Um Walle und die Überseestadt besser zu verbinden, hat die Stadt nun ein verstecktes Stückchen Heimatviertel im Fokus: Dort soll ein Schotterweg zu einem komfortablen Rad- und Fußweg ausgebaut werden. Beim Termin vor Ort stießen die Planer allerdings auf unerwarteten Widerstand. Die Nachbarn aus der Heimatstraße sprechen von einem „Schildbürgerstreich“ und einer sinnlosen Verschwendung von Haushaltsmitteln. Wenn es nach ihnen geht, soll dort alles so bleiben, wie es immer war.
Worum geht es?
Von der Heimatstraße aus führt ein unbefestigter Pfad jenseits der Waller Welle an der Rückseite der Häuser vorbei in Richtung Hafenstraße. Der namenlose Weg, laut Anwohnern einst eine Zollzufahrt, war bislang den Anliegern vorbehalten. Die Wirtschaftsförderung Bremen hat Ende des vergangenen Jahres ein Planungsbüro beauftragt, Entwürfe zu erarbeiten, um die 300 Meter lange Trasse zu einem öffentlichen Rad- und Fußweg nach allen modernen Richtlinien auszubauen. Über dieses Vorhaben wurden kürzlich die Pächter von fünf Garagen informiert – denn mit dem Beginn der Bauarbeiten werden sie diese aufgeben müssen.

WES Walle Anlieger gegen geplanten Radweg zwischen Heimatstraße und Hafenstraße Schotterweg
Zum „Klärungstreffen“ mit Vertretern von Wirtschaftsförderung, Immobilien Bremen und dem beauftragten Stadtplanungsbüro ASP am vergangenen Montag erschienen indes nicht nur die fünf Pächter, sondern rund 20 Nachbarn, die ebenfalls sehr viel gegen das Vorhaben einzuwenden hatten.
Welche Vorbehalte gibt es?
Ortskundige kennen den Schleichweg schon längst, wie beim Anwohnertreffen zu beobachten war. Im Minutentakt wird die Abkürzung zwischen Nord- und Hafenstraße von Fahrrädern und E-Rollern genommen, obwohl ein Verkehrsschild an der Einfahrt die Durchfahrt für Nicht-Anlieger ausdrücklich untersagt. Bislang diene der Schotterbelag als natürliche Entschleunigung, so Anwohner Christian Dinter. „Wenn ich mir vorstelle, dass der Weg ausgebaut wird, brettern die hier noch schneller. Dabei wäre Entschleunigung hier eigentlich wichtiger.“
Besonderes Gefahrenpotenzial sehen die Anwohner in den Kurvenbereichen. Für ungeeignet wurde auch die Streckenführung im „Zickzack-Muster“ betrachtet: So würde man heute doch keinen Radweg planen, hieß es. Überhaupt keinen Sinn ergebe es zudem, den Boden in einem Bereich zu versiegeln, der schon jetzt Probleme mit der Entwässerung habe.
Als Symbolpolitik kritisierte ein Anwesender die Motivation der Verantwortlichen. Er bezweifelte, dass mit dem Ausbau dieses kleinen Teilstücks der Radpremiumroute der Anteil des Radverkehrs in der Überseestadt gesteigert werden kann. „Wenn, dann höchstens in homöopathischer Dosis“, so der Waller.
Besonders betroffen wären die fünf Garagenpächter. „Ich bin froh, dass ich diese Garage habe, denn Radfahren kann ich nicht mehr“, erklärte ein mobilitätseingeschränkter älterer Herr. Er werde notfalls mit rechtlichen Mitteln gegen die Kündigung des Pachtvertrags vorgehen, kündigte ein weiterer Nachbar an, der nach eigenen Angaben seine Garage seit Mitte der 1970er-Jahre nutzt. Der Wegfall der fünf Garagen würde die angespannte Parkplatzsituation im Quartier weiter verstärken, sagte eine Nachbarin. Kritisiert wurde zudem, dass die Anwohner vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien und es zuvor keine öffentliche Diskussion gegeben habe.
Was sagen die Verantwortlichen?
Das Projekt befinde sich noch in einer frühen Phase, betonte ASP-Planer Marek Schreckenberg. „Wir wollten früh auf Sie zugehen“, pflichtete auch Immobilien Bremen-Vertreter Till Pape bei. Man nehme aus dem Treffen vieles mit, hieß es seitens der Projektbeteiligten – darunter die Erkenntnis, dass sämtliche Garagen tatsächlich auch noch als solche genutzt würden.
„Es ist doch ein gutes Ergebnis, dass wir uns ausgetauscht haben“, lautete das versöhnliche Fazit von Anwohner Dinter. Ob und wie die Einwände der Nachbarschaft in die weiteren Planungen einfließen, ob die neue Rad- und Fußwegeverbindung wie geplant im Heimatviertel oder möglicherweise anderswo umgesetzt wird, das werden Beirat und Bürger spätestens im Rahmen des öffentlichen Beteiligungsverfahrens erfahren.
Im Waller Beirat werden sich die Planer auf Gegenwind einstellen müssen: „Wir machen Beiratsarbeit im Interesse der Bewohner“, stellte die Waller Beiratssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann klar, die dem Ortstermin beiwohnte. „Man muss die Menschen mitnehmen.“