Seit Jahren kritisieren AfD-Mitglieder bundesweit die Berichterstattung der "Mainstream-Medien" und fordern mehr als nur die Abschaffung des Rundfunkbeitrages. Der freiberufliche TV-Reporter Hinrich Lührssen, der neuerdings dem Landesvorstand der Bremer AfD angehört, sieht das anders und ist damit nicht auf Parteilinie.
Radio Bremen hatte Mitte der Woche klargestellt, dass Journalist Lührssen keine Aufträge mehr bekommt, weil Journalisten frei berichten sollen (wir berichteten). Die Ansichten zu Medien und den Öffentlich-Rechtlichen in der Bremer AfD gehen weit auseinander, wie auch eine Diskussion in der Bürgerschaft zeigt.
In einer persönlichen Mitteilung hatte Lührssen bereits deutlich gemacht, dass er sich innerhalb der AfD für den Fortbestand der öffentlich-rechtlichen Sender einsetzen wolle. Das bekräftigt er auch nach der von Radio Bremen verordneten Sendepause. Auf Nachfrage des WESER-KURIER sagte Lührssen: "Die Abschaffung der Öffentlich-Rechtlichen wäre ein Fehler."
Ganz anders sieht das der AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Alexander Tassis: "Der Zwangsrundfunkbeitrag gehört nach AfD-Meinung abgeschafft. Es muss eine politische Debatte und keine finanzielle über das Verhalten der Medien geben", sagte Tassis am Mittwoch bei einer Diskussion über den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in der Sitzung des Landtages.
Über einen abgelehnten Antrag der FDP-Fraktion, der vorsah die Öffentlich-Rechtlichen mehr zu fokussieren und die Rundfunkbeiträge langfristig zu senken, sagte Tassis: "Der FDP-Antrag ist die letzte Rettung, in ihrem rot-grün-schwarzen, rosa-roten Sinne noch zu einem Dialog mit den Bürgern zu kommen, die höchste Bedenken haben den Zwangsrundfunkbeitrag zu entrichten." Der FDP-Antrag sei "selbstverständlich nicht AfD-Linie", sondern eine mittlere Linie einer liberalen Partei, das Rundfunkwesen in irgendeiner Weise zu reformieren.
Bremer Bürgerschaftsabgeordneter der AfD äußert Kritik am Rundfunk
Tassis ging in seinem Redebeitrag auf viele freie Blogs von der libertären Bewegung bis zu den Nationalkonservativen ein, die Kritik am System und auch am Rundfunk äußern. "Das übertrifft bei Weitem das, was diese unerträglichen ,Tageschau’- und Sonstwas-Sender zur aktuellen Politik von sich geben. Das ist das Erwachen eines neuen Bewusstseins in diesem Staat", sagte Tassis. Die AfD lehne "selbstverständlich die Art des Rundfunkstaatsvertrages ab".
Dem will sich Lührssen nicht anschließen. "Es sind zwei Einzelmeinungen", sagte Lührssen. Das bewege nicht die ganze Partei. Allerdings habe auch er Kritikpunkte. So seien beispielsweise bei der Berichterstattung über die Silvesternacht in Köln oder über Ausländerkriminalität Fehler gemacht worden. Lührssen ist kooptiertes Mitglied im Landesvorstand der AfD. Dieser Posten sei ihm angeboten worden, weil sich die Partei in Bremen breiter aufstellen wolle. Er müsse bei einer Mitgliederversammlung im kommenden Jahr noch gewählt werden. Bis dahin könne ihn der Vorstand auch jederzeit wieder rauswerfen.
Das Verhältnis zwischen AfD zu Medien ist angespannt. Im Mai hatte beispielsweise der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Jürgewitz einen „Buten und Binnen“-Redakteur als „linksradikalen Journalisten“, der „unter den gebührenbezahlten Medienverdrehern eingestellt“ worden sei, bezeichnet.
Ein AfD-Funktionärsposten sei etwas anderes als ein Parteibuch zu haben, hatte Radio Bremen angesichts der Vorgänge klargestellt und Lührssen die Aufträge abgesagt. Dass der Sender keine journalistischen Auftritte von Funktionären politischer Parteien zulasse, gelte für alle Parteien gleichermaßen. Auf Nachfrage bei anderen Bremer Parteien, gibt es zwar Journalisten, die ein Parteibuch haben. Einen Funktionsträger oder ein Landesvorstandsmitglied gibt es aber bei der SPD, Grünen, CDU, Linken, FDP oder BiW nicht.