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Ein Leben mit dem King Vor 60 Jahren: Elvis in Bremerhaven

Rolf-Peter Sanner ist leidenschaftlicher Elvis-Fan und hat mehr als 3600 CDs und Platten zusammengetragen. Neben seiner Musik-Sammlung besitzt der Bremer ein kleines Elvis-Museum.
01.10.2018, 06:00 Uhr
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Vor 60 Jahren: Elvis in Bremerhaven
Von Nina Willborn

Dass Rolf-Peter Sanner an diesem Montagmorgen um Punkt 22 Minuten nach neun Uhr an der Columbuskaje in Bremerhaven steht, ist Ehrensache. Sanner steht nicht alleine dort, neben ihm seine Frau Karin, auch Barbara und Ulli Elter sind da und noch einige andere. Was sie eint, ist die Liebe zu dem Mann, der am 1. Oktober vor 60 Jahren um 9.22 Uhr an der Columbuskaje zum ersten Mal bremischen und damit deutschen Boden betrat: Elvis Presley.

Seit 20 Jahren erinnert eine Bronzetafel im Boden an den berühmtesten aller US-Soldaten, der jemals Deutschland besucht hat. Normalerweise ist das Gelände, weil es Teil des Kreuzfahrtterminals ist, nicht frei zugänglich, für die Elvis-Fans wird an diesem Ehrentag eine Ausnahme gemacht. Rolf-Peter Sanner hätte auch sehr gerne am 1. Oktober 1958 am Kai gestanden, als einer unter Hunderten ekstatischen Fans.

Weil Sanner aber damals noch ein Buttje von gerade mal elf Jahren war, setzten seine Eltern vor diesen Plan ein dickes P. Sanner verpasste also den Anblick des Weltstars und rächte sich familienintern an Weihnachten ein Jahr später, indem er die als Wiedergutmachung geschenkte Single „Big Hunk o‘love“ dermaßen oft und so laut abspielte, dass seine Eltern diese Gabe schnell bereuten. „Ich habe sie schier verrückt gemacht“, erzählt Sanner bei selbst gebackenem Butterkuchen seiner Frau und Kaffee im Wintergarten seines Elternhauses in der Neustadt.

„Kein anderer Künstler war so vielseitig wie Elvis“

Auch er selbst, heute 71 Jahre alt, ist über all die Jahre verrückt geblieben, verrückt nach dem King und seiner Musik, die leise im ­Hintergrund läuft. Das ist natürlich dem Besuch geschuldet, aber auch so gibt es nur wenige Tage, an denen Sanner nicht die eine oder andere CD seiner umfangreichen Sammlung in den Player schiebt – bis Karin dann nach ein paar Stunden auf einen Musikwechsel dringt.

3600 CDs hat Sanner mittlerweile zusammengetragen, dazu Hunderte Platten, es dürfte die größte Sammlung von Elvis-Presley-Aufnahmen und Elvis-inspirierter Musik in Bremen sein. Jeder Song, darunter auch viele seltene Aufnahmen, ist dokumentiert in dicken Leitz-Ordern. Und es kommen ja immer neue Compilations heraus, Wunder der Technik, Gospel-Songs von Elvis und seiner Tochter etwa oder Duette mit Helene Fischer.

„Kein anderer Künstler war so vielseitig wie Elvis“, sagt Sanner. Rock’n’Roll, Balladen, Gospel, Country natürlich und Western. Im Moment zum Beispiel hört er gerne die Gospels, früher eher die rockigeren Sachen. „Elvis, das ist für mich einfach schöne Musik mit einer ganz besonderen Ausstrahlung. Es ist Musik für jede Lebenslage. Sie hat mich durch alle Prüfungen meines Lebens gebracht“, erzählt Sanner. Das ist nur zum Teil im übertragenen Sinn gemeint, er hat zum Beispiel, lange Jahre her, vor den mündlichen Abschlusstests seiner Ausbildung bei einer Krankenversicherung immer ganz bewusst Presley gehört. „Und dann war ich in Super-Form.“

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Der King ist bei den Sanners aber nicht nur musikalisch präsent. Auf dem Bild über dem Wohnzimmer-Sofa, auf den Plakaten im Treppenhaus, auf dem Porzellan, als Untersetzer, Tischmotiv und sogar auf Sanners Hemd: überall Elvis. Das verstärkt sich noch im Untergeschoss des Hauses, wo Sanner das ehemalige Kinderzimmer einer seiner beiden Töchter inzwischen zu einem kleinen Elvis-Museum umfunktioniert hat.

Dort kann man neben gerahmten Plattencovern den Musiker in mehreren Versionen als Pappfigur genauso bestaunen wie ein Telefon, das beim Klingeln und per Knopfdruck den „Jailhouse Rock“ spielt. „Dieses Telefon war ganz schlimm, als wir die Ausstellung hatten“, erinnert sich Sanner und lacht, „dauernd ging es los.“ Im Jahr 2000 war das, in der Schalterhalle der AOK. Ein Bekannter Sanners brauchte zu Radios aus den 50er-Jahren noch ein bisschen Beiwerk, da passten die Elvis-Devotionalien hervorragend.

Elvis-Krawatten, Elvis-Weihnachtskugeln, ein Bogen mit deutschen Elvis-Briefmarken, ein Elvis-Monopoly-Spiel – man kann hier unten gut den Eindruck bekommen, als gäbe es nichts, was sich nicht mit dem Konterfei des Ausnahmetalents bedrucken ließe. Sehr stolz ist Sanner auf eine Ausgabe der US-Zeitung „The Commercial Appeal“, erschienen an Elvis Todestag am 16. August 1977, ein Geschenk seiner Tochter.

40-jährige Mitgliedschaft im Fanclub

An diesem Abend kamen Sanner und seine Karin, gerade frisch verheiratet, von einem Schützenfest nach Hause. „Im Radio haben wir die Nachricht gehört, und dann ging das die ganze Nacht durch“, sagt der Fan, der den Musiker seines Lebens nie live hat spielen sehen. Aber er hat die Mitglieder von Elvis‘ „TCB-Band“ – die Abkürzung steht für „Taking Care of Business“ (dt. etwa „Tun, was getan werden muss“) – kennengelernt, mit ihnen in Bad Nauheim beim Frühstück zusammengesessen und sich mit ihnen über Elvis und ihre Arbeit unterhalten, genau wie mit dem 2016 verstorbenen Manager Joe Esposito. „Alle hatten enorm viel Spaß bei der Arbeit, das haben mir die Musiker bestätigt“, sagt Sanner.

Im August ist Sanner für seine 40-jährige Mitgliedschaft im Fanclub „Elvis Presley Gesellschaft“ ausgezeichnet worden, und natürlich ist es so, dass das Thema sein Leben in einem großen Maß bestimmt. „Aber irgendwo hört es dann doch auf“, sagt er. Eine Busfahrt zum Beispiel zu einem Feld in Süddeutschland, über das der ehemalige US-Army-Rekrut Presley in den Monaten nach seiner Ankunft in Bremerhaven mit einem Panzer gerollt ist – „das gibt es wirklich, aber so etwas muss ich nicht haben“, sagt Sanner. „Ich erfreue mich am liebsten einfach an seiner Musik.“

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