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Der erste Tag im "Selfair"-Laden Wie Bremen jagt und sammelt

Der "Selfair"-Lebensmittelladen von Selcuk Demirkapi kommt bei den Menschen gut an. Demirkapi weckt mit seinem Laden alte Instinkte beim Konsumenten, die er im normalen Supermarkt anscheinend vermisst.
05.10.2016, 17:45 Uhr
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Wie Bremen jagt und sammelt
Von Katharina Elsner

Im "Selfair"-Lebensmittelladen von Selcuk Demirkapi nimmt der Käufer mehr als unverpacktes Essen mit nach Hause. Demirkapi weckt mit seinem Lebensmittelladen alte Instinkte beim Konsumenten, die er im normalen Supermarkt anscheinend vermisst.

Die Paranüsse stecken fest. Die Frau hält ihre Plastedose unter die Öffnung, drückt den Hebel. Nichts bewegt sich. Ihr Begleiter muss helfen, er hält die Dose, sie haut dann mir der flachen Hand gegen den Behälter, dreimal. Dann fallen die Paranüsse in die Box.
Das ist an diesem Mittwochnachmittag aber fast das einzige, was bei Selcuk Demirkapi hakt. Ansonsten scheint der 31-Jährige ein glückliches Händchen bewiesen zu haben, was die Eröffnung des „Selfair“-Lebensmittelladens angeht. Das Viertel liegt um die Ecke – ein Wohngebiet, in dem potentiell mehr Menschen wohnen, die Wert darauf legen, nachhaltig und umweltbewusst zu leben. Auf der anderen Seite schließen sich Peterswerder und Schwachhausen an, in dem potentiell die Menschen leben, die sich das auch leisten wollen. Und: Demirkapi deckt eine weitere Zielgruppe ab: Alleinstehende wie Sigrid Seidel. Für sie seien große Verpackungen unnötig, vor allem Dinge wie Mehl, die sie nur „einmal im halben Jahr zum Panieren“ brauche.

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So wie Seidel fließen im Minutentakt andere Menschen durch die gläserne Eingangstür. Manche schauen sich nur um, die meisten fragen, wie das Konzept funktioniere, ob man eigene Behälter mitbringen könne, manchmal bilden sich sogar kleine Schlangen an der Kasse. Auch Kinder scheinen es zu mögen, sich selbst Müsli zusammenzustellen – wie die von Nicole Baum. Wenn sie einmal pro Woche nun dort Müsli kaufe, statt in einer Verpackung im Supermarkt, spare sie Müll ein, sagt Demirkapi. Ausgerechnet hat er nicht, wie groß die Ersparnis sei, schließlich kommen die Lebensmittel ja nicht unverpackt in seinen Laden, sondern in Säcken. Er fülle es dann um.

Ein Problem dabei: Auf den Säulen stehen nicht die Inhaltsstoffe, auch keine Allergene. Das wird zum zweiten Problem für die Frau, die zu Beginn mit den Nüssen gekämpft hat. Sie hatte ein eigenes Glas mitgebracht, 700 Gramm Müsli stecken da nun drin. Dann stellt sie fest, dass Rosinen enthalten sind. Die mag sie nicht. Demirkapi nimmt es zurück, und die Frau kann ein neues Müsli mit nach Hause nehmen.

Überhaupt fällt auf: Die meisten Menschen gehen mit einem Lächeln aus dem Laden. Vielleicht hat Demirkapi in ihnen den kleinen Überrest der Jäger und Sammler geweckt, der einst Mammuts jagte und Beeren und Nüsse pflückte. Sich selbst Müsli zu zapfen liegt vielleicht eher in unserer Natur, als verpackte Dinge in einen Einkaufswagen zu legen. Es ähnelt ein bisschen dem Ikea-Prinzip, am Ende ist der Konsument glücklich, etwas selbst erschaffen - oder eben selbst gepflückt zu haben.

In Bremen gibt es noch weitere Läden, die zum Teil Lebensmittel unverpackt oder plastikfrei anbieten. Zum Beispiel Oecotop in der Neustadt, die neben Gemüse auch Zapfsäulen haben, in denen Getreide und Nüsse stecken. Auch die Aleco-Supermärkten oder die Flotte Karotte in Findorff haben großteils unverpacktes Gemüse, diverse Mehl- und Getreidesorten in plastikfreien Verpackungen. Joghurt, Milch und Sahne gibt es in Pfandgläsern.

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