Zu Anfang der Woche machte die traurige Nachricht die Runde, dass Deutschlands wohl bekanntester Schuldnerberater Peter Zwegat im Alter von 74 Jahren verstorben ist. Von 2007 bis 2019 half er den Menschen in der RTL-Fernsehsendung "Raus aus den Schulden". Die Bremer Schuldnerberaterin Sandra Gillert würdigt die Fernsehpersönlichkeit: "Ich glaube, dass wir Herrn Zwegat zu verdanken haben, dass viele Menschen überhaupt von der Existenz einer Schuldnerberatung erfahren haben. Dank ihm wussten sie: Man kann sich Hilfe holen." Sie ermutige jedem, die den Weg zu ihr und ihren Kollegen finde und sich offenbaren mag. Gillert selbst arbeitet sowohl beim Bremer Fachzentrum Schuldenberatung als auch bei der Hanseatischen Schuldnerberatung.
Über das Fachzentrum habe sie auch erfahren, was Zwegat abseits der TV-Sendung alles getan hat, um das Thema Schuldnerberatung in den öffentlichen Fokus zu rücken: "Er betrieb ja in Berlin-Friedrichshain selbst 20 Jahre lang eine Schuldnerberatung, entwickelte Theaterstücke mit und auch Jugendzeitungen sowie Kinderausstellungen. Er war mit Herzblut dabei."
Im Gegensatz zu Zwegat ohne Flipchart
In seiner Sendung schrieb Zwegat den Betroffenen stets auf einer großen Tafel auf, einer sogenannten Flipchart, wie sich ihre Einnahmen und Ausgaben gegenüberstehen. Wenn Menschen mit Schulden zum ersten Termin zu Sandra Gillert kommen, werde sie daher gerne gefragt: "Wo ist denn Ihre Flipchart?" In der Sendung suchte Zwegat zudem persönlich die Banken auf. Manchmal schimpfte er auch mit den Betroffenen. Dazu sagt Schuldnerberaterin Gillert: "Das machen wir nicht. Und wir stehen auch nicht mit erhobenem Zeigefinger da, um die Menschen zu ermahnen." Stattdessen schauen sich Gillert und die Kollegen genau die Unterlagen der betroffenen Menschen an, um eine Forderungsaufstellung auf Papier zu erarbeiten.

Sandra Gillert sagt als Schuldnerberaterin, wie sehr es geholfen habe, dass der verstorbene Peter Zwegat das Thema ”In Schulden geraten” in die Öffentlichkeit getragen hat.
Wo Segen ist, ist aber auch Fluch. So kritisiert Gillert, dass nach ihrem Empfinden in einigen Sendungen die betroffenen Menschen zu sehr vorgeführt wurden. Die Plastiktüten mit den ungeöffneten Briefen und den Mahnschreiben darin, wie sie bei Zwegat in der TV-Sendung immer wieder auftauchten, kennt Gillert allerdings auch aus ihrem Berufsalltag: "Die Menschen haben Angst, die Briefe zu öffnen. Das machen wir dann gemeinsam." Deshalb seien ihr Plastiktüten mit den Mahnungen lieber, als dass die Briefe im Altpapier längst verschwunden sind.
"Sendung zeigte oft die Schicksalsschläge"
Auf der anderen Seite habe Zwegats Sendung zu mehr Verständnis für diejenigen geführt, die in eine Schuldensituation geraten sind: "Das Format hat gezeigt, dass oft Schicksalsschläge hinter den Problemen stecken." Die Betroffenen haben wiederum sehen können, dass es andere gibt, die in einer ähnlichen Situation stecken wie sie.
Inwiefern Zwegats Sendung Menschen dazu gebracht hat, in der Schuldnerberatung zu arbeiten, könne sie nicht beurteilen. In Ihren Beruf kommen viele aus dem sozialpädagogischen und eher weniger aus dem juristischen Bereich: "Wenn man im Sozialpädagogik-Studium ist, glaube ich nicht, dass Schuldnerberatung die erste Berufswahl ist. Es kommt auch wenig im Studium vor", sagt Gillert. Aber auch da habe Zwegat, der selbst Verwaltungsbeamter und studierter Sozialpädagoge war, dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit diesen Beruf überhaupt kenne. Gillert habe immer mal wieder Praktikumsanfrage von Studierenden. Das sei gut, denn ihr Beruf könne Nachwuchs gebrauchen.