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Atemwege besonders betroffen Krankenstand erreicht 2022 Höchstwerte

Mehrere Krankenkassen haben ihre Auswertungen vorgelegt: Demnach fehlten an jedem Arbeitstag stets knapp 60 von 1000 Beschäftigten in den Betrieben. Auch die Krankheitsdauer war so lang wie nie zuvor.
01.04.2023, 08:00 Uhr
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Krankenstand erreicht 2022 Höchstwerte
Von Timo Thalmann
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Die Fehlzeiten von Arbeitnehmern wegen einer Erkrankung  haben 2022 in Bremen sowie in ganz Deutschland neue Höchststände erreicht. Das zeigen Datenauswertungen mehrerer Krankenkassen.

Wie ist die Entwicklung in Deutschland?

Laut DAK blieben die Beschäftigten im Durchschnitt fast 20 Tage mit einer Krankschreibung zu Hause, 2021 waren es rund 14 Tage. Über das gesamte Jahr betrachtet wird der Krankenstand von rund 2,4 Millionen Versicherten auf 5,5 Prozent beziffert. Das bedeutet, dass an jedem Tag des Jahres durchschnittlich 55 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben waren, laut DAK der höchste Wert seit Beginn ihrer Auswertungen im Jahr 1997.

Wie ist die Lage in Bremen?

Bremen liegt ziemlich genau im bundesweiten Durchschnitt. Vorabdaten des Gesundheitsreports 2023 der Techniker Krankenkasse (TK) geben den Krankenstand für Bremen mit 5,33 Prozent an. Ebenfalls leicht unter dem Bundesdurchschnitt liegen die Bremer Ergebnisse der TK für die Krankheitsdauer. Demnach musste jede Erwerbsperson im Stadtstaat 2022 rund 19,5 Tage krankheitsbedingt im Beruf aussetzen, 2021 waren es durchschnittlich 14,5 Tage.

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Warum sind die Zahlen so hoch?

Die Kassen machen übereinstimmend Atemwegserkrankungen für den starken Anstieg verantwortlich. Diese haben laut DAK um 172 Prozent zugelegt. Der TK zufolge gilt das auch für Bremen. "Das könnte damit zusammenhängen, dass Abstands- und Hygieneregeln weniger streng befolgt wurden als noch in den Jahren zuvor", mutmaßt Sabrina Jacob, Leiterin der TK-Landesvertretung Bremen.

Welche Erkrankungen dominierten bislang die Statistik?

Bundesweit zählen normalerweise Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems zum Hauptgrund für Fehlzeiten. Darunter fallen vor allem Rückenschmerzen und Probleme mit den Bandscheiben. An zweiter Stelle liegen psychische Erkrankungen, an dritter Steller Verletzungen und Vergiftungen, zu denen beispielsweise auch ernährungsbedingte Durchfälle zählen. Im Jahr 2022 waren dagegen in sieben der zwölf Monate Erkältungen und grippale Infekte die Hauptursache für Krankschreibungen.

Wie sieht das in Bremen aus?

Anders als in Gesamtdeutschland sind psychische Erkrankungen im Stadtstaat der Hauptgrund für Arbeitsausfall. Erst danach folgen Muskel- und Skelettsystem sowie Verletzungen und Vergiftungen als Krankheitsursache. Im zurückliegenden Jahr lagen laut TK aber auch in Bremen erstmals die Fehltage aufgrund von Atemwegserkrankungen an erster Stelle.

Wie verlässlich sind die Auswertungen der Krankenkassen?

Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Bremer Hausärzteverbandes, warnt davor, zu viele Details aus den Daten der Kassen herauszulesen. "Die von den Ärzten gemeldeten Diagnosen sind in ihrer Tendenz bestimmt zutreffend, aber im Praxisalltag eher zweitrangig. Priorität genießt die Behandlung des Betroffenen."

Welche Faktoren beeinflussen die Krankschreibung?

Neben der Diagnose spielt auch die konkrete Beanspruchung durch die jeweilige Tätigkeit eine Rolle. "Wenn jemand zu mir sagt, er könne sich nicht mehr ausreichend auf seine Arbeit konzentrieren, ist das Grund genug für die Krankschreibung", sagt Mühlenfeld. Bekannt sei zudem, dass Beschäftigte krankheitsbedingte Fehlzeiten vermeiden, sobald sie Sorge um ihren Arbeitsplatz haben. "Da der Arbeitsmarkt inzwischen in vielen Branchen durch einen Mangel von Arbeitskräften gekennzeichnet ist, mag dies dazu beitragen, sich als Beschäftigter einen krankheitsbedingten Ausfall eher zu gestatten", schätzt der Mediziner.

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Welche Folgen hat die Corona-Pandemie auf künftige Krankschreibungen?

Um Ansteckungen zu vermeiden, war es opportun der Arbeit auch mit leichten Erkältungen fernzubleiben. In der Zeit vor Corona wurden Schniefnasen in den Betrieben von den Kollegen dagegen eher toleriert. "Das dürfte sich in den Daten von 2022 sicher noch widerspiegeln und das entspricht auch der Erfahrung von mir und meinen Kollegen aus der Praxis", sagt Mühlenfeld. Ob dieses veränderte Verhalten aus der Pandemie dauerhaft bleibe und künftig für mehr Krankschreibungen sorge, könne aber niemand vorhersagen.

Möglicherweise dämpfend auf den Krankenstand könnte wirken, dass seit diesem Sonnabend keine telefonischen Krankschreibungen mehr möglich sind.  Arbeitgebervertreter hatten mehrfach gegen die abgesenkte Hürde opponiert. Der Hausärzteverband würde die Möglichkeit aber gerne beibehalten. "Bei langjährig bekannten Patienten mit wiederkehrenden Erkrankungen wie zum Beispiel Migräne würde so weniger meiner Arbeitszeit verbrannt", sagt Mühlenfeld.

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