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Neues Ausflugslokal Das Lankenauer Höft lebt auf

Im alten Fährhaus auf dem Lankenauer Höft in Bremen lockt eine Kulturkneipe neue Gäste an. Sie möchte bleiben, aber die Stadt will das Areal im August neu ausschreiben - und hofft auf einen Investor.
22.07.2018, 18:00 Uhr
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Von Elke Hoesmann

Gemächlich tuckert die „Pusdorp“ zum Anleger am Höft, die Schwäne an der Spundwand stört das nicht. Ein ganzer Pulk schwimmt dort, an die 20 Vögel in ihrer weißen Pracht. Aufmerksam beobachten sie die Radfahrer, die vom Weseruferweg kommen und jetzt ihr Ziel erreicht haben: das ehemalige Fährhaus am Lankenauer Höft.

Dort, am äußersten Ende von Rablinghausen, wo einst ein Restaurant mit gutbürgerlicher Küche lockte, lädt bis Oktober die Hafenbar "Golden City" ein. Die quirlige Truppe um Frauke Wilhelm will Leben ins leer stehende Haus bringen, ihr Kulturprogramm läuft jedes Wochenende. Es ist eine Übergangslösung, bis die Stadt einen Investor für die Fläche am Eingang zum Neustädter Hafen gefunden hat. Doch der ist nicht in Sicht.

Sarah Kempff schiebt Kartoffelsalat und Frikadellen auf die Teller. Die Thekenkraft hat Dienst an diesem ruhigen Freitagabend auf dem Lankenauer Höft. „Wenn es hier Veranstaltungen gibt, ist deutlich mehr los“, sagt sie. „Dann stehen wir auch schon mal zu viert hinter der Bar.“ Die Kneipe öffnet freitags um 17 Uhr, am Sonnabend und Sonntag um 10 Uhr – weitgehend parallel zu den Fährzeiten.

Sanierungsstau im Restaurant

Gerade warten drei Ausflügler im großen Raum mit kleiner Bühne und neu zusammengesuchtem Mobiliar auf ihre Bestellungen. Neben Salat mit Frikadelle für drei Euro und Getränken wird Kuchen verkauft. Mehr nicht. „Wir sind froh, dass wir das haben“, sagt Frauke Wilhelm, die Organisatorin und freischaffende Künstlerin.

Sie setzt sich an einen Tisch auf der Terrasse, blickt aufs Wasser, auf die Schwäne, und erzählt. Eine Küche gibt es nicht mehr im Fährhaus, das Essen liefert die „Hafenbrise“ aus der Überseestadt. Als sie hier anfingen im April, war das Haus „eine Ruine“, meint Wilhelm. „Jetzt ist es fantastisch.“ Häufig erinnern Besucher an den langjährigen Pächter der Gaststätte, dem die Stadt 2016 kurzfristig kündigte.

Den Mann habe man regelrecht herausgeworfen, schimpft ein Gast. Frauke Wilhelm äußert sich vorsichtiger, sie sagt, dass es auch einen Sanierungsstau im Restaurant gegeben habe. Die Fähre „Pusdorp“ legt ab und nimmt Kurs auf die Waterfront. Viele Fahrgäste haben ihre Räder mitgebracht.

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Es ist Sonnabend, 18 Uhr, und deutlich mehr los als am Vortag. Bier geht gut, aber man muss nichts bestellen, um einen Sitzplatz zu finden. In einer Stunde beginnt die dritte „Lankenau-Show“. Frauke Wilhelm schlüpft dann in ihre Rolle als Ramona Ariola, ihre Kollegin Nomena Struß mimt den Ramon. Auch die Bremer Legende Egon Rammé (85) ist wieder dabei.

Die Geschichten der Künstler, Schlager und die Döntjes mit Lokalkolorit haben fünf Jahre lang das "Golden City"-Publikum am Kopf des Europahafens begeistert. Jetzt, auf der anderen Weserseite, will die Kulturkneipe die Woltmershauser Vergangenheit ins Licht rücken. Da böten sich viele Themen an, sagt Frauke Wilhelm, das alte Bauerndorf Lankenau etwa, das dem Hafenbau weichen musste, oder das frühere, in ganz Bremen beliebte Familienbad am Weserstrand.

An diesem Abend soll es vor allem um ein Wassertaxi für Bremen gehen und um zusätzliche Anleger für Sportboote. Deshalb ankern unterhalb des "Golden City" auch mehrere Motorboote. Das Kneipenteam hat sogar einen „Ruderbootbringdienst“ organisiert. An anderen Wochenenden stehen beispielsweise Konzerte oder gemeinsames Singen auf dem Programm.

Zufrieden mit den Besucherzahlen

Und das komme gut an beim Publikum, beteuert Wilhelm. „Wir sind sehr zufrieden mit den Besucherzahlen, haben sicher auch Glück mit dem fantastischen Wetter dieses Jahr.“ Eine treue Fan-Gemeinde pilgere regelmäßig zu den Darbietungen. Auch aus dem Umland reisten Gäste an. „Bis zu 170 Besucher“ seien es pro Veranstaltung, präzisiert sie dann auf Nachfrage.

Die meisten Menschen fahren wohl mit dem Rad auf die Landzunge, glaubt Sarah Kempff, zumindest bei Sonnenschein. Der Weg am Weseruferpark entlang ist gut ausgebaut und attraktiv, die Radler schauen auf viel Grün und die Neubauten auf der anderen Seite. Im Sommer können Ausflügler auch mit dem Bus zum Höft fahren – aber wie bei der Fähre nur am Wochenende. Die BSAG lässt dann ihre Linie 24 über die Endhaltestelle Rablinghausen hinaus auf die Halbinsel fahren.

So attraktiv die Lage am Wasser ist, das Lankenauer Höft bleibt für viele Bremer eine entlegene Ecke. Und ohne Auto schlecht erreichbar. Die schwierige Infrastruktur hat im Frühjahr 2017 auch einen potenziellen Investor abspringen lassen. Eigentlich wollte der Bremer Unternehmer das Areal mit Millionenaufwand modernisieren, zog aber in letzter Minute zurück. Ärgerlich für die Wirtschaftsbehörde, die die Wasserkante entwickeln möchte.

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Im August soll nach vielen Verzögerungen eine zweite Ausschreibung fertig sein. Dann könnten sich neue Investoren bewerben, sagt eine Behördensprecherin auf Nachfrage. Bis Ende des Jahres möchte man das Vergabeverfahren abschließen. Derzeit gebe es mehrere Interessenten, aber noch keinen konkreten Investor. „Denkbar“ sei also, dass auch nächstes Jahr wieder Zwischennutzer ins Haus neben dem Radarturm ziehen.

"Golden City" würde dort gerne weitermachen. „Wir haben die Kapazitäten, aber es muss natürlich eine Finanzierung her“, sagt Frauke Wilhelm. Die Frage sei, ob sich die Stadt eine Kultur-Fährgaststätte leisten wolle. Bislang finanziert der Verein seine Arbeit in erster Linie mit Sponsorengeldern, so Wilhelm. 20 bis 30 Mitarbeiter packten mit an.

Die „Hanseat“ rauscht vorbei in Richtung Schlachte. Und vom Hafen her macht sich ein riesiges Containerschiff auf den Weg zum Meer. Eine ältere Frau schaut hinterher. Sie freue sich über das Ambiente hier, sagt sie, „die machen das gut und sprechen ein breites Publikum an.“

Diffamierungen und Hetze

Ein anderer Besucher, der seinen Namen auch nicht nennen will, bleibt skeptisch. Wenn es die subventionierten Fähr- und Busanbindungen nicht gäbe, hätte die Hafenbar keine goldene Zukunft, glaubt der Neustädter. Denn auch Autofahrer aus Bremen müssten eine relativ lange Strecke bis zum Höft zurücklegen. „Und wenn man sich dafür schon ins Auto setzt, muss auch das Kulturangebot überzeugen.“

Ein Gast kommt auf Frauke Wilhelm zu. Ob das Team auch an Treffs von Motorradfahrern am Höft interessiert sei? Sie nickt lächelnd. Der Kontakt zwischen Besuchern und Veranstaltern scheint deutlich besser zu sein als im vergangenen Sommer. Damals stieß der Verein Zuckerwerk als Zwischennutzer auf massive Ablehnung eines Teils der Woltmershauser. Der Vereinsvorstand sprach von „Diffamierungen und Hetze gegen uns“.

Für die letzte Veranstaltung verhüllten Zucker-Aktivisten das Fährhaus mit rosafarbener Folie. Denn sie seien als „Rosa Flora“ bezeichnet worden – in Anspielung auf die links-alternative Rote Flora in Hamburg, die durch die G20-Krawalle in die Schlagzeilen rückte. Für Frauke Wilhelm steht fest: „Die hatten es hier auch schwer, sie waren die Ersten, die ein Projekt anboten. Wir konnten darauf aufbauen.“

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