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Abbau von Standorten Bovenschulte appelliert an Banken, Kundenbedürfnis weiterhin zu decken

Post vom Bürgermeister: Andreas Bovenschulte richtet an die Banken in Bremen angesichts des dünneren Filialnetzes einen Appell. Warum Experten derweil keine Probleme bei der Versorgung mit Bargeld sehen.
31.03.2022, 06:00 Uhr
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Bovenschulte appelliert an Banken, Kundenbedürfnis weiterhin zu decken
Von Lisa Schröder

Am Dienstagabend erreichte die Banken in der Stadt besondere Post – aus dem Rathaus. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sorgt sich nämlich um die Bargeldversorgung in Bremen. Sein Schreiben, das dem WESER-KURIER vorliegt, ist vor allem ein Appell: Die Banken dürften bei ihren Entscheidungen zu Filialen und Bargeldautomaten den "gesellschaftlichen Bedarf nicht aus den Augen" verlieren. Ihm sei bewusst, so der Landeschef, dass die Banken auf den großen Kostendruck in der Branche reagierten. "Als Bürgermeister sehe ich es dennoch als meine Aufgabe an, Sie auf die Schattenseiten eines systematischen Abbaus von Filialen und Geldautomaten hinzuweisen."

Was sagen die Adressaten zur Post?

Die Reaktionen auf das Schreiben, das an die Sparkasse Bremen, die Bremische Volksbank, die Volksbank Bremen-Nord, die Sparda Bank Hannover und den Norddeutschen Bankenverband ging, fielen unterschiedlich aus. Der Vorstand der Sparkasse will mit Bovenschulte zur Sache direkt Kontakt aufnehmen. Sprecherin Elke Heussler teilte zum Brief am Mittwoch mit, die Bank werde auch zukünftig in allen Stadtteilen mit mehreren SB-Standorten und Filialen vertreten sein, das Netz an Stadtteilfilialen werde weiter ausgebaut. "Die Sparkasse Bremen wird auch die Bargeldversorgung in Bremen weiterhin für die Bevölkerung sicherstellen, mit rund 140 Geldautomaten, Zweigstellen und dem Bargeldservice für Ältere."

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Der Vorstand der Volksbank Bremen-Nord, Jan Schotge, kommentierte derweil: "Wir können die Bedenken hinsichtlich der Bargeldversorgung zumindest unserer Kunden nicht nachvollziehen." Trotz der Filialschließungen biete man bei dieser Aufgabe einen guten Service. Die Bremische Volksbank fühlt sich vom Schreiben des Bürgermeisters ebenfalls nicht ganz angesprochen. Die Ausgangssituation sei hier eine andere als bei der Sparkasse mit ihrem wesentlichen höheren Marktanteil, äußert sich Prokurist Thomas Trenz. Die Volksbank habe in jüngster Vergangenheit auch weitere Bargeldautomaten dazubekommen. Beschwerden der Kunden wegen der Bargeldversorgung gebe es nicht. "Trotz allem können wir die Sorgen und Nöte der Menschen nachvollziehen", sagt Trenz mit Blick auf den Brief.

Die Sparda-Bank Hannover, die Filialen in Bremen, Bremerhaven und Delmenhorst hat, will dem Bürgermeister wie die Sparkasse direkt antworten. "Wir haben bei unseren Entscheidungen die Bedürfnisse unserer Mitglieder und Kunden im Blick, müssen auf veränderte Anforderungen aber reagieren – auch, um wirtschaftlich zu handeln und so langfristig ein zuverlässiger Partner unserer Kunden zu sein", so Unternehmenssprecherin Ariane Rehbein.

Welchen Abbau hat es schon gegeben?

Die Volksbank Bremen-Nord hat unlängst mehrere Standorte geschlossen. Vor zehn Jahren gab es neben der Hauptstelle zwölf Filialen, heute sind es fünf, künftig sollen es drei sein bei zugleich mehr SB-Stellen. Ihr Filialnetz in Bremen und der Region verkleinerten auch die Commerzbank, die OLB und die Postbank aktuell.

Die Sparkasse Bremen setzt zwar mit dem Konzept der Stadtteilfiliale auf neue Standorte. Auf der anderen Seite sind Geschäftsstellen geschlossen oder umgewandelt worden. Besonders um den Standort Borgfeld gab es viele Diskussionen. Vor Ort fürchteten Politiker, Geschäftsleute und Bürger den kompletten Rückzug der Sparkasse. Ihre Geschäftsstelle hat die Bank hier zwar aufgegeben, in kleinerem Umfang will sie aber an einen neuen Standort ziehen.

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Welchen Hintergrund hat das Schreiben?

Vor allem der laute Unmut in Borgfeld dürfte ein Auslöser gewesen sein. Die Bürgerschaftsfraktion der CDU greift das Thema Standorte von Banken zudem in einer Anfrage an den Senat auf. Schon seit längerer Zeit erreichten ihn viele Beschwerden, erklärt der Bürgermeister selbst den Anlass seines Briefs: Die Bürgerinnen und Bürger sähen sich aufgrund der Veränderungen der Institute massiv in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, ihre Geldgeschäfte zu erledigen und sich mit Bargeld zu versorgen. Zunehmend fühlten sich die Menschen allein gelassen und abgehängt. Und diese Beschwerden kämen "keineswegs" nur von hochbetagten Menschen.

Was sagt der Bankenverband?

Der Norddeutsche Bankenverband möchte den Bürgermeister einladen, die im Brief genannten Themen mit dem Vorstand zu diskutieren. Aus Sicht von Geschäftsführer Heiko Braband gibt es aber hier überhaupt kein Problem bei der Bargeldversorgung. Der Verbandsvertreter weist auf die Automaten und Standorte in der Stadt hin. Anders sei die Situation sicher auf dem Land in Niedersachsen. Zugleich ließe sich schon ab einem geringen Einkaufswert beim Discounter oder Supermarkt kostenlos Bargeld an der Kasse abheben. "In Deutschland gibt es über 56.000 Geldautomaten", so Braband. Die Zahl gehe tendenziell zurück. Dies liege wesentlich auch daran, dass das bargeldlose Bezahlen mit Karte immer mehr an Bedeutung gewinne.

Was ist mit den Alternativen zur Bargeldversorgung?

An immer mehr Orten können sich Menschen in Bremen über das sogenannte Cashback im Einzelhandel mit Bargeld versorgen. So bieten Supermärkte und Drogerien diesen Service zunehmend an – die Einkaufswerte sind geringer als in der Vergangenheit bei fünf, zehn oder zwanzig Euro. Teils gibt es auch gar keinen Mindesteinkaufswert mehr. Trenz beobachtet, dass die Kunden der Bremischen Volksbank von Cashback durchaus Gebrauch machen. Unter anderem Kunden der Postbank und Deutschen Bank können beispielsweise auch bei Tankstellen von Shell kostenlos Geld abheben. Auch die Commerzbank arbeitet mit Shell zusammen. Kunden anderer Häuser zahlen dem Unternehmen zufolge eine Gebühr fürs Abheben.

Bovenschulte bringt im Schreiben den Einwand vor, sich im Supermarkt mit Geld zu versorgen, das werde oft nicht als gleichwertiger Ersatz wahrgenommen. Häufig seien die Supermärkte nicht ausreichend mit Bargeld ausgestattet, um ein echter Ausgleich für fehlende Geldautomaten zu sein. Trenz ist ein solches Problem bisher nicht bekannt. Er sieht das Abheben beim Einkaufen als Gewinn für alle Beteiligten: Die Kunden sparten sich den Weg zum Automaten, Geschäfte könnten einen Teil des eingenommenen Bargelds wieder ausgeben.

Zur Sache

Bargeld oder Karten weit verbreitet

Die Menschen in Deutschland setzen beim Bezahlen an der Ladenkassen einer Umfrage zufolge weiterhin vor allem auf Bargeld oder physische Bank- und Kreditkarten. Bei einer Yougov-Befragung gaben lediglich zwölf Prozent an, in den vergangenen drei Monaten eine Zahlung kontaktlos mit einer digitalen Geldbörse zum Beispiel mit dem Smartphone in einem Geschäft erledigt zu haben, und nicht mit einer physischen Karte. Im Nachbarland Frankreich waren es ebenfalls zwölf Prozent. Spitzenreiter in Europa war hier Dänemark mit 31 Prozent. Anders ist das Bild demnach in vielen asiatischen Ländern.

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