Ein Gastronom in Baden-Württemberg hat vor Kurzem für Schlagzeilen gesorgt, indem er seine Gäste dazu bringen will, nicht mehr getrennt zu bezahlen. Er kritisierte, dass Gäste in einigen Fällen darüber gestritten hätten, wer welche Speisen und Getränke bezahlen müsse. Dies würde die Servicekräfte in den Gaststätten aufhalten.
Der WESER-KURIER hat sich bei Servicekräften, Gastronomen und Gästen erkundigt, ob getrennte Bezahlvorgänge auch in Bremer Restaurants ein Problem sind.
Getrenntes Zahlen ist bei großen Gruppen nicht gerne gesehen
Bruno Ludca arbeitet als Servicekraft im Bistro Tonino an der Schlachte. "Das ist kein Problem bei uns", sagt er, wenn Personengruppen bei ihm die Rechnung lieber untereinander aufteilen möchten. Servicekraft Monika Frank sieht das allerdings anders. "Bei einer Gruppe ab fünf bis sechs Leuten hält das schon auf", sagt sie. Frank habe auch schon einige Jahre international gekellnert, zum Beispiel in Miami. "Da zahlt immer eine Person für den ganzen Tisch, nicht wie in Deutschland", erklärt sie. Dieses Prinzip wünscht sie sich auch in Bremen.
Für Inessa Frank, die im Luv an der Schlachte arbeitet, seien getrennte Rechnungen ab einer Gruppengröße von etwa zehn Personen ein Problem. Und dann auch nur, wenn am Ende nicht mehr klar ist, wer was bezahlen soll – das geschehe dann aber leider auch ab und zu.
Bedeuten getrennte Rechnungen weniger Trinkgeld?
Bei der Frage, ob das Splitten der Rechnung zu mehr Trinkgeld für die Servicekräfte führt, gehen die Meinungen auseinander. "Das kommt auf die Gruppe an", sagt Inessa Frank. Wenn jeder und jede einzeln Trinkgeld zahle, führe das häufiger zu mehr Trinkgeld insgesamt. Nur gebe es eben auch jene, die kein Trinkgeld mehr geben, wenn die erste Person schon Trinkgeld gezahlt habe. Andere Servicekräfte sehen wiederum keinen Unterschied, ob in der Gruppe oder einzeln bezahlt wird. Innerhalb einer Gruppe würden die Menschen sowieso oft ähnlich viel Trinkgeld geben. Da mache es keinen Unterschied, ob zusammen oder getrennt bezahlt werde.
Im Gegensatz zu den Servicekräften sind sich die befragten Gäste in den Bremer Restaurants über das Bezahlen der Rechnung allerdings zum größten Teil einig: Zwar können viele den Ärger über eventuellen Mehraufwand, den mehrere Rechnungen bedeuten, verstehen – die meisten Gäste möchten sich die Entscheidungsfreiheit über das Bezahlen jedoch nicht nehmen lassen.
Bremer Gäste möchten selbst bestimmen, wer die Rechnung bezahlt
Wer bezahlt, ist immer von der Situation abhängig, sagt zum Beispiel Irena Scholz, die zusammen mit Claudia Lauer im Café und Bar Celona sitzt. "Wenn ich mit mehreren Freundinnen essen gehe, bezahlt jeder sein Essen", sagt Lauer. Dem schließt sich Scholz an. Wenn man Leute nicht oft sehe, wäre es besser, wenn jeder alleine bezahlen könne, sind sich beide einig.
Daan Ory, ein weiterer Kunde im Café und Bar Celona, sagt: "Der Kunde ist König". Er ist der Meinung, dass jeder Kunde selbst entscheiden sollte, wer in einer Gruppe die Rechnung bezahlt.
Gastronomen haben "drängendere Probleme"
Nathalie Rübsteck ist Hauptgeschäftsführerin der Dehoga Bremen, einem Verbund, der sich für das Gastgewerbe in Bremen einsetzt. Bei ihr sei das Thema noch nicht aufgekommen, sagt sie. Klar sei das Aufteilen ein bisschen mehr Zeitaufwand und manchmal auch lästig, aber: "Das ist auch ein Service, den man den Gästen bietet."
Zudem hänge der Arbeitsaufwand auch mit der Art des Kassensystems zusammen. Bei den modernsten Varianten stelle das getrennte Bezahlen keine Herausforderung dar. Es gebe meist deutlich drängendere Probleme für Gastronominnen und Gastronomen in Bremen, ist sie überzeugt.