Herr Heldmann, Themen wie fehlender Wohnraum und steigende Mieten belasten die meisten Stadtbewohner mehr als die Frage, ob es irgendwo eine Grünfläche mehr oder weniger gibt. Können Sie das nachvollziehen?
Stephan Heldmann: Natürlich. Da wir eine sehr starke Nachfrage nach Wohnfläche in den Ballungszentren haben, und dieser Drang wird auch eher zunehmen als abnehmen, stellt sich ja die Frage: Warum ziehen Leute in die Städte? Weil sie dort wegen der harten Standortfaktoren bessere Rahmenbedingungen vorfinden, aber die weichen Standortfaktoren, und dazu zählt das öffentliche Grün, haben auch eine ganz wesentliche Funktion. Grünflächen werden aus unserer Wahrnehmung in den letzten Jahren wesentlich mehr nachgefragt.
Das heißt, der Aufenthalt im öffentlichen Raum und im öffentlichen Grün hat eine andere Dimension erreicht und einen Bedeutungszuwachs erfahren, auch weil sich mehr Leute in der Stadt aufhalten.
Beim Gründialog diskutieren Sie unter anderem über Stadt-Begrünung. Bremen ist laut Statistischem Landesamt die grünste Großstadt Deutschlands. Sehen Sie trotzdem Raum für Verbesserungen?Ich glaube, die Probleme mit öffentlichem Grün ähneln sich an vielen Orten in der Bundesrepublik. Dabei meine ich nicht nur, dass die Stadt per se einen hohen Grünanteil hat, das hat Frankfurt auch. Circa 50 Prozent der Stadt sind nicht bebaut, wiederum die Hälfte davon ist tatsächlich öffentliches Grün. Aber man muss auch sehen, wo diese Flächen zur Verfügung stehen und von wem sie genutzt werden.
Die Kernfrage ist also nicht die Menge des Grüns, sondern seine Erreichbarkeit. Wenn sie der Naherholung dienen sollen, müssen Grünflächen eine gewisse Größe aufweisen, eine qualitativ hochwertige Ausstattung haben und nah am Wohnort des Stadtbürgers sein. Ein großer Park nützt also nichts, wenn es ansonsten kaum Grünflächen in der Stadt gibt. Es kommt auf die Verteilung an.
Das Rennbahngelände hatte eine klassische Aufteilung wie auch in Bremen: außen die Funktion als Rennbahngelände für Pferdesport und in der Mitte eine Golfanlage. Teile der Anlage waren aber schon lange Zeit als schützenswert ausgewiesen. Wir haben einen Teil Bannwaldfläche, die unangetastet bleibt, und wir haben sogenannte Magerrasenflächen, die wir auch in der weiteren Planung zwischen einer neu entstehenden DFB-Akademie und dem Bürgerpark aus Naturschutzgründen erhalten werden.
Aufgrund dieser Flächenaufteilung haben wir geschaut, wie wir mit der verbleibenden Fläche und ihrer Größe umgehen. Da wir in Zukunft einen noch stärkeren Einwohnerzuwachs und damit eine Verdichtung der Stadt erfahren werden, ist uns die Ausweisung neuer Grünflächen grundsätzlich sehr wichtig. Die Bürgerbeteiligung hat hier gut funktioniert. Auch wenn wir der Partizipation grundsätzlich kritisch gegenüberstehen, ist sie notwendig.
Sind Sie zufrieden mit dem Ausgang des Bürgerentscheids zum Frankfurter Rennbahngelände?Wir hätten nicht unbedingt in diesem Bereich eine neue Grünanlage gebraucht, weil es dort eine relativ große Stadtwaldfläche gibt, aber insgesamt haben wir eher eine Unterversorgung als eine Überversorgung. Da die Öffentlichkeit beteiligt war, kann ich sagen, dass das, was jetzt in der Planung vorgesehen ist, auch demokratisch legitimiert ist. Ob die Umsetzung am Ende der Mehrheit des Bürgerwillens entspricht, wird man sehen. Aber wenn Sie eine Grünfläche anbieten, wird sie auch angenommen. Für den bisherigen Planungsprozess kann ich nur sagen: Wir haben das Beste draus gemacht.
Stephan Heldmann (62) leitet seit 2004 das Frankfurter Grünflächenamt. Er ist Vizepräsident der Gartenamtsleiterkonferenz und Vorsitzender des AK Stadtentwicklung, die auch den Deutschen Städtetag berät.
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Unter dem Titel „Bremen – eine grüne Stadt mit Zukunft?“ lädt das Bündnis Grünes Bremen für diesen Dienstag um 19 Uhr zum Dialogforum Grün in die Architektenkammer, Geeren 41, ein. Stephan Heldmann wird einen Vortrag zu dem Thema „Zukunft Grün in der Stadt – Herausforderungen und Perspektiven“ halten.