Sie sind robust, pflegeleicht und auch in Deutschland beliebt: Alpakas. Nur mit ihrem Fell wussten Züchter lange nichts anzufangen. Dann kam Andrea Böttcher-Rabens und hatte eine Idee: Alpaka-Bettdecken. Unter dem Namen Rabens' Organic verkauft die 52-Jährige seit zehn Jahren Bettwaren, gefüllt mit 100 Prozent Alpaka-Fasern aus Deutschland. Anfang Juni hat sie in der Kornstraße in der Neustadt ihren ersten Showroom eröffnet: den „Schlafraum“.
Der Showroom ergänzt das bestehende Online-Geschäft der Unternehmerin und vereint drei Marken: Rabens' Organic, Koma Schlafgut und Villa Jade. „Rabens' Organic ist unsere erste Marke, die Alpaka-Linie“, sagt Böttcher-Rabens. Mittlerweile hat sie ihr Sortiment erweitert und bietet auch Kissen, vegane Bettware, Bettwäsche und weiteres Zubehör für die Nachtruhe an.
„Das Thema Schlafen ist interessant“, sagt Böttcher-Rabens. Viele Menschen schliefen schlecht. Ein häufiges Problem sei, dass sich Polyesterdecken durch Bewegung in der Nacht statisch aufluden. Das will Andrea Böttcher-Rabens ändern und mit ihren nachhaltig und regional produzierten Bettwaren für erholsamen Schlaf sorgen.
Das Angebot bei Rabens' Organic ist groß: Decken für Sommer und Winter, Kinder und Familien. Aber es gibt einen klaren Bestseller, sagt Böttcher-Rabens: die Ganzjahresdecke. Aus dem Rückenfell eines Alpakas können zwei solcher Ganzjahresdecken in der Größe 1,35 Meter mal zwei Meter hergestellt werden. Die Schur findet im Frühsommer statt. „Natürlich finden die Tiere das nicht toll“, sagt Böttcher-Rabens, „aber es ist auch keine Quälerei.“ Weniger als zehn Minuten dauere das Scheren. Außerdem sei es eine Erleichterung für die Tiere, wenn die Wolle runter sei, sagt Böttcher-Rabens. Gleichzeitig würden sie gepflegt und behandelt.
Rund 30.000 Alpakas gibt es in Deutschland. In Südamerika hat dagegen eine einzige Herde schon 200.000 bis 300.000 Alpakas – hier sind es eher 20 bis 30. Böttcher-Rabens: „Das ist keine Massentierhaltung.“ Viel Wolle falle da trotzdem jedes Jahr an. „Alpaka ist eine wertvolle, feine Faser. Es wäre zu schade, sie zu entsorgen.“ Für ihre Produktion arbeitet sie hauptsächlich mit Züchtern aus Süd- und Ostdeutschland zusammen, sammelt die Fasern ein und sortiert sie nach Qualität.
Bei Hitze und Kälte
Warum eignet sich die Wolle so gut? In ihrer Heimat, den südamerikanischen Anden, sind Alpakas großen Temperaturunterschieden ausgesetzt: von bis zu minus 20 Grad Celsius in der Nacht und am Tag bis zu 25 Grad und intensiver Sonne. Alpakawolle hat darum eine besonders gute Fähigkeit, bei Kälte zu wärmen und bei Hitze zu kühlen. Eine gute Voraussetzung für Bettwaren. Und weil Alpakas deutlich weniger Wollfett haben als Schafe, sind sie gerade für Allergiker geeignet. Der Grund: Bakterien können sich schlechter vermehren und sterben ab.
Zehn Jahre hat Böttcher-Rabens ihre Ware über einen Online-Shop und verschiedene Händler verkauft. Der „Schlafraum“ in der Neustadt ist nun eine Ergänzung: Showroom, Büro und Lager in einem. Der Raum ist groß und hell – und macht offenbar neugierig. Ein Passant bleibt vor dem Schaufenster stehen, blickt hinein. Noch sei der „Schlafraum“ nicht ganz fertig, sagt die Unternehmerin.
Andrea Böttcher-Rabens ist der ökologische Aspekt ihrer Arbeit wichtig. Wo vor Kurzem noch Plastikverpackungen im Einsatz waren, sind es jetzt Baumwollsäcke, in denen die Bettwaren verkauft werden. Alpaka braucht keine chemische Behandlung. Es wird gewaschen, gekämmt, zu Vlies verarbeitet und dann eingenäht. Die Bezüge der Bettwaren sind aus Baumwolle, die aus kontrolliert biologischem Anbau stammt. Waschzettel gibt es keine: „Das war eine Idee der Kunden.“ Der Grund: Auch für die Kunden sind die Decken pflegeleicht: Alpaka habe einen Selbstreinigungseffekt, sagt Böttcher-Rabens. Die Decken werden einfach ausgelüftet. „Dann bauschen sie sich wieder auf.“
Bettdecken aus Kapok
Neu im „Schlafraum“-Sortiment: rein pflanzliche Bettdecken, gefüllt mit einem Kapok-Baumwoll-Gemisch, die Böttcher-Rabens unter dem Namen Koma Schlafgut verkauft. Kapok ist eine weiße, flauschige Faser, die aus der Frucht des tropischen Kapokbaums stammt und dort die Samen umhüllt. Es muss weder gewaschen noch gebleicht oder chemisch behandelt werden. Auch Kapok wird also unbehandelt genutzt. Und es habe weitere ähnliche Eigenschaften wie Alpakawolle, sagt Böttcher-Rabens, eine gute Wärme- und Feuchtigkeitsregulierung.
Allerdings sind die Fasern zu kurz. Deshalb wird Kapok zunächst mit Baumwolle verbunden und dann zu einem Vlies verarbeitet, das in einer Bettdecke eingenäht werden kann. Dafür arbeitet Böttcher-Rabens mit einem deutschen Unternehmen zusammen, dass sich auf die Einfuhr und Verarbeitung der Faser spezialisiert hat.
Andrea Böttcher-Rabens bemerkt ein Umdenken beim Thema Schlafen. Menschen seien kritischer und hinterfragten, warum Bettdecken beim Discounter so günstiger seien. Für den natürlichen Schlaf muss man investieren: 299 Euro kostet die Ganzjahresdecke aus Alpaka. Das pflanzliche Pendant aus Kopak liegt bei 139 Euro. „Ich stehe hinter beiden Produkten“, sagt Böttcher-Rabens, „aber ich bin froh, dass wir auch ein günstigeres Produkt anbieten.“ Ihre Töchter zum Beispiel bevorzugten die pflanzlichen Decken. Böttcher-Rabens: „Man muss den Konsumenten die Wahl lassen.“