Alleine die Dimensionen einer möglichen Ansiedlung von Amazon in Achim zeigen, was dieses Vorhaben für die 31.000-Einwohner-Stadt bedeuten würde. Laut Achimer Stadtverwaltung würden im Standardbetrieb 2000 Mitarbeiter in einem Amazon-Logistikzentrum an der Autobahnanschlussstelle Achim-Ost arbeiten, zu Spitzenzeiten wären es sogar 3600.
Das sind fast so viele Arbeitsplätze, wie insgesamt im Gewerbegebiet Achim-West entstehen sollen, das die Umlandgemeinde mit Bremer Beteiligung direkt an der Landesgrenze für knapp 100 Millionen Euro entstehen lassen will. Nun hat die Achimer Politik die nächsten Schritte eingeleitet, um bis zum Ende dieses Jahres tatsächlich einen Vertragsabschluss mit Amazon erreichen zu können.
Kritische Stimmen aus der Bevölkerung
Der Ausschuss für Stadtentwicklung hat bei einer Enthaltung die Aufstellung des neuen Bebauungsplans empfohlen, der die zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsprobleme vor dem Gewerbepark Uesener Feld lösen soll. Ein Beschluss steht noch aus.
Während sich die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung stark für die Pläne von Amazon einsetzen, bekommen Kommunalpolitiker jedoch immer wieder kritische Stimmen aus der Bevölkerung zu hören. Denn aktuell ist die Verkehrssituation im Ortsteil Uesen oft kritisch: Berufsverkehr, Lieferverkehr, Umgehungsverkehr der Autobahn 1, defekte Induktionsschleifen der Ampelanlage und eine teilgesperrte Ueser Brücke führen dazu, dass zeitweise gar nichts mehr geht auf den Straßen.
Und nun noch 500 Lastwagen mehr am Tag, die Amazon ansteuern und wieder wegmüssen sowie die Autos von bis zu 3600 Mitarbeitern? „Ich kann Ihnen versichern, dass der Verkehr mit Amazon besser fließt als heute“, sagte der Verkehrsplaner Heinz Mazur vom Büro PGT bei der Ausschuss-Sitzung am Dienstagabend auf kritische Nachfragen hin.
Zweite Zufahrt und neue Spuren
Der Planer präsentierte eine Simulation sowie seine Prognosen, die auf dem größten anzunehmenden Amazon-Verkehr beruhen. Die Stadt soll die zusätzliche Verkehrsbelastung in den Griff bekommen, indem die A 27-Abfahrt aus Richtung Bremen künftig auch geradeaus als zweite Zufahrt aufs Amazon-Areal führt und im Umfeld der neuen Ansiedlung mehrere Abbiegespuren dazukommen.
Die meisten Fahrzeuge, die das Logistikzentrum ansteuern würden, kämen laut Mazur über die Autobahn 27. Der Experte rechnet damit, dass etwa 40 Prozent der Amazon-Mitarbeiter aus Richtung Bremen und 25 Prozent aus Richtung Walsrode das Logistikzentrum via Autobahn erreichen wollen – sowie bis zu 20 Prozent über die Uesener Kreuzung.
Der parteilose Achimer Bürgermeister Rainer Ditzfeld sprach davon, dass er auch eine Menge Mitarbeiter aus Bremen und Bremerhaven erwarte, die mit dem Zug in seine Stadt kommen. Diese könne man mit Bussen zum neuen Logistikzentrum transportieren. Mit Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) habe er bereits gesprochen, damit auch die Arbeitsagenturen für die Jobs in Achim werben.
„Da Amazon sich gerne in der Nähe von Großstädten ansiedelt, wissen wir von der Zugkraft“, sagte Ditzfeld. Die Arbeitslosigkeit in Achim und im Landkreis Verden (4,9 Prozent) ist deutlich niedriger als in Bremen (9,6) und Bremerhaven (13,1). „Die meisten Mitarbeiter dürften daher nicht aus Achim kommen“, sagte der Bürgermeister.
Hochmoderne Technologie soll eingesetzt werden
Nachdem sich die eigentlich schon vertraglich fixierte Ansiedlung einer Mammut-Logistikhalle in dem Gewerbepark zerschlagen hatte, ist Ditzfeld froh, dass die Stadt nun abermals über die Gesellschaft EVG auf einen Schlag 14 Hektar Fläche verkaufen kann. An der EVG sind Achim und die Kreissparkasse Verden jeweils zur Hälfte beteiligt.
Käufer des Grundstücks wäre die Immobilienfirma CBRE in Frankfurt, die sich deutschlandweit um die Ansiedlung von Amazon-Logistikzentren kümmert, wie EVG-Geschäftsführer und Erster Stadtrat Bernd Kettenburg sagte. Der Internetriese selbst wäre, zunächst wohl für 20 Jahre, nur Mieter des Logistikzentrums. „Aber Amazon will dort nach seinen Vorstellungen bauen lassen und hochmoderne Technologie einsetzen“, sagte Kettenburg.
Pläne sind vom US-Konzern abgesegnet
Er sieht die Chance, dass auf einer großen Fläche auch viele für die Gewerbesteuer entscheidende Arbeitsplätze genau dort entstehen können, wo nach den jüngsten Achimer Ansiedlungs-Coups Mercedes und Coca-Cola in großen Hallen nur vergleichsweise wenige Menschen arbeiten. Denn trotz des geplanten Einsatzes von Robotern möchte Amazon Kettenburg zufolge Tausende Jobs schaffen.
Die Logistikhalle dürfe bis zu 18 Meter hoch werden, sie soll nahezu die komplette Fläche oberhalb einer schon vorhanden Zufahrt einnehmen. Dahinter liegen die Ab- und Auflademöglichkeiten für Lkw, davor ein Bürokomplex. Unterhalb der Zufahrt sollen 950 Mitarbeiterfahrzeuge parken können. Insgesamt 280 Arbeitsplätze lägen im „High-Quality-Bereich“, so der Stadtrat. Amazon hat die zweite Zufahrt zur Bedingung gemacht, die Pläne seien vom US-Konzern abgesegnet.