Airbus-Chef Guillaume Faury hat die Belegschaft des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns auf harte Zeiten eingestimmt. Ausgaben und Einnahmen seien in einem so gravierenden Ungleichgewicht und das Geld fließe so schnell ab, „dass es die Existenz des Unternehmens gefährden könnte“. Das schrieb der Franzose an die Mitarbeiter des Konzerns – Auszüge des Briefs wurden bereits am Montag bekannt. Airbus teilte auf Anfrage im südwestfranzösischen Toulouse mit, das Unternehmen nehme zu interner Kommunikation keine Stellung. Dem Vernehmen nach wurde der Brief bereits Ende vergangener Woche an Airbus-Beschäftigte im mehreren europäischen Ländern geschickt. Der Konzern will an diesem Mittwoch seine Quartalszahlen vorlegen.
Überraschend kommen die Äußerungen des Airbus-Chefs nicht, denn die gesamte Luftfahrtbranche ist wegen der Corona-Krise in schwere Turbulenzen geraten. Der Airbus-Konzern hatte bereits mitgeteilt, dass die Produktion der Passagierflugzeuge wegen der Pandemie um rund ein Drittel zurückgefahren wird. Fluggesellschaften als Abnehmer von Airbus sind von der Krise schwer getroffen. Airbus müsse die Ausgaben rasch senken, so Faury.
Nach Kurzarbeit und Zwangsurlaub in einigen Ländern müsse der Konzern möglicherweise noch weiterreichende Maßnahmen treffen. „Wir haben über Nacht ein Drittel unseres Geschäfts verloren.“ Viele Fluggesellschaften kämpften ums Überleben. „Wir müssen alle Optionen in Betracht ziehen. Wenn wir jetzt nicht agieren, ist das Überleben von Airbus fraglich.“
Wegen der Ausbreitung des neuen Coronavirus hatte der Flugzeugbauer in der ersten Aprilwoche auch seine Produktion in Bremen und Stade unterbrochen. Wie das Unternehmen am Montag bestätigte, ist die Produktionspause für die Hansestadt nun bis zum 11. Mai verlängert worden. Zuerst hatte „Buten un Binnen“ berichtet.
Ausschließlich Zivilflugzeugsparte betroffen
Betroffen vom Produktionsstopp ist den Angaben eines Sprechers zufolge ausschließlich die Zivilflugzeugsparte, also Airbus Operations mit seinen 2900 Mitarbeitern in Bremen. Andere in der Hansestadt ansässige Betriebssparten wie Airbus Defence and Space oder A400M seien davon nicht betroffen.
Einschnitte gab es zuletzt aber auch in den anderen Unternehmensteilen – unabhängig von Corona. Derzeit laufen in Bremen Stellenabbauprogramme bei Airbus Defence and Space, bei A400M und bei der Tochter Premium Aerotec. Auch im Joint Venture Ariane Group sind zuletzt Jobs verloren gegangen. Anfang März hatten sich daher die fünf Betriebsräte der Unternehmen am hiesigen Standort zu einem betriebsübergreifenden IG-Metall-Bündnis zusammengeschlossen, um auf die Situation in der Hansestadt aufmerksam zu machen.
Bremen und Stade sind indes nicht die einzigen Standorte, an denen die Produktion zum Erliegen gekommen ist. Auch am US-Standort Mobile (Alabama) waren die Arbeiten ausgesetzt worden, nach ursprünglicher Planung bis zum 29. April. Zuvor hatte das Unternehmen bereits die Flugzeugproduktion in Frankreich und Spanien ausgesetzt und deshalb auch die Fertigung neuer Tragflächen in den Flügelwerken in Großbritannien und Deutschland gedrosselt.
Airbus habe neue Produktionsraten festgelegt, sie lägen „30 bis 35 Prozent unter unserer vorherigen Planung“, sagte Faury am Montag. Das gelte vorerst für zwei Monate. Aber es gebe viele Unwägbarkeiten. Noch sei offen, ob die Luftfahrtbranche durch eine tiefe, aber kurze Krise gehe, oder ob die Nachfrage erst in fünf oder zehn Jahren wieder das vorherige Niveau erreiche. „Die Luftfahrtindustrie wird schwächer und verletzlicher in der neuen Welt ankommen“, so der Airbus-Chef.
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