In digitalen Zeiten sind nahezu alle Branchen vom Wandel ergriffen. Das spiegelt sich in den Aussagen der Auszubildenden in Bremen und Niedersachsen wider. So ist ein Großteil überzeugt, dass die Digitalisierung für ihre Lehre sehr wichtig oder wichtig ist. Aus dem aktuellen Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) für die Region Bremen-Elbe-Weser geht jedoch hervor, dass sich viele dafür nicht gut gerüstet sehen. Von rund 2400 befragten Azubis gab nur etwas mehr als die Hälfte an, durch digitale Technologien gezielt für den Wandel qualifiziert zu werden.
Ein Drittel beurteilt die digitale Ausstattung in der Berufsschule als sehr gut oder gut. „Die Arbeit 4.0 braucht auch eine Ausbildung 4.0“, fordert Hannes Scherf, Jugendbildungsreferent des DGB Bremen. Berufsschulen und Betriebe hätten hier noch einiges nachzuholen – sowohl bei den Inhalten der Ausbildung als auch bei der Ausstattung. Digitalisierung bedeute nicht nur Technik, sondern auch neue Formen des Lernens. In den Berufsschulen aber gebe es auch Mängel bei Maschinen, Programmen oder der Bausubstanz. „Die Berufsschulen hinken immer hinterher“, konstatiert Annette Düring, DGB-Chefin in Bremen.
Die Befragung in den Berufsschulen sei wichtig, macht Scherf deutlich: „Wir geben den Auszubildenden eine Stimme: Wie nehmen sie das eigentlich wahr?“ Schließlich gebe es bei den Arbeitnehmern Probleme, die schon seit Jahren verhärtet seien. Weil der Arbeits- und Ausbildungsmarkt in Niedersachsen und Bremen eng verbunden seien, gebe es eine gemeinsame Untersuchung. Die Qualität der Ausbildung hängt dabei stark von der Branche ab. „Es gibt Berufe, die immer gut abschneiden“, sagt Scherf. Dazu zählten die Kaufleute und Jobs in der Industrie. Besonders schlecht bewertet sei dagegen der Bereich Hotel und Gaststätten.
Auch die Köche gehören zu den Sorgenkindern
In diesem Jahr ist das laut Johanna Waldeck von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) nicht anders. Das Lebensmittelhandwerk, Bäckereien und Fleischereien, sowie das Hotel- und Gastgewerbe landeten im Ranking des Reports zur Ausbildungsqualität erneut hinten. Das verwundere niemanden, sei aber „extrem traurig“, dass sich nichts verbessere, sagt die Gewerkschaftssekretärin. Zu den Sorgenkindern gehörten auch die Köche. Probleme seien „massive Überstunden“, die teils nicht durch Geld oder Freizeit ausgeglichen würden. „Und es gibt eine ungenügende Anleitung“, sagt Waldeck.
In vielen Filialen stünden Azubis im ersten Jahr allein hinter der Theke – ohne Ausbilder vor Ort und damit ohne Anleitung. Das stehe in Korrelation zur Betriebsgröße: Wo es einen Engpass gebe, müssten Auszubildende die volle Verantwortung übernehmen. Dabei seien Ausbildungen „Lernjahre“. Aus der Beratung weiß Waldeck, dass manche Auszubildende in der Branche angeschrien werden oder gerade junge Frauen Übergriffe erlebten. „Es ist eine schwierige Branche – nach wie vor.“ Es sei wie ein Mantra, sagt Annette Düring: „Immer wieder muss man feststellen, dass das Hotel- und Gaststättengewerbe und die Lebensmittelherstellung ein großes Problem hat.“
Weniger dramatisch sieht die Situation Nathalie Rübsteck, die neue Geschäftsführerin des Bremer Hotel- und Gaststättenverbands, wenngleich es durchaus immer noch ein paar Probleme gebe. Überstunden fielen in dieser Branche gelegentlich an – und müssten natürlich ausgeglichen werden. Rübsteck beobachtet derweil eine „Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit“: Die Auszubildenden hätten andere Vorstellungen von der Arbeit. Die Branche versuche, die Qualität der Lehre weiter zu verbessern, sagt Rübsteck. Im nächsten Jahr solle es ein bundesweites Gütesiegel geben: für Top-Lehrbetriebe. Deren Auszubildende werden laut Rübsteck geheim befragt, ob bestimmte Kriterien eingehalten werden. „Wir möchten gute Ausbildungsbetriebe fördern“, sagt die Geschäftsführerin. Für Bewerber sei das Siegel am Ende ein guter Ratgeber, wo die Arbeitsbedingungen stimmten.
Neben den Ergebnissen, dass fast 37 Prozent der Azubis regelmäßig Überstunden machen, dass mehr als ein Viertel zunehmend schwerer in der Freizeit abschalten kann, gibt es auch gute Nachrichten: Insgesamt sind 73 Prozent der Azubis sehr zufrieden bis zufrieden mit ihrer Lehre. Der Wert stieg nach einem Negativtrend und liegt über dem Schnitt von 69,9 Prozent. „In den letzten Jahren ging es immer rapide bergab“, sagt Scherf. Da der Zuwachs im Bereich von Schwankungen liege, dürfe er aber nicht überbewertet werden.
Ergebnisse im Überblick
36,8 Prozent der Auszubildenden müssen regelmäßig Überstunden machen
13,7 Prozent werden selten oder nie durch ihren Ausbilder betreut
39 Prozent der Auszubildenden wissen im letzten Jahr nicht, ob sie im Anschluss übernommen werden