Den mehr als 1200 Schülerinnen und Schülern und rund 140 Lehrkräften steht ein Umzug bevor – ins Ungewisse, wie das Kollegium der Bremer Inge-Katz-Schule befürchtet. Die berufsbildende Einrichtung soll von der Neustadt an den Brill wechseln, auf das ehemalige Sparkassengelände. „Die Ausbildung unserer künftigen Erzieherinnen und Erzieher findet nun im Herzen der Stadt statt“, freute sich Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD), als die Pläne bekannt wurden. Doch nun gibt es Bedenken.
In einem offenen Brief, der dem WESER-KURIER vorliegt, wird beklagt, dass am neuen Standort noch nichts fertig sei. Die von der Bildungsbehörde als „optimal“ bezeichneten baulichen und technischen Voraussetzungen seien in keiner Weise gegeben. Es mangele an Raumkonzepten, Fachräumen, einer Sporthalle und Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien. „Die Stadt Bremen braucht dringend Fachkräfte aus dem Bereich der Sozialpädagogik, doch wie sollen wir diese Aufgabe erfüllen, wenn die Grundlagen für unsere Arbeit nicht gelegt sind?“, heißt es in dem Brief des Kollegiums. Die Lehrkräfte wollen das Schreiben nach eigenen Worten als „Weckruf“ verstanden wissen.
Der Umzug steht im Zusammenhang mit der Neugründung der Oberschule an der Neustädter Delmestraße. Sie soll nach und nach in die bisherigen Räume der Inge-Katz-Schule einziehen. Die Rotation beginnt am 1. August. Dann verlässt zunächst der Fachbereich Sozialpädagogik den alten Standort und nimmt die ersten Flächen am Brill in Beschlag. Die Sparkasse war dort vor knapp vier Jahren ausgezogen, seitdem stehen viele Gebäude auf dem 11.000 Quadratmeter großen Areal leer oder werden für Zwischennutzungen angemietet. Während der Corona-Zeit dienten zum Beispiel die alte Kassenhalle und Nebenräume als Impfzentrum.
Die Sparkasse hatte den Komplex an Investoren aus Israel verkauft. Das Brüderpaar Schapira wollte auf dem Gelände nach einem Entwurf des New Yorker Architekten Daniel Libeskind vier bis zu hundert Meter hohe Türme bauen lassen. In der Bevölkerung stieß das auf ein geteiltes Echo. Der Landesdenkmalpfleger lief Sturm dagegen. Am Ende wurden die Pläne begraben.
Brill soll nur Zwischenstation für Inge-Katz-Schule sein
Ähnlich erging es der insbesondere von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) verfolgten Idee, am Brill einen zweiten Campus der Bremer Uni mit vielen Tausend Studierenden zu schaffen. Als Alternative gibt es nun in deutlich kleinerer Form einen zweiten Uni-Standort im ehemaligen Landesbankgebäude am Domshof.

Keine Uni mehr, stattdessen eine Schule - so kommt es jetzt auf dem ehemaligen Sparkassengelände am Brill.
Statt der Uni nun eine Schule am Brill, allerdings nur für den Übergang. Der Mietvertrag gilt zehn Jahre. Danach soll die Inge-Katz-Schule nach Sebaldsbrück ziehen, auf einen neuen Berufsschulcampus Ost. Vorgesehen ist das Projekt auf dem Gelände der ehemaligen Fleischwarenfabrik Könecke. Dessen Zukunft steht allerdings in den Sternen, seitdem der Eigentümer Wohninvest im Mai Insolvenz angemeldet hat.
Die Bildungsbehörde hat am Donnerstag auf Anfrage ausführlich zum offenen Brief des Kollegiums der Inge-Katz-Schule Stellung genommen und die Vorwürfe zurückgewiesen. Baulich und technisch seien die Gegebenheiten am Brill in der Tat optimal: „Der Vermieter erfüllt alle Raumanforderungen der pädagogischen beruflichen Bildung.“ So könnten an dem Standort zum Beispiel Cluster für eigenständiges Lernen etabliert werden. Ein überbauter offener Eingangsbereich stehe als "Meetingpoint" zur Verfügung. Werkstätten und Bewegungsbereiche würden vorerst weiter in der Delmestraße genutzt.
Im Vorfeld des jetzt anstehenden Umzugs habe es diverse Gespräche mit der Schulleitung und Ende April auch eine Begehung des neuen Schulgebäudes gegeben, betont die Behörde. Die Lehrkräfte hätten Gelegenheit gehabt, Wünsche zum Umbau zu äußern. „Wir verstehen, dass sich ein Umzug wie ein Sprung ins Ungewisse anfühlen kann, aber es ist nicht korrekt, dass die Schule nicht von Beginn an in die Planung miteinbezogen wurde.“
Zuständig für das ehemalige Sparkassengelände sind im Auftrag der Eigentümer die Immobilienmanager der Bremer Wallhaus GmbH. Auch sie treten auf Nachfrage dem Vorwurf entgegen, dass die Voraussetzungen für einen störungsfreien Schulbetrieb fehlten: „Die für die Schule vorgesehenen Flächen werden derzeit umgebaut und hergerichtet“, erklärt Wallhaus-Geschäftsführerin Annika Reineberg.