Langzeitarbeitslose voranbringen und mit ihnen den Bau des neuen Bewohnertreffs an der Rostocker Straße unterstützen: Das will die Waller Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft (WABeQ) mit dem Projekt "Qualifizierung vor Ort". Um bis Oktober 2014 direkt vor Ort erreichbar zu sein, wurde an der Rostocker Straße eine Anlaufstelle für das Projekt eröffnet.
Ohlenhof. Es geht voran in der 1975 erbauten Wohnanlage Rostocker Straße: Der Großteil der acht Hochhäuser ist inzwischen eingerüstet; gerade lässt die Baum-Gruppe die Fassaden dämmen. Demnächst wird außerdem ein neuer Bewohnertreff gebaut. Und im Erdgeschoss von Haus Nummer 48 wurde nun die neue Projektanlaufstelle des BIWAQ II-Projektes "Qualifizierung vor Ort" der Waller Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft (WABeQ) eröffnet.
Hinter der sperrigen Abkürzung steht das Programm "Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier" (BIWAQ). In dessen Rahmen wird das Projekt "Qualifizierung vor Ort" aus dem Europäischen Sozialfonds, der Europäischen Union und aus Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gefördert und vom Jobcenter Bremen kofinanziert.
"Wir wurden schon von einigen neugierigen Anwohnern darauf angesprochen, ob wir das Baubüro sind", erzählt BIWAQ-II-Teamleiterin Susann Kluge, die vor rund zwei Wochen gemeinsam mit drei Kollegen in die neuen Räumlichkeiten gezogen ist. Das Baubüro sind sie aber nicht – sie wollen vielmehr Langzeitarbeitslose voran bringen und gemeinsam mit ihnen den Bau des neuen Bewohnertreffs unterstützen. Ihr langfristiges Ziel ist es, die Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation in der Wohnanlage tatkräftig zu begleiten.
Bundesweit 500 Bewerber
Seit November hat Kluge das Projekt vorbereitet. Mit ihrem Konzept zur "Qualifizierung vor Ort" hatte sich die WABeQ beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung beworben und sich schließlich gegen rund 500 Mitbewerber aus dem gesamten Bundesgebiet durchgesetzt: Drei von 90 BIWAQ-Projekten deutschlandweit konnten die WABeQ und zwei andere Träger nach Bremen holen. "Mit dem Projekt wollen wir Menschen erreichen, die negative Erfahrungen gemacht oder auch Ängste haben, die vielleicht gar nicht mehr zu Terminen gehen, sich ein Stück weit selbst aufgegeben haben und sich nicht zutrauen, eine Qualifizierung zu erreichen. Unser Ansatz ist: Wir gehen auf sie zu und wollen mit ihnen gemeinsam ein Stück Wirklichkeit verändern, das Zutrauen zu sich selbst stärken und nachweisen, dass sie etwas verändern können", erklärt WABeQ-Geschäftsführer Ernst Schütte das Konzept.
Und so funktioniert das Ganze: Das Projekt wendet sich an Arbeitslosengeld-II-Empfänger aus Gröpelingen, die zwischen 25 und 50 Jahre alt sind – mit und ohne Migrationshintergrund. Im Projekt sollen sie den Arbeitsalltag und verschiedene Maschinen und Materialien kennenlernen, dabei gibt es vier inhaltliche Schwerpunkte: Die Schneiderei im Haus Nummer 50 gleich nebenan, den Bereich Hauswirtschaft in den WABeQ-Räumlichkeiten an der Getreidestraße sowie die Abteilung Garten- und Landschaftsbau und den Bereich Bau mit Holz, Stein & Co auf einer großen Parzelle einen Block weiter an der Wasserhorster Straße.
Ergänzend zu den Praxistagen suchen die pädagogischen Mitarbeiterinnen Birgit Dörr und Monika Keiner und Arbeitspädagoge Maik Scheidweiler gemeinsam mit den Teilnehmern nach deren Potenzialen und betreuen sie auf dem schwierigen Weg, private und berufliche Perspektiven zu entwickeln.
Zu Beginn werden handwerkliche Grundkenntnisse vermittelt, um Schuhregale, Werkzeugkisten oder Pflanzkästen zu bauen. Es wird gesät, gepflanzt und gepflastert. Auch kleine Reparaturen im Haushalt werden geübt. "Wir legen viel Wert auf Teamarbeit", betont Ralf Büteröwe, Anleiter im Bereich Hochbau. Gabi Hagel zeigt in der Schneiderei einfache Nähtechniken, mit denen Kissen, T-Shirts und anderes für den Eigenbedarf genäht werden können. Beim Kochen mit Veronika Wulf lernen die Teilnehmerinnen nicht nur etwas über die grundlegenden hygienischen Anforderungen und die richtige Aufbewahrung von Nahrungsmitteln, sondern auch, wie sich gesund und günstig kochen lässt.
Das Jobcenter, mit dem laut Kluge eine enge Kooperation besteht, weist die Teilnehmer jeweils für ein halbes Jahr zu; die Maßnahme kann anschließend verlängert werden. 40 Teilnehmer aus Gröpelingen gib es inzwischen schon, sie bekommen weiterhin Arbeitslosengeld II und die Fahrtkosten für ein Stadt-Ticket. Bis Oktober 2014 wollen Kluge und ihre Kollegen direkt vor Ort sein, um die Menschen im Quartier mit Rat und Tat zu unterstützen.