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Abkehr von Achim-West Unternehmen Vitakraft plant seine Zukunft woanders

Gern würde Vitakraft weiter auf das künftige Gewerbegebiet Achim-West expandieren. Doch das Unternehmen sucht nun woanders, weil die Politik bei der Planung nicht vorankommt. Das Vorzeigeprojekt bröckelt.
12.05.2022, 05:00 Uhr
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Von Felix Gutschmidt Florian Schwiegershausen

Vitakraft hat die Erweiterung des Unternehmens auf das künftige Gewerbegebiet Achim-West aufgegeben. Das hat der Hersteller für Heimtierbedarf dem WESER-KURIER mitgeteilt. Die Geduld der Firma, die am Bremer Kreuz verwurzelt ist, scheint damit ein Ende zu haben. Vitakraft-Sprecher Dieter Meyer sagt: „Wir glauben nicht mehr daran, dass auf absehbare Zeit die Planung für das Gewerbegebiet vorankommen wird.“ Gern hätte sich das Unternehmen bei der nächsten anstehenden Flächenerweiterung auf die andere Seite der A1 ausgedehnt.

Aber die Planungen für das neue Gewerbegebiet stecken fest. Längst sollte der Planfeststellungsbeschluss vorliegen, aber darauf warten die Beteiligten bis heute. Dabei sollte Achim-West zu einem Vorzeigeprojekt für andere Kommunen werden. Denn über eine gemeinsame Projektgesellschaft entwickeln die Städte Achim und Bremen die Flächen gemeinsam. Das bedeutet auch, dass beide Kommunen sich die Kosten für die Entwicklung sowie später die Gewerbesteuer teilen.

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Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wären längst die Bagger angerollt, um die Flächen für die Bebauung vorzubereiten. Doch daraus ist nichts geworden. Eine Entscheidung des Achimer Stadtrats vom vergangenen März hatte dazu geführt, dass das Projekt stillsteht. Damals hätten die Lokalpolitiker 200.000 Euro für die Projektgesellschaft Achim-West genehmigen müssen, stimmten jedoch dagegen. Mit dem Geld sollte ein Projektbüro den Businessplan für das Gewerbegebiet auf den neuesten Stand bringen: Es sollte den Zeitplan, die zu erwartenden Kosten sowie die zu erwartenden Einnahmen neu berechnen.

Notfalls neue Fläche in Süddeutschland

Das dauert Vitakraft alles zu lang. Spätestens mit der Entscheidung der Stadt Achim im März hat der Hersteller für Tierfutter entschieden: "Wenn die nächste Firmenerweiterung ansteht, werden wir uns woanders nach Flächen umschauen", sagte Vitakraft-Sprecher Dieter Meyer. Das könnte in Bremen sein, vielleicht im niedersächsischen Umland aber auch beim Gesellschafter des Unternehmens in Süddeutschland.

Erst im vergangenen September hatte Vitakraft auf dem Stammgelände ein neues Hochregallager in Betrieb genommen und dafür 22 Millionen Euro investiert. 70 neue Arbeitsplätze entstanden, bei denen zum Teil auch ungelernte Kräfte zum Zuge kamen. Doch mit dieser Erweiterung seien die eigenen Flächen am Bremer Kreuz erschöpft - weitere Bauten seien nicht mehr möglich.

"Keine verlässliche Aussage zur Zeitschiene"

Die Kritik am neuen Gewerbegebiet treibt längst Achims CDU-Fraktion um: Aus ihren Reihen gibt es die Befürchtungen, dass Achim-West am Ende mehr kosten als es bringen wird. Anfang des Jahres hatte Vitakraft in einem Brief an Achims Bürgermeister Rainer Ditzfeld (parteilos) dafür geworben, dass die Stadt das Vorhaben Achim-West aktiv unterstützt – es gehe darum, Vitakraft am Standort zu halten. "Derzeit kann keine verlässliche Aussage zur Zeitschiene getroffen werden", sagte der Bürgermeister zu der Situation, dass immer noch kein Planfeststellungsbeschluss vorliege. Dass viele Unternehmen auf das Gewerbegebiet warten, merkt Ditzfeld im Rathaus: "Das spüren wir in der Verwaltung auch anhand von ungeduldigen Nachfragen, die unter anderem von diversen Firmen am Bremer Kreuz kommen, ebenso von Achimer Unternehmen."

Bisher wird auf der Fläche also kein Stein bewegt. Dabei sollte Achim-West doch Vorbildcharakter für andere Kommunen in Deutschland sein. Hier wollen die Politiker zeigen, wie man städteübergreifend und sogar über die Grenzen von Bundesländern hinaus eine gemeinsame Planung hinbekommt. Die Anfrage zur aktuellen Entwicklung ließ Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) am Mittwoch unbeantwortet.

Christoph Weiss, selbst Unternehmer, CDU-Abgeordneter in der Bremischen Bürgerschaft und Vorsitzender der Wirtschaftsdeputation, kritisiert: „Was wir jetzt mit Vitakraft erleben, ist der Beleg, dass politische Verfahren für Unternehmen deutlich zu lange dauern können.“ In der Abkehr Vitakrafts von Achim-West sieht Weiss eine schlechte Nachricht für den Wirtschaftsstandort: „Es würde nach Coca-Cola, Hachez und Kellogg‘s einen weiteren Markenartikler treffen. Die Entscheidung von Vitakraft sollte alle Beteiligten aufwecken.“

Weiss' grundsätzliche Kritik an Bremens rot-grün-roter Landesregierung: Sie habe nach drei Jahren noch immer nicht das Programm für neue Gewerbeflächen bis 2030 auf den Weg gebracht. Eigentlich sollte darüber im Jahr 2021 abgestimmt werden. „Unternehmen können nicht immer drei Jahre auf Entscheidungen der Politik über Gewerbegebiete warten“, stellt der CDU-Politiker und Geschäftsführer der Bego-Unternehmensgruppe fest.

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