Die Bürgerschaft wird sich voraussichtlich in der kommenden Woche mit einer Änderung des Wahlrechts befassen, die dann erstmals zur Bürgerschaftswahl im Mai 2019 zum Tragen kommen wird. Der vom Parlament für diese Frage eingesetzte Ausschuss hat am Dienstag abschließend über das Maßnahmenbündel beraten. Kern der von allen Parteien – außer der FDP – getragenen Reform ist eine Änderung bei der Gewichtung der Stimmen für die Listen der Parteien und ihrer einzelnen Bewerber.
Stärkere Kontrolle
2011 hatten die Bürger erstmals die Möglichkeit, fünf Stimmen auf Listen oder einzelne Kandidaten zu verteilen. Künftig soll es so sein, dass die Sitzzuweisung für eine Fraktion in der Bürgerschaft zuerst über die Personen- und dann über die Listenstimmen erfolgt. Durch die geplante Korrektur werden die Listenvorschläge der Parteien allerdings auch wieder mehr Gewicht erhalten. In einem Bericht für den Wahlrechtsausschuss heißt es, dies diene „einer repräsentativeren Abbildung und Vertretung der Gesellschaft im Parlament in Bezug auf Geschlecht, Alter, unterschiedliche Berufe und Wohnregionen“. Ein offenes Geheimnis ist allerdings, dass die Parteien durch die Änderung wieder eine stärkere Kontrolle darüber erlangen wollen, wer über ihre Listen ins Parlament gelangt. Mehrere Fraktionen hatten zuletzt schlechte Erfahrungen mit Mitgliedern gemacht, die nur aufgrund der Unterstützung durch bestimmte ethnische Gruppen ein Mandat errungen hatten. Genannt sei nur der skandalumwitterte frühere SPD-Abgeordnete Patrick Öztürk.
Die parteilose frühere Grünen-Abgeordnete Susanne Wendland kritisierte in einer schriftlichen Erklärung die jetzt angebahnten Änderungen. Den Initiatoren gehe es parteiübergreifend darum, „das Wahlrecht nach Gusto der Funktionäre zu ändern und im Endeffekt den Einfluss der Wählerinnen und Wähler zu verringern. Das ist nicht im Sinne gelebter Demokratie“, findet Susanne Wendland.
Die geplante Wahlrechtsänderung sieht auch vor, dass in der nächsten Bürgerschaft die Stadtgemeinde Bremen einen zusätzlichen Abgeordnetensitz erhalten soll. Damit trägt die Reform der unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung im Zwei-Städte-Staat Rechnung. Und schließlich ist vorgesehen, dass künftig auch Menschen, die vollständig unter Betreuung stehen, wählen dürfen. Das betrifft bremenweit ungefähr 100 Personen.