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Geldautomaten Wie Banken eine Kernaufgabe auf Supermärkte abwälzen

Für Banken bedeutet die Bargeldversorgung ihrer Kunden Kosten. Sie sollten diesen Service aber nicht zu sehr auf die Supermärkte abwälzen, meint Florian Schwiegershausen.
17.05.2022, 05:00 Uhr
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Wie Banken eine Kernaufgabe auf Supermärkte abwälzen
Von Florian Schwiegershausen

Es ist neulich an einem Sonntagabend nach 22 Uhr in Bremen-Schwachhausen vor der geschlossenen Filiale der Deutschen Bank passiert: Ein Mann, der in Bremen auf Besuch war, fragte hilfesuchend, wo er jetzt noch Geld an einem Automaten der Cashgroup bekommen könnte – also an einem Automaten der Deutschen Bank, der Postbank, der Commerzbank oder der Hypovereinsbank.

Wer Kunde bei einem dieser Institute ist, kann dort seine Geldscheine kostenlos ziehen. An einer von bundesweit 1300 Shell-Tankstellen bekommen Kunden ebenfalls kostenlos Bares. Aber sonntags nach 22 Uhr erscheint die Bargeldversorgung selbst in zentraleren Stadtteilen Bremens inzwischen schwierig.

Denn mit der fortschreitenden Schließung der Filialen von Commerzbank, Deutscher Bank und Postbank verschwinden auch die Geldautomaten. Derzeit verfügt die Cashgroup bundesweit noch über 7000 Automaten, während der Verbund im März offiziell noch 9000 Standorte gemeldet hatte. Wenn die genannten Banken ihre Filialen schließen, sind sie oft nicht bereit, als Ersatz zumindest einen Geldautomaten zu betreiben, der rund um die Uhr erreichbar ist. 

Banken wollen 15.000 Euro Fixkosten pro Automat sparen

Die Banken der Cashgroup scheuen in Bremen scheinbar die Kosten, um solche Geräte an Außenwänden zu installieren. Zu groß ist die Sorge, dass der Automat etwa von Kriminellen gesprengt werden könnte. Und die Geräte in SB-Filialen oder den Vorräumen von Filialen sind ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr zugänglich, um auf diese Weise die Zahl unerwünschter Übernachtungsgäste kleinzuhalten. Auch die 15.000 Euro und mehr pro Gerät, die laut der Arbeitsgemeinschaft Geldautomaten jedes Jahr an Fixkosten entstehen, sind die Banken nicht mehr bereit zu zahlen.

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Die AG hat zwar nur einen Marktanteil von zehn Prozent bei den Automaten – sie zeigt jedoch, warum die Banken immer mehr versuchen, die Bargeldversorgung auf den Handel abzuwälzen. Die AG gibt die Kosten pro Kopf für die Bargeldnutzung in Deutschland mit 130 Euro pro Jahr an. Daher sollen die Kunden lieber im Supermarkt oder in der Drogerie die notwendigen Scheine an der Kasse abheben als an einem Automaten. Das geht aber eben nur zu den Öffnungszeiten des Handels. Damit geben die Geldinstitute eine ihrer ursprünglichen Kernaufgaben aus der Hand.

Durch Veranstaltungen nimmt Bargeldbedarf wieder zu

Die Kunden müssen also eine Annehmlichkeit, an die sie von den Banken über Jahre gewöhnt wurden, aufgeben: die kostenlose Bargeldversorgung rund um die Uhr. ­Vielen Menschen wird das jetzt erst bewusst, weil nach dem Ende der Pandemie-Einschränkungen der Bargeldbedarf für Feste und Veranstaltungen wieder zunimmt.

Für den Verbraucher bedeutet das nach zwei Jahren Pandemie weniger Dienstleistung. In Zukunft ist er dazu gezwungen, seine gebührenfreie Bargeld­versorgung vorausschauender zu planen. Oder er wählt die Abstimmung mit den Füßen und wechselt zu einem anderen Geldinstitut, das mit speziellen Kreditkarten das Abheben an jedem Automaten kostenlos macht. Die jungen Finanztechnologie-Unternehmen, etwa Smartphone-Banken, buhlen bereits um diese Kunden.

Der Handel nimmt auf der anderen Seite seine inzwischen eingeübte Rolle dankbar an. Bei der Drogeriekette DM zum Beispiel erhalten Kunden inzwischen Bargeld, ohne in der angesteuerten Filiale einkaufen zu müssen.

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Für eine Abschaffung des Bargelds ist es in Deutschland noch Jahre zu früh. Wenn die großen Privatbanken weiterhin so massiv ihre Filialen abbauen, sollten sie deshalb zumindest an neuralgischen Punkten einer Großstadt mit mehr als 550.000 Einwohnern einen Geldautomaten betreiben, der rund um die Uhr zugänglich ist. Und mit den Einwohnern der Hansestadt verdienen die Bankhäuser ja in anderen Bereichen ordentlich Geld. Die Banken der Cashgroup wären also gut beraten – zumal bei schwindenden Minuszinsen –, auch wieder in Automatenstandorte zu investieren, statt weitere Geräte abzubauen.

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