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Weniger Termin-Buchungen Misstrauen gegen Astra-Zeneca bremst Impfkampagne in Bremen

Bremens Impfrate ist überdurchschnittlich, doch die Immunisierung der Bevölkerung stockt trotz vieler Einladungen: Offenbar werden wenig Termine vereinbart, wenn mit Astra-Zeneca geimpft werden soll.
21.04.2021, 19:52 Uhr
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Misstrauen gegen Astra-Zeneca bremst Impfkampagne in Bremen
Von Joerg Helge Wagner

Im Bremer Impfzentrum in Messehalle 7 herrscht öfter wenig Betrieb, obwohl reichlich Impfeinladungen verschickt werden. Vonseiten der Gesundheitsbehörde heißt es dazu, das hänge mit den unterschiedlichen großen Lieferungen zusammen: Beispielsweise würden in einer Woche 2400 Dosen eines Impfstoffes angeliefert und in einer anderen 7200 Dosen.

Das ist nicht der einzige Grund: „Wir erleben bei den Jahrgängen zwischen 67 und 70 Jahren, die jeweils ein Impfangebot mit dem für sie vorgesehenen Impfstoff Astra-Zeneca erhalten haben, ein deutlich zurückhaltenderes Buchungsverhalten“, räumt Behördensprecher Lukas Fuhrmann ein. Termine für andere Impfstoffe seien bis Ende Mai nahezu ausgebucht.

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Womöglich seien etliche der Eingeladenen verunsichert über die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffes von Astra-Zeneca und warteten lieber ab, ob sie vielleicht bei einem niedergelassenen Arzt Biontech erhalten. Für die Wirksamkeit der gesamten Impfkampagne sei dies „negativ zu bewerten“, bedauert Fuhrmann. „Idealerweise ist keine Zeit abzuwarten, zumal beide Impfstoffe sorgfältig geprüft und sicher sind.“ Die extrem seltenen Nebenwirkungen seien fast nur bei jüngeren Personen aufgetreten.

Die Gesundheitsbehörde hält es deshalb für „vorstellbar“, allen unter 60-Jährigen ein offenes Angebot zu machen – also eine Impfung mit Astra-Zeneca ohne vorherige Einladung und Terminbuchung. Dies allerdings erst, sobald mehr Astra-Impfstoff zur Verfügung steht, als es Impfberechtigte über 60 Jahre gibt. „Astra-Zeneca ist nicht verboten für unter 60-Jährige“, betont Fuhrmann. Die Ständige Impfkommission empfehle lediglich eine sorgfältige ärztliche Aufklärung. Noch herrscht Knappheit bei den Impfstoffen. Deshalb beinhaltet der Anspruch auf Schutzimpfung weiterhin nicht das Recht, den Impfstoff eines bestimmten Herstellers zu wählen.

Für Patienten, die noch keine 60 Jahre alt sind und sich trotzdem mit Astra-Zeneca behandeln lassen würden, hätten die Kassenärzte gerne eine klare Ansage des Robert Koch-Instituts oder des Bundesgesundheitsministeriums. „Da erwarten wir schnellstmöglich eine Handhabe“, sagt Christoph Fox von der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB). „Außerdem fordern wir, dass für den Astra-Zeneca-Impfstoff die Priorisierung aufgehoben wird.“ Dann müssten die Praxisärzte bei übrig gebliebenen Dosen nicht erst in die Wartelisten schauen, sondern könnten einfach die nächstbesten Patienten impfen, die dazu bereit sind.

Auch in Bremens Arztpraxen wird Astra-Zeneca verimpft: In dieser Woche liegt der Anteil bei 55 bis 60 Prozent. In der kommenden Woche werde nur Biontech geliefert, sagt Fox. Die Dosen werden von den Praxen nach wie vor in wöchentlichen Chargen bei den Apotheken bestellt. Dort werden sie aufbereitet und haben dann eine Haltbarkeit von fünf Tagen.

Das scheint selbst bei Astra-Zeneca kein Problem zu sein, Vorbehalte gegen dieses Vakzin lassen sich in den Praxen offenbar eher überwinden. Zwar habe im Vorfeld zu Astra-Zeneca-Impfungen rund die Hälfte der Patienten „erhebliche Zweifel“, berichtet Hans-Michael Mühlenfeld, der als Vorsitzender des Bremer Hausärzteverbandes für rund 250 Kollegen repräsentiert. Doch diese Bedenken ließen sich durch das oft langjährige Vertrauensverhältnis auflösen. Weniger als drei Prozent der Angebote würden am Ende abgelehnt. Leerlauf entstehe nicht, „da wir die Patienten im Vorfeld beraten und nur bei einer Zusage den Termin vereinbaren“.

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Trotzdem kommt es manchmal vor, dass Dosen übrig bleiben, weil Termine nicht eingehalten werden. „Die Praxen sind angehalten, den Impfstoff kurzfristig an anderen Patienten aus einer Priorisierungsgruppe zu verimpfen“, betont KVHB-Sprecher Fox. „Freie Impfdosen können wir taggleich mit Personen aus den Wartelisten verimpfen“, so der Allgemeinmediziner Mühlenfeld. Gibt es auch Patienten, die im Impfzentrum ihren Wunsch-Impfstoff nicht erhalten haben und die sich an die Hausärzte wenden? „Öfters habe ich es andersherum erlebt“, berichtet Mühlenfeld. „Über 60-jährige Patienten, denen wir Astra-Zeneca angeboten haben, informieren uns später, dass sie nun vom Impfzentrum Biontech erhalten können.“

Wenn der Termin dort einmal gebucht ist, spielt der Impfstoff offenbar nicht mehr so eine große Rolle. In den ersten drei April-Wochen kamen 445 Impfberechtigte nicht zu ihrem Astra-Termin, bei Biontech waren es 372. Insgesamt wurde in diesem Zeitraum 56.000 Impfungen im Messezentrum vorgenommen.

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