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Langzeit-Studie Spitzenplatz in Sachen Angst für Bremer und Niedersachsen

Seit 31 Jahren werden die Ängste der Deutschen untersucht. In diesem Jahr stellt sich dabei heraus: Die Bremer und die Niedersachsen fürchten sich mehr als alle anderen vor autoritären Herrschern.
14.10.2022, 05:00 Uhr
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Von Cornelie Barthelme

Kämen die Bremer und die Niedersachsen darauf, dass sie ängstlicher sind als, beispielsweise, die Bayern oder die Berliner? Exakt das hat die Studie „Die Ängste der Deutschen“ ergeben. Zumindest für das laufende Jahr. Da belegen Bremer und Niedersachsen im Vergleich der Bundesländer Rang drei. Wie Schleswig-Holstein und Hamburg und Rheinland-Pfalz und das Saarland werden auch Bremen und Niedersachsen nicht einzeln gewertet; so dass hinter ihnen zehn andere landen. Vor den beiden Nordländern rangieren gemeinsam auf Platz eins Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Damit sind die Bremer und Niedersachsen auch die Ängstlichen unter den Bewohnern der alten Bundesländer.

Seit 31 Jahren lässt das Infocenter der R+V Versicherung 2400 repräsentativ ausgewählte, deutschsprachige Menschen ab 14 Jahren befragen, was ihnen Angst macht. Das beauftragte Institut gibt 22 Themen vor; 20 davon sind immer gleich, zwei jeweils jahresaktuell. Diesmal sind das die Furcht, dass Wohnen unbezahlbar werden könnte. Und die Sorge, weltweit könnten autoritäre Herrscher immer mächtiger werden.

Vor Letzterem fürchten Bremer und Niedersachsen sich mehr als alle anderen. 55 Prozent bekennen sich zu dieser Angst; im Bundesdurchschnitt sind es nur 47. Gefragt wurde zwischen Mitte Juni und Ende August, in persönlichen Interviews.

Ihre größte Angst teilen die Bremer und Niedersachsen aber mit allen Deutschen; und zwar exakt. 67 Prozent, also zwei von drei, fürchten steigende Lebenshaltungskosten. Auf Platz zwei: die Furcht vor Naturkatastrophen und Wetterextremen - mit 62 Prozent. Allein die Bayern setzen diese Angst ebenfalls auf diesen Rang. 61 Prozent ängstigen sich vor einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und ebenso viele vor unbezahlbaren Mieten. Die Ränge sechs bis zehn belegen die Ängste vor Klimawandel (54 Prozent), Terrorismus (52), Steuererhöhungen und Leistungskürzungen durch die Pandemie (ebenfalls 52), Kosten für die Steuerzahler durch die EU-Schuldenkrise (47) und vor Schadstoffen in Lebensmitteln (ebenfalls 47).

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Am stärksten gestiegen seit dem vergangenen Jahr ist die Furcht vor Naturkatastrophen und Wetterextremen - um zwölf Prozentpunkte. Um elf Prozentpunkte nahm die Angst vor Terrorismus zu; allein die Thüringer fürchten ihn noch mehr. Ebenfalls zugenommen hat die Furcht vor steigenden Lebenshaltungskosten (plus zehn), schlechterer Wirtschaftslage (plus neun), Schadstoffen in Lebensmitteln (plus vier) und dem Klimawandel (plus zwei). Verringert haben sich die Sorgen vor pandemiebedingten Steuererhöhungen und Leistungskürzungen (minus zwei) und den Kosten der EU-Schuldenkrise (minus fünf).

Im Vergleich mit allen sind Bremer und Niedersachsen weniger materialistisch. Denn auf der Rangliste der Republik dominieren die Geldsorgen. Die fünf Top-Ängste haben damit zu tun: Platz zwei nach den Lebenshaltungskosten belegt die Furcht vor unbezahlbarem Wohnen (58 Prozent), dann folgen die Sorgen wegen einer schlechteren Wirtschaftslage (57), den Kosten der Pandemie (52) und der EU-Schuldenkrise (51). Aber obwohl 57 Prozent eine Rezession fürchten, haben nur 22 Prozent Angst davor, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Die Angst vor Inflation und Teuerung war in den 31 Umfrage-Jahren nur dreimal höher: 2005, als die Kraftstoffpreise explodierten; 2008, als Energie und Lebensmittel sich stark verteuerten; und 2010, als die Finanzkrise ihre volle Wirkung zeigte.

Zu den Dauer-Fragen der Studie gehört auch, welches Zeugnis die Deutschen ihren Politikerinnen und Politikern ausstellen. Bewertet wird in Schulnoten von eins bis sechs, von sehr gut also bis ungenügend. Im Jahreszeugnis 2022 steht ein gutes Ausreichend - mit der Durchschnittsnote 3,7. Damit hat sich das Polit-Personal im Vergleich zum vorigen Jahr minimal um 0,1 verbessert. Nur gut einer von hundert Befragten vergab ein Sehr Gut - aber acht von hundert erkannten auf ungenügend.

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Bleibt die am stärksten gewachsene Furcht: jene vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung. Sie kommt zwar erst auf Rang zwölf. Aber sie ist im Jahr des russischen Überfalls auf die Ukraine von 16 auf 42 Prozent gestiegen. Höher war sie nur 1999, als im Kosovo-Krieg auch die Bundeswehr an den Nato-Einsätzen beteiligt war, und 2003 und 2016 im Zusammenhang mit dem Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan.

Auf Allzeit-Tiefstand ist hingegen die Angst vor politischem Extremismus. Nur 35 Prozent sind derzeit deshalb besorgt: 40 Prozent fürchten sich vor rechtem Extremismus, elf Prozent vor linkem und 37 Prozent vor islamistischem.

Im Langzeitvergleich sind die Deutschen immer noch sehr gelassen. Nur in sechs von dreißig Jahren lag der sogenannte Angst-Index niedriger. Spitzenwerte erreichte er zu Beginn des Irak-Kriegs 2003, als die Arbeitslosenzahl über fünf Millionen stieg. Dann, als 2005 die rot-grüne Koalition die vorzeitige Bundestagswahl ausrief. 2010, als während der Wirtschaftskrise CDU und FDP mehr stritten als regierten. Und schließlich 2016, dem Jahr der vielen Flüchtlinge.

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