Hossam Sharaf öffnet den Kühlschrank. An der Tür klebt ein blaues Schild mit der Aufschrift "Biontech". "In dem Kühlschrank lagert der Vorrat an Impfstoff, der heute im Impfzentrum benötigt wird", sagt der Apotheker. Zwei Vakzine kommen in dem Anfang Dezember eröffneten Zentrum am Brill zum Einsatz, neben Comirnaty von Biontech der Moderna-Impfstoff Spikevax. Auch dafür gibt es einen eigenen Kühlschrank – mit rotem Plakat an der Tür.
Mehrere Male am Tag werden die Kühlschranktüren geöffnet und Ampullen für die Aufbereitung des Impfstoffs herausgenommen. Der Bereich für diese Rekonstitution – so der Fachbegriff – befindet sich dort, wo früher hinter Sicherheitsglas Bargeld ein- und ausgezahlt wurde. Die neue Währung sind die Impfstoffe. Wie früher gelten aber auch heute strikte Zugangsbeschränkungen. Astrid Herting zeigt auf Markierungen am Boden: "Ab hier heißt es: Zutritt nur mit Schutzkleidung, Überziehern für die Schuhe, mit Handschuhen und selbstverständlich FFP2-Masken, die ohnehin im gesamten Impfzentrum getragen werden müssen." Herting ist seit einem Jahr leitende Apothekerin des Impfzentrums, bis Herbst noch in der Messehalle, und arbeitet für die Johanniter-Unfall-Hilfe.
Links und rechts an den Wänden im Apothekenbereich stehen lange Tischreihen. An ihnen werden die Impfstoffe von Biontech und Moderna aufbereitet. Das Farbkonzept gilt auch hier: ein blaues Schild für Biontech auf der einen, ein rotes für Moderna auf der anderen Seite. Apotheker Sharaf stellt ein Kunststoff-Tablett mit Comirnaty-Ampullen aus dem Kühlschrank vorsichtig auf dem Tisch ab. "Der Biontech-Impfstoff ist sehr empfindlich und sensibel, was Erschütterungen betrifft", sagt er. Nicht nur das: Auch die Aufbereitung ist aufwendiger. Vor dem Aufziehen der Spritzen muss er mit Kochsalzlösung (Natriumchlorid) verdünnt werden. "Bei Moderna ist das nicht notwendig. Auch deshalb ist er Apothekers Liebling", sagt Herting.
Am Aufbereitungsplatz liegt alles parat: sechs Spritzen, sechs Kanülen, Kochsalzlösung (Natriumchlorid), eine Aufziehkanüle, Tupfer, eine – blaue – Schale für die fertigen Biontech-Impfspritzen. Und ein Zettel, in den die Uhrzeit der Zubereitung und bis wann die Spritzen verwendet werden können, eingetragen wird.
Als erstes kontrolliert der Apotheker den Impfstoff im Fläschchen auf Verfärbungen oder Partikel und gleicht die Chargennummer ab. Zehnmal wird die Ampulle dann vorsichtig geschwenkt, "auf keinen Fall darf sie geschüttelt werden, das macht den Impfstoff unbrauchbar", erklärt Sharaf. Zum Verdünnen werden 1,8 Milliliter Kochsalzlösung in einer Spritze aufgezogen – eine Kollegin überprüft die Menge und begleitet die Arbeitsschritte. "Das Vier-Augen-Prinzip gilt immer, teilweise sogar ein Sechs-Augen-Prinzip", betont Herting. "Bremen hat von Beginn an auf sehr hohe Standards bei allen Arbeitsabläufen und auf den Einsatz von Fachpersonal gesetzt. Das tun wir zum Schutz der Bevölkerung. Fehler dürfen nicht passieren. Wir sind nicht in einem Restaurant, wo ein falscher Cocktail gebracht wird."
1,8 Milliliter sind perfekt
Der Blick auf die Messskala zeigt 1,8 Milliliter. Perfekt. Sharaf spritzt die Kochsalzlösung in das Impfstoff-Fläschchen, für den Druckausgleich müssen anschließend 1,8 Milliliter Luft aus der Ampulle aufgezogen werden. Es wird "entlüftet". Jetzt sind die Impfspritzen an der Reihe: Ein Biontech-Fläschchen ergibt sechs Impfdosen. 0,31 Milliliter werden mit einer Ein-Milliliter-Spritze aufgezogen, "damit man später 0,3 Milliliter im Arm hat", erklärt Sharaf. Wegen des Totraumvolumens, das vorher berechnet wurde, wird etwas mehr aufgezogen." Die sechs Impfspritzen werden eine nach der anderen – vorsichtig – in die blaue Schale gelegt, wo sie in einer Endkontrolle noch einmal überprüft werden Erst dann können sie zu den Impfkabinen gebracht werden.
Der Moderna-Impfstoff hat eine eigene Spezialität: Für den Booster wird nur die Hälfte der Dosierung benötigt, 50 Mikrogramm. Bei Erst- und Zweitimpfungen 100 Mikrogramm. Deshalb gibt es für die Spikevax-Spritzen zwei Farben bei den Schalen: Rot für die volle und gelb für die halbe Dosis. Die 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereiten im Schnitt täglich 3000 Impfspritzen auf. 90 bis 100 Ampullen des Herstellers Moderna, 170 bis 190 Ampullen von Biontech werden etwa am Tag geleert.