gebe es aber auch Agenturen mit vielen Inseraten: „Für einige ist es vielleicht verkraftbarer, für andere ist es jetzt schon schwierig.“
Wie dramatisch Vermieter von Ferienwohnungen und -häusern ihre Lage selbst einschätzen, zeigt eine Umfrage des Deutschen Tourismusverbandes (DTV). Mehr als die Hälfte der mehr als 9000 Teilnehmer gab dabei an, den Betrieb Ende Juni ohne Hilfe nicht mehr fortführen zu können. „Gerade die Zehntausenden kleinen Anbieter von Ferienunterkünften fallen nach wie vor durch das Hilfsnetz des Bundes. Auch sie müssen endlich Zugang zu Liquiditätshilfen und Zuschüssen erhalten, wenn ihre wirtschaftliche Existenz bedroht ist", kommentierte der DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz diese Woche. Das Angebot an Ferienhäusern werde sonst "dramatisch schrumpfen".
60 Prozent Einbruch bei Airbnb
Den großen Plattformen macht Corona zu schaffen. Business Insider berichtet, dass Airbnb in Deutschland in zwei Monaten einen Umsatzeinbruch von 60 Prozent erlitten hat. Das Magazin beruft sich dabei auf Angaben der Analysefirma Airdna. Die Pandemie trifft die Buchungsplattform Booking.com offenbar ebenfalls hart. Wie das Handelsblatt schreibt, will das Unternehmen die niederländische Regierung um Unterstützung bitten. Andernfalls drohten Entlassungen.
Davon scheint die Bremer Konkurrenz heute sehr entfernt. Damit die Sehnsucht nach Urlaub trotz der Beschränkungen schon jetzt geweckt wird, hat Traum-Ferienwohnungen die Kampagne „Wir träumen von Urlaub“ gestartet. In Zusammenarbeit mit den Tourismusverbänden der Länder hat die Plattform Videos und Eindrücke für eine digitale Deutschlandreise gesammelt, um den Tourismus hierzulande zu stärken. Was ganz im eigenen Interesse ist: Schließlich sind 55.000 der Ferienunterkünfte in Deutschland. Insgesamt umfasst das Angebot mehr als 95.000 Unterkünfte in 70 Ländern – vom Baumhaus bis zum Hausboot.
Frank sieht einen Hoffnungsschimmer, selbst wenn alles derzeit noch offen ist: Seit Ostern steigen die Buchungsanfragen wieder, vor allem für die Sommermonate Juni, Juli und August und vor allem für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Es spreche viel dafür, dass Lockerungen der Restriktionen schneller in Deutschland passieren. Also Eifel und Havel statt Toskana? Traum-Ferienwohnungen vermutet laut Frank, dass es durch die Krise sehr wohl einen Trend zum Urlaub im eigenen Land geben wird. Ferienwohnungen könnten es zudem vorerst leichter haben als Hotels oder Schiffsreisen.
Neben der Vermittlung von Ferienunterkünften für Urlauber bietet die Plattform auch deren Verkauf an. 2018 kam das Immobiliengeschäft dazu. Das Unternehmen gibt es seit fast zwanzig Jahren. Nicolaj Armbrust und Sebastian Mastalka bauten das Start-up seit 2001 auf. „Alles begann mit der Ferienwohnung von Sebastian Mastalkas Mutter am Ammersee“, erzählt das Unternehmen seine Geschichte. Standorte der ersten Jahre? Die Studentenbuden der Gründer.
Neuer Besitzer von Traum-Ferienwohnungen
In der jüngsten Vergangenheit tat sich viel: Traum-Ferienwohnungen gehört seit knapp einem Jahr zu Oyo Hotels & Homes aus Indien – und damit zu einem weltweiten Anbieter von Hotels, Ferienhäusern und -wohnanlagen. Die Gründer haben ihre Anteile ebenfalls an Oyo verkauft. Die ultraflachen Hierarchien, für die das Start-up bekannt war, hat man nun aufgegeben. "Unsere agile Unternehmenskultur ist auf die internationale Unternehmenskultur gestoßen", sagt Franziska Frank. Das zwang zum Wandel. Seit April gibt es mit Ruud Smeets einen neuen Geschäftsführer. Sein Auftakt in der Hansestadt fällt in eine außergewöhnliche Zeit. Sonst suchen 47 Millionen Urlauber ihre Unterkunft auf der Seite. 1,37 Milliarden Euro beträgt das Buchungsvolumen. In diesem Jahr dürfte alles anders sein.