Was die erwachsenen Kunstschaffenden können, das schaffen die jüngeren Künstler ebenso: Die Kaltnadelradierung folgte recht schnell dem Buchdruck und ist seit dem späten 15. Jahrhundert in der Kunstwelt vertreten und weiterentwickelt worden – vielleicht von jungen, frischen Kreativen? Acht dieser kreativen Kaltnadelradierer haben sich nun im Woltmershauser Spiel- und Wassergarten versammelt, um in einem Workshop diese altehrwürdige Technik kennenzulernen.
Es geht ohne teure Materialien
Das Besondere an diesem Workshop: Es werden keine teuren Materialien benötigt, die den Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren den Zugang zu dieser Kunstform verschließen könnten, sondern lediglich Milchtüten. Und da wird der Bogen geschlagen zur Ausstellung im Kulturhaus Pusdorf, das auch den zweitägigen Workshop anbietet: „Die nicht ganz so schönen Dinge“ heißt diese Ausstellung und zeigt noch bis zum 23. August insgesamt 34 Werke der Künstler Udo Steinmann und Oliver Regener. „Am ersten Tag haben wir Monotypien gedruckt“, erzählt Oliver Regener, und das bedeutet: „Wir haben Tetra-Paks genommen und dann Schablonen draufgelegt, die wir vorher hergestellt haben. Dann haben wir die Konturen mit Bleistift auf das Tetra-Pak übertragen, das dann ausgeschnitten und mit Farbe eingefärbt. Anschließend wurde damit gedruckt.“
Und auch die Motive, die die Kinder sich erdacht haben, lehnen sich an die Ausstellung an: Dort sind Hähne auf Menschenbeinen anzutreffen oder groteske Mäuse. Und am Spiel- und Wassergarten sind es zum Beispiel Fische – oder jedenfalls die obere Hälfte davon, die untere Hälfte ist dann schon wieder etwas ganz anderes. Der zweite Workshoptag steht dann im Zeichen der Verfeinerung, die bislang unbearbeitete Fläche des Werkstücks wird nun mit der Radiernadel verschönert und zum Drucken verwendet.
Viele bunte Elfen
„Die Kinder machen das gut“, sagt Oliver Regener, „sie sind dabei auch sehr enthusiastisch.“ Seine Beobachtung: „Kultur, da kommen die Leute immer“, und das gibt ja allenthalben Anlass zur Hoffnung. Jedenfalls seien die Kinder anschließend immer sehr stolz, dass sie alles selber gemacht haben, und Oliver Regener sagt: „Es gibt da ein Überraschungsmoment. Denn es ist nie vorher klar, was in der Druckerpresse sein wird.“
Auch der zwölf Jahre alten Amy aus Woltmershausen war vorher nicht vollständig klar, was da aus der Druckerpresse kommt, doch das Ergebnis gefällt ihr: „Ich habe gerade Elfen in den Farben Blau, Rot und Gelb gedruckt und habe das erst gestern das erste Mal gemacht.“ Von dem Workshop habe sie über ihre Mutter erfahren, erzählt sie: „Weil meine Mutter weiß, dass ich Kunst mag.“ Denn auch sonst ist sie künstlerisch tätig, erzählt sie: „Ich male Sachen, die ich vorher gesehen habe und versuche, das dann umzusetzen. Und manchmal bastle ich auch etwas Kreatives für meine Familie.“ Sie werkelt nämlich gerne, sagt sie noch und hat auch schon einen Berufswunsch: „Ich möchte Tischlerin werden.“
Ein Fantasie-Oktopus
Felina ist acht Jahre alt und wohnt ebenfalls in Woltmershausen: „Ich habe vom Oktopus den Kopf und vom Menschen den unteren Teil gemacht“, erzählt sie über ihre Arbeit. „Und da habe ich ein Muster hineingeritzt.“ Sonst male sie eher, dafür habe sie dann Malbücher: „Doch ich war auch schon in einem Kursus im Kulturhaus, immer mittwochs.“ Der Kursus hieß „Malen und Zeichnen im Atelier“, sagt sie, „und da haben wir gemalt oder auch etwas mit Ton gemacht.“ Für ihr gerade gedrucktes Bild von dem fantastischen Oktopus kann sie sich auch schon einen geeigneten Platz vorstellen: „Vielleicht hänge ich das Bild im Wohnzimmer auf.“
Ein Monster hat der sieben Jahre alte Jonas aus Woltmershausen gedruckt. Er nennt seine Monster „Amongas“ und hat auch schon am ersten Workshoptag ein Monster erschaffen. In seiner Freizeit malt er übrigens, „ich baue aber auch viel mit Lego, das ist mein Hobby.“ Neben dem Erfinden von Monstern und dem Bauen von Legogebilden spielt er auch noch Gitarre und singt: „Und ich schreibe auch viel über mich“, sagt er, derzeit schreibe er übrigens ein Buch – der Titel: „Jonas, der Superheld.“
Friedlich und entspannt laufe übrigens der Kursus im Spiel- und Wassergarten, sagt Udo Steinmann, „die Kinder machen das ganz toll und tolle Radierungen sind auch dabei.“ Und Oliver Regener meint: „Das Spannende ist: Immer, wenn die Kinder das Endergebnis sehen, freuen sie sich.“ Sie seien dann stolz, ein „das habe ich hinbekommen“-Effekt sei das, „und das wird dann auch auf ein ganz anderes Niveau gehoben. Und auch die Kinder, die nicht so gut zeichnen können, haben plötzlich Erfolgserlebnisse.“
Auch für Erwachsene hat es einen Workshop geben: Am Sonnabend und Sonntag konnten sich Interessierte jeweils nachmittags mit der Tetra-Pak-Radierung beschäftigen. Der Druckworkshop für Erwachsene war ebenfalls vom Kulturhaus Pusdorf an der Woltmershauser Straße angeboten worden.