Wer noch spontan auf die Idee kommt, im Juni, Juli oder August in Bremen zu heiraten, kann das vergessen. Die Standesämter in Bremen-Mitte und Bremen-Nord sind komplett überlastet.
Das Problem sind die Formalitäten vor der Heirat. Termine für die Anmeldung einer Trauung werden nicht mehr vergeben, sondern vermutlich erst wieder im September. Die Ursache: Personalmangel und Arbeitsüberlastung nach dem Ausfall mehrerer Mitarbeiter.
Nach Auskunft von Stadtamtsleiterin Marita Wessel-Niepel gibt es insgesamt sieben Personalausfälle im Standesamt Mitte. Ein Kollege sei in Rente gegangen, ein Mitarbeiter gestorben, und zwei seien in eine andere Behörde gewechselt. Hinzu kämen drei Langzeiterkrankte. Das reißt große Löcher. In der Sitzung der Innendeputation am Mittwoch hatte Wessel-Niepel noch von vier ausgefallenen Mitarbeitern gesprochen, die Personaldecke des Standesamtes wird also immer dünner.
„Es ist ein ganzer Block weggefallen, wodurch wir ein sehr dünn besetztes Amt haben“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde. „Eine einfache Lösung dafür gibt es nicht.“ Am kommenden Dienstag werden die personellen Engpässe Thema im Senat sein, so das Innenressort.

Stadtamtsleiterin Marita Wessel-Niepel muss Ersatz für sieben Mitarbeiter im Standesamt finden.
Lehrgang vor der Eheschließung
Das Standesamt Bremen-Nord hat zur Entlastung der Kollegen in Mitte zusätzliche Aufgaben übernommen. Sechs neue, hauptberufliche Kräfte sollen dazukommen, wovon vier bereits eingearbeitet werden. Verwaltungsfachangestellte im öffentlichen Dienst müssten normalerweise ein halbes Jahr angelernt werden, um alle Tätigkeiten ausführen zu können. In Ausnahmefällen soll es nun aber möglich sein, dass die neuen Mitarbeiter nach einem 14-tägigen Lehrgang bereits Ehen schließen dürfen – und nicht, wie üblich, am Ende der Ausbildung.
Es sind aber nicht nur die Trauungen und Anmeldungen, die die Hauptarbeit ausmachen, sondern die Beurkundungen. Vor allem geht es um Geburts- und Sterbeurkunden. „Die Zahl der Geburten und Sterbefälle ist gestiegen“, sagt Amtsleiterin Wessel-Niepel. Einige Zahlen: 2014 wurden im Land Bremen 6211 Lebendgeborene gezählt – gegenüber 2013 ein Plus von 462. Die Geburtenrate stieg auf 1,46 (1,36 in 2013). 2012 starben 6817 Menschen in Bremen, 2015 waren es 7230, und 1804 verstarben in den ersten drei Monaten dieses Jahres.
Sterbeurkunden haben Priorität
Vor allem die Ausstellung von Sterbeurkunden hat laut Wessel-Niepel oberste Priorität, denn „sonst können Beerdigungen nicht stattfinden“. Wie der WESER-KURIER berichtete, hatten die Engpässe in Einzelfällen offenbar dazu geführt, dass sich Beisetzungen verzögerten. Dass in Bremen wieder mehr Babys geboren werden, hat Wessel-Niepel zufolge auch damit zu tun, dass Mütter aus dem Umland ihre Kinder in Bremen zur Welt bringen. Die Kliniken seien stark nachgefragt. Die Kollegen in Bremen-Nord haben zusätzlich die Beurkundung der Geburten im Diako übernommen.
Das alles heißt aber nicht, dass gebuchte Termine für Trauungen nicht wahrgenommen werden. Dies läuft alles nach Plan. Die Standesbeamten sind zurzeit rund um die Uhr im Einsatz – der 16.6.16 vor allem ist ausgebucht. Die Amtsleiterin kann nichts anderes sagen, als dass sie mit den vorhandenen Kapazitäten auskommen müsse. „Das Kundenaufkommen ist enorm“, stellt sie auch für alle Bereiche im Bürgerservice-Center fest. Dort herrscht, wie berichtet, Land-unter-Stimmung.