"Wir möchten Ihnen mitteilen, dass sich die Einleitung der nächsten Bauphase aufgrund sich veränderter Faktoren in der Immobilienbranche verzögert. Welche Auswirkungen das auf das Quartal der Fertigstellung hat, können wir aktuell noch nicht sagen." So beantwortet Evoreal, ein Projektentwickler, der in der Bremer Kohlhökerstraße das ehemalige Bundesbankgelände bebaut, eine Anfrage des WESER-KURIER. Auf dem Grundstück im Ostertor klafft jetzt eine Grube, von Hochbau nichts in Sicht. Kein Einzelfall, und Sinnbild einer fulminanten Krise der Bau- und Immobilienwirtschaft.
In den vergangenen Wochen sind etliche Projektentwickler in Schieflage geraten und mussten Insolvenz anmelden. Darunter so namhafte Unternehmen wie Gerchgroup und Development Partner. Grundstücke und Gebäude, die sie in den Boom-Jahren für viel Geld erworben haben, hängen ihnen jetzt wie ein Klotz am Hals. Bauen ist zu teuer geworden, es lohnt sich zurzeit nicht. Das gilt für jede Art von Immobilien.
Die Gründe liegen auf der Hand: Hohe Finanzierungskosten, nachdem der Zins von einem auf vier Prozent hochgeschnellt ist. Zurückhaltung der Banken. Enorme Steigerungen bei den Baupreisen und umgekehrt der Wertverfall bei Immobilien. Die Gemengelage ist toxisch. Es wird das passieren und ist schon im Gang, was die Experten beschönigend eine Konsolidierung des Marktes nennen. Im Klartext heißt das, dass Firmen pleitegehen, viele davon.
Gewoba und Brebau machen wacker weiter
Eine Entwicklung, die Bremen genauso trifft wie jede andere Kommune. Beachtlich deshalb, dass die beiden Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Brebau – die eine mehrheitlich, die andere komplett in städtischer Hand – wacker weitermachen wollen. Sie halten an ihren Projekten fest oder kündigen das zumindest an. Die Gewoba freilich bereits mit Mühe. Das Bundeswehrhochhaus in der Bahnhofsvorstadt ist zu einer Belastung für das Unternehmen geworden. Hinter vorgehaltener Hand wird von den Beteiligten gesagt, dass es besser gewesen wäre, das Gebäude abzureißen, statt es zu sanieren. Der Aufwand ist enorm und war vorher offenbar so nicht kalkuliert worden. Es gibt deutliche Verzögerungen. Ein Verlustgeschäft, das scheint heute schon klar. Und dabei geht es nicht um Kleckerbeträge.
Verständlich, dass die Gewoba, an der neben der Stadt maßgeblich die Sparkasse Bremen beteiligt ist, keine weiteren Wagnisse eingehen will. Beim geplanten Kauf der Grohner Düne, einer großen Anlage mit knapp 600 Wohnungen in Vegesack, übernimmt das Unternehmen die Verhandlungen und später womöglich die Rolle des Vermieters – den Erwerb finanzieren soll aber der Senat. Zumal es ja nicht nur um den Kaufpreis geht; in den teilweisen maroden Bestand muss auch kräftig investiert werden.
Die andere bremische Wohnungsbaugesellschaft hat jetzt ein ordentliches Brett vor der Brust. Baukrise hin oder her. Der Brebau wurde vom Senat aufgegeben, das Parkhaus Mitte zu erwerben, um es abzureißen und an der Stelle neue Gebäude zu errichten. Ein Megaprojekt, dass sich das Unternehmen wohl auch unter normalen Umständen kaum zutrauen würde. Nun wird es mehr oder weniger dazu gezwungen, um der Innenstadt neuen Schub zu verschaffen. Der politische Wille bricht das bisherige Prinzip der Brebau, nicht unnötig ins Risiko zu gehen.
Bremen hatte sich für die vergangene Legislaturperiode vorgenommen, die Voraussetzungen für den Bau von 10.000 Wohnungen zu schaffen. Obacht bei der Formulierung, denn gebaut sind die Einheiten damit noch nicht. Ein Beispiel: Im Hulsberg-Quartier auf dem ehemaligen Gelände des Klinikums Mitte wollte eine Projektgruppe aus vier Unternehmen 300 Wohnungen errichten. Nun werden auf der Fläche stattdessen Leichtbauhallen errichtet, um Flüchtlinge unterzubringen. Die Baufirmen: sind froh darüber. Das verschafft ihnen Zeit und bringt unverhofft Einnahmen.
In einem oder zwei Jahren, so die Hoffnung, könnte es in der Branche schon wieder anders aussehen. Abwarten und Tee trinken, sofern man das kann und nicht unter finanziellen Druck gerät. Für den Bund und die Länder gilt diese Maxime nicht, sie müssen in der Krise handeln. Ende September soll es im Bundeskanzleramt einen Baugipfel geben.