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Unterstützung für Patienten und Heimbewohner Erste Hilfe auch beim Wählen

Selbstverständlich sollen auch sehr kranke und gebrechliche Menschen am kommenden Sonntag den nächsten Bundestag wählen können. Das Wahlamt hat deshalb schon vor Wochen Kliniken und Heime kontaktiert.
22.09.2021, 06:00 Uhr
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Erste Hilfe auch beim Wählen
Von Joerg Helge Wagner

Wie kann man sein Wahlrecht wahrnehmen, wenn man bettlägerig ist oder in seiner Mobilität stark eingeschränkt? Die Betreiber von Krankenhäusern und Pflegeheimen in Bremen bieten ihrer Klientel  Unterstützung an. Grundlage ist eine vierseitige "Unterrichtung" samt Anlagen und Vordrucken, die das Statistische Landesamt/Wahlamt im Juli an die entsprechenden Einrichtungen verschickt hat.

Darin wird detailliert beschrieben, wie die Kliniken für Patienten die Briefwahlunterlagen oder auch noch einen Eintrag in das Wählerverzeichnis beantragen können. Selbst für den Fall, dass jemand ganz kurzfristig ins Krankenhaus muss, ohne vorher per Brief gewählt zu haben, gibt es eine Lösung: Bei "nachgewiesener plötzlicher Erkrankung" kann der Antrag sogar noch am Wahltag bis 15 Uhr gestellt werden. Dazu "ist jedoch in der Regel die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung erforderlich", betont das Wahlamt. Wer bereits im Krankenhaus liegt, muss seinen Briefwahlantrag bis spätestens Freitagabend um 18 Uhr gestellt haben.

Da Bettlägerige ihre Briefwahl-Unterlagen nicht selbst beim Wahlamt abholen können, müssen sie Angehörige oder jemanden vom Klinikpersonal damit beauftragen. Der oder die Betreffende braucht wiederum neben dem persönlich unterschriebenen Antrag des Patienten und dessen Wahlbenachrichtigung auch noch eine Vollmacht von ihm oder ihr. Zudem darf eine bevollmächtigte Person nicht mehr als vier Wahlberechtigte vertreten, das muss sie beim Empfang der Unterlagen schriftlich versichern.

Aber selbst wenn die Unterlagen dann beim Patienten sind, kann es noch Hürden vor der Stimmabgabe geben: Wer gar nicht in der Lage ist, den Stimmzettel zu kennzeichnen, zu falten, in den Umschlag zu stecken und diesen zu verschließen, braucht weitere Unterstützung. Das kann zum Beispiel zeitweilig oder dauerhaft Erblindete betreffen oder Schlaganfall-Patienten. Hier wird Hilfe heikel, denn sie berührt das Wahlgeheimnis, und das hat nach Artikel 38 des Grundgesetzes Verfassungsrang.

Entsprechend strikt sind die Vorgaben des Wahlamtes. Demnach ist die Hilfsperson nicht nur zur Geheimhaltung ihrer Kenntnisse über die Wahlentscheidung ihres Patienten verpflichtet - sie muss auch noch eidesstattlich versichern, dass sie den Stimmzettel "gemäß dem erklärten Willen des Wählers oder der Wählerin" gekennzeichnet hat. Vorsorglich weist man darauf hin, dass Verstöße dagegen nach einer ganzen Reihe von Strafrechtsparagrafen Konsequenzen haben.

Für alle Patienten, die ihren Briefwahlzettel selbst ausfüllen und eintüten können, sollen die Krankenhäuser "soweit möglich" einen geeigneten Raum ausweisen. "Der Patient bekommt die Wahlunterlagen ausgehändigt und kann den verschlossenen Umschlag wieder beim Personal abgeben. Der Umschlag wird dann von unserem Personal rechtzeitig im Wahllokal abgegeben", beschreibt Karen Matiszick den Ablauf. Die Sprecherin des städtischen Klinikverbundes Gesundheit Nord betont auch: "Erfahrungsgemäß kommt es allerdings nur sehr selten vor, dass Patientinnen oder Patienten wählen möchten. In der Regel sind sie so krank, dass die Wahl für sie keine große Rolle spielt."

"Für bettlägerige Patientinnen und Patienten übernehmen unsere Stationshilfen gern die Kuvertierung sowie den Einwurf der kuvertierten Wahlunterlagen", heißt es im Klinikum Bremerhaven. Ähnlich läuft es auch im Krankenhaus St.Joseph-Stift, im Diako und im Rotes Kreuz Krankenhaus. "Was wir leider nicht anbieten können, ist ein Fahrdienst zum Wahllokal", sagt dessen Sprecherin Dorothee Weihe. In der Paracelsus-Klinik wiederum könne man "in Einzelfällen selbstverständlich einen Transport organisieren, damit Patientinnen und Patienten wählen können", erklärt Sprecher Victor Lemeshko. 

Der Wahlvorstand besucht die einzelnen Häuser und geht von Zimmer zu Zimmer.
Regina Bukowski, Diakonie-Sprecherin 

Noch weiter geht der Service in einigen Pflegeeinrichtungen der Diakonie Bremen. Friedehorst stellt ohnehin seinen großen Saal als offizielles Wahllokal zur Verfügung, während im Johanniterhaus am Sonntag ab 14 Uhr ein Wahllokal mit offiziellen Wahlvorständen eingerichtet wird. "Immobile Bewohnerinnen und Bewohner werden von den Wahlvorständen in ihren Zimmern oder Wohnungen aufgesucht", ergänzt Diakonie-Sprecherin Regina Bukowski. Zusätzliche "mobile Wahllokale" gebe es auch in Friedehorst: "Das heißt, der Wahlvorstand besucht die einzelnen Häuser und geht von Zimmer zu Zimmer, um eine sichere und geheime Wahl für alle diejenigen zu ermöglichen, die das Bett oder ihr Zimmer nicht verlassen können." Damit solche "beweglichen Wahlvorstände" in eine Einrichtung kommen, müssten dort mindestens 40 Wahlberechtigte untergebracht sein, sagt Bukowski.

Bei der Caritas verweist man auf das offizielle Wahllokal in ihrem Zentrum in der Georg-Gröning-Straße. Bewohner anderer Einrichtungen würden bei der Briefwahl unterstützt. Ähnlich hält es die Awo: "Wenn in der Einrichtung ein Wahllokal eingerichtet ist, planen wir zum Teil zusätzliches Personal ein, das den Bewohnern bei der Überwindung der Strecke zum Wahllokal behilflich ist", erläutert Sprecherin Anke Wiebersiek.

Zur Sache

Wahlberechtigung

"Wählen kann nur, wer in einem Wählerverzeichnis eingetragen ist oder einen Wahlschein hat", schreibt das Wahlamt Bremen. Der Unterschied: Mit einem vom Wahlamt ausgestellten Wahlschein kann man überall in seinem Wahlkreis die Stimme abgeben oder durch Briefwahl teilnehmen. Beim Eintrag in Wählerverzeichnis ist man an den entsprechenden Wahlbezirk und ein Wahllokal gebunden - es sei denn, man beantragt Briefwahl.

Wahlberechtigte, die am 15. August im Land Bremen mit Hauptwohnsitz gemeldet waren, werden "von Amts wegen" im Wählerverzeichnis geführt. Sie haben eine Wahlbenachrichtigung erhalten. War das nicht der Fall, konnten sie bis zum 10. September das Wählerverzeichnis durch Einsichtnahme beim Wahlamt prüfen und gegebenenfalls schriftlich Einspruch dagegen einlegen. 

Briefwahlunterlagen kann man noch bis Freitag 18 Uhr beim Wahlamt persönlich oder schriftlich beantragen. Der dafür notwendige Antrag auf einen Wahlschein ist auf die Rückseite der Wahlbenachrichtigung gedruckt. Liegt diese nicht vor, ist das Antragsformular auch im Wahlamt erhältlich.

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