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Ausstellung in Pusdorf Das Schöne im Befremdlichen

Die Künstler Oliver Regener und Udo Steinmann stellen Kaltnadelradierungen im Kulturhaus Pusdorf aus. Wie sich ihre Werke unterscheiden.
22.04.2022, 07:00 Uhr
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Von Matthias Holthaus XHO

Schön ist das nicht, was Oliver Regener und Udo Steinmann im Kulturhaus Pusdorf präsentieren, doch das wissen die beiden Künstler auch: „Die nicht ganz so schönen Dinge“ heißt folgerichtig die Ausstellung mit insgesamt 34 Werken, die von Freitag, 22. April, bis zum 23. August im Pusdorfer Kulturhaus gezeigt werden.

Und doch tut man den Künstlern und den Bildern unrecht: Udo Steinmanns Geschöpfe kommen regelrecht filigran daher, es sind Fuchsbandwürmer, Larven der Raubmücke, Wattwürmer, Katzenflöhe und Stubenfliegen. „Ich arbeite mit verfremdeten Makrofotografien“, erzählt der Woltmershauser Udo Steinmann und die Technik ist wie bei den Arbeiten Oliver Regeners dieselbe: Kaltnadelradierungen sind es, das heißt, dass mittels einer Diamantnadel direkt in das Medium gekratzt und die Druckplatte dann eingefärbt auf handgeschöpftes Büttenpapier gepresst wird. Heraus kommen faszinierende Nahaufnahmen von obskuren Tierchen, die ansonsten eher nicht gesehen werden oder aber für reichlich Verdruss sorgen.

Runde Bilder

„Ich benutze für den Druckstock Rhenalonplatten und CDs, die ich vorher entschichtet habe.“ Heraus kommen anschließend runde Bilder mit einer Aussparung in der Mitte, sie zeigen entweder Wattwurmgewusel oder auch das Corona-Virus, das jenseits seiner unheilvollen Existenz durchaus schick daherkommen kann. Daneben gibt es auch CD-gepresste Fressöffnungen bizarrer Lebewesen, die sonst mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind – es sind Großaufnahmen, aber auch verfremdete Röntgenaufnahmen wie zum Beispiel die einer menschlichen Schilddrüsenüberfunktion.

Vorwiegend sind es aber kleine, befremdliche Tierchen – warum? „Sie interessieren mich einfach“, sagt Steinmann, „bei meiner vergangenen Ausstellung im Kulturhaus Pusdorf waren es beispielsweise Affen oder Schafe und dann wurde das immer kleiner.“ Ungewöhnlich aber auch die Wahl der CD als Druckstock: „Das kommt auch aufgrund der Corona-Krise, und zwarr wegen der kreisrunden Form des Virus. Das konnte ich dann gut übertragen, außerdem sind zum Beispiel Mikroben auch rund und die Fressöffnungen von Tieren.“

Alltägliche Gegenstände

Und es sei auch dem Recyclinggedanken geschuldet und da wird eine weitere Verbindung zu den Arbeiten Oliver Regeners deutlich: Auch er nutzt einen alltäglichen Gegenstand und verwandelt ihn in eine Druckplatte – in seinem Falle aber profane Tetra-Paks, also Getränkekartons. „2013 habe ich einen Kursus bei Udo Heitmann gemacht und da hatte er die Idee mit den Tetra-Paks. Das ist total unklassisch“, sagt Oliver Regener, der in der Neustadt wohnt. „Ich kratze dann auf die Aluschicht.“ Konkret heißt das, dass er den Getränkekarton auseinandernimmt und dann, so Regener, komme das Kratzen schon ziemlich nahe an das Zeichnen heran. Wobei das Material durchaus auch Nachteile haben kann: „Es können sich mitunter nur zwei Drucke ergeben, bevor es auseinanderfällt.“ Bis dahin ist aber die Vorgehensweise scheinbar einfach: „Einfach loslegen, während des Arbeitsprozesses entsteht etwas. Du hast einen Fundus an Bildern im Kopf, die dich umtreiben. Im Prozess schälen sich dann die Ideen heraus. Und damit überrasche ich mich oft selber.“

Überrascht sein kann auch der Betrachter: Ein Hahn auf zwei Beinen etwa, genauso wie ein Hase, der ein Ei auf einem Löffel balanciert. Aber auch groteske Fabelwesen im Stile mittelalterlicher Meister oder eigentlich niedliche Tiere, die sich dann als gar nicht niedlich entpuppen. „Es ist eine Mischung aus freier Fantasie und Realität und der Kontrast ist interessant“, sagt er. Momentan zeichne er gerade, eine Zeit lang habe er jedoch nur radiert: „Der Druck ist ein Haus mit vielen Räumen“, sagt er über die Kaltnadelradierungen, „das ist eine ganze Welt.“ So gibt es auch eine „Anarcho-Micky Maus“ namens „Miggi“, die der schon lange wirkende Künstler bereits Anfang der 90er-Jahre als Postkarten verschickt hat. Er habe Spaß am Fabulieren, sagt der studierte Illustrator, „und Ohren finde ich gut“, während er auf ein Bild eines kunstvoll ausgearbeiteten Ohres zeigt. Zusammen jedenfalls wirken die gezeigten Werke beider Künstler stimmig, sie sind in 17 Paaren zu sehen, Gemeinsamkeiten können durchaus festgestellt werden.

„Thematisch ist das alles sehr finster“, findet Oliver Regener abschließend, sagt aber auch: „Für das Schöne sind Andere zuständig.“

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Info

Die Ausstellung „Die nicht ganz so schönen Dinge“ von Udo Steinmann und Oliver Regener im Kulturhaus Pusdorf, Woltmershauser Straße 444, wird am Freitag, 22. April, um 19 Uhr mit einer Vernissage eröffnet und wird bis zum 23. August zu sehen sein. Im Rahmen der Ausstellung wird es auch zwei Workshops geben: zum einen „Milchtütendruck für Kinder ab sechs Jahre“ am 18. und 19. Juli von 14 bis 18 Uhr im Spiel- und Wassergarten und zum anderen „Tetra Pak-Radierung“, ein Druckworkshop für Erwachsene am 23. und 24. Juli von 14 bis 18 Uhr im Kulturhaus Pusdorf. Anmeldungen sind im Kulturhaus Pusdorf möglich, weitere Informationen sind unter https://www.kulturhaus-pusdorf.de/ erhältlich.

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