Begleitet von Straßenblockaden, Protestaktionen und Kritik hat am Donnerstag die Verkehrsministerkonferenz (VMK) begonnen. So richtig zur Sache geht es bei dem Frühjahrstreffen der Verkehrsminister von Bund und Ländern erst an diesem Freitag. Die zweitägigen Beratungen starteten damit, dass sich am ersten Tag zunächst die Abteilungsleiter und Staatssekretäre ab 13 Uhr in einer Videokonferenz zusammenschalteten. Zu Beschlüssen soll es am Freitag kommen, wenn die Minister tagen. Eines der Hauptthemen: Die Verkehrsminister von Bund und Ländern wollen Bewegung in den Dauerstreit über die Novelle der Straßenverkehrsordnung bringen. Die VMK-Vorsitzende und Bremer Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) erwartet dabei Fortschritte.
Rund ging es am Donnerstag auf den Straßen und Brücken in Bremen. Umweltaktivisten verschiedener Gruppen blockierten zentrale Straßen und Autobahnen. An sieben verschiedenen Orten in Bremen und im Umland demonstrierten Gruppen wie Extinction Rebellion und unabhängige Verkehrswende-Initiativen. Die Demonstranten seilten sich auf mehreren Autobahnen von Schilderbrücken ab, um für mehr Klimaschutz, autofreie Städte und eine Verkehrswende zu demonstrieren. Sie überklebten Schilder mit ihren Forderungen und Warnungen wie „Immer weiter Richtung Klimakrise“.
Autobahnen rund um Bremen stundenlang gesperrt
Die Bremer Polizei berichtete von Aktionen auf der Autobahn 27 auf Höhe der Lesumbrücke auf der Fahrbahn Richtung Hannover und auf dem Autobahnzubringer Überseestadt in Fahrtrichtung Innenstadt. Außerdem protestierten die Aktivisten in der Airport-Stadt, wo sie ein großes Banner mit der Forderung „Verkehrswende Jetzt. Keine Kurzstreckenflüge“ aufhängten. Die Polizeiinspektion Verden/Osterholz teilte Blockaden und Spontanversammlungen auf der A27 zwischen Achim Nord und dem Bremer Kreuz und auf der A1 in Höhe Oyten mit. Dort kam es zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen. Teilweise waren die Autobahnen einseitig komplett gesperrt. Gegen Mittag begann die Polizei mit der Räumung an den betroffenen Stellen.
Die Demonstranten wollen auf Klimafolgen aufmerksam machen, die zunehmender Verkehr nach sich ziehen. Die aktuelle Verkehrspolitik in Deutschland führe direkt in die Klimakatastrophe, teilten die Organisatoren der Proteste mit. An der A28 bei Delmenhorst seilten sich Aktivisten von einem Autobahnschild ab und ersetzten es durch Transparente mit der Aufschrift „Dreieck Verkehrskollaps“ und „Delmenhorst autofrei! Delmenhorst klimagerecht!“.
Maike Schaefer sagte, dass sie die Forderungen der Aktivisten nach einer Verkehrswende „voll und ganz“ befürworte. „Das ist der Grund, warum auf der Agenda der Verkehrsministerkonferenz viele Themen für die Verkehrswende stehen, darunter der Ausbau des Schienennetzes, der ÖPNV Rettungsschirm, die Stärkung des Umweltverbunds und mehr Sicherheit für den Fahrrad- und Fußverkehr“, so Schaefer.
Bei der VMK geht es auch um den Dauerstreit über die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO). Schaefer erwartet dabei Fortschritte. In dem Konflikt geht es um eine eigentlich im Frühjahr beschlossene Änderung der StVO und des Bußgeldkatalogs mit deutlich schärfere Strafen unter anderem für zu schnelles Fahren. Wegen eines Formfehlers wurde der Vollzug des neuen Bußgeldkatalogs außer Kraft gesetzt. Im Februar hatten Bund und Länder Bereitschaft signalisiert „unter bestimmten Bedingungen“ eine Findungskommission auf den Weg zu bringen.
Zuversichtlich zeigte sich Schaefer auch mit Blick auf eine mögliche Übereinkunft beim Rettungsschirm für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). „Durch ein geändertes Mobilitätsverhalten in der Corona-Pandemie sind die Fahrgastzahlen im ÖPNV um bis zu 80 Prozent gegenüber 2019 gesunken“, sagt Schaefer. Im Jahr 2020 belaufen sich die Einnahmeverluste auf rund 3,3 Milliarden Euro und im Jahr 2021 auf weitere etwa 3,6 Milliarden Euro. Hier seien Bund und Länder gefordert, einen ÖPNV-Rettungsschirm aufzuspannen.
Scharfe Kritik an den Aktionen von Extinction Rebellion gab es von Handelskammer-Präses Janina Marahrens-Hashagen: „Die Aktionen haben den Wirtschaftsverkehr großflächig lahmgelegt und dadurch zu erheblichen Schäden für viele Unternehmen in der Region geführt". Marahrens-Hashagen findet es völlig inakzeptabel, dass sich Maike Schaefer von dieser Aktion der Aktivisten von Extinction Rebellion nicht distanziert hat, sondern deren Forderungen im Gegenteil öffentlich begrüßt. Die Wirtschaft sei keineswegs gegen eine zukunftsorientierte Klimapolitik, aber es könne nicht sein, dass den ohnehin in der Corona-Krise gebeutelten Unternehmen durch solche Aktionen zusätzlicher Schaden zugefügt werde.