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Historisch niedrige Werte Bierabsatz in Deutschland geht weiter zurück

Ein Trend setzt sich fort: Die Nachfrage nach Bier nimmt weiter ab. Das betrifft auch Beck‘s in Bremen. In Bayern setzt sich ein ehemaliger Brauer für das Bier ein und bildet Bierbotschafter aus.
03.05.2018, 10:49 Uhr
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Bierabsatz in Deutschland geht weiter zurück
Von Lisa Schröder

Die Brauereien haben den Tag des Reinheitsgebots gerade gefeiert, da kommt mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes die Ernüchterung. Denn der Bierabsatz im ersten Quartal ist im Vergleich zum Vorjahr noch mal um 1,6 Prozent zurückgegangen. In den ersten Monaten konnte die Branche nur 19,6 Millionen Hektoliter verkaufen. Dabei liegt das schwächste Bierjahr seit der Wiedervereinigung mit einem Rückgang von 2,5 Prozent auf 93,5 Millionen Hektoliter schon hinter ihr.

Die Entwicklung ist für Michael Scherer noch nicht abgeschlossen. „Wir müssen davon ausgehen, dass der Bierabsatz sukzessive rückläufig ist“, sagt der Geschäftsführer der Sozietät Norddeutscher Brauereiverbände, die Betriebe jeder Größe – von der Gasthausbrauerei bis zur Konzerntochter – vertritt.

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Scherer sieht verschiedene Gründe dafür. Zum einen mache sich der demografische Wandel bemerkbar: Es werde weniger Bier getrunken, weil es weniger Menschen in den konsumstarken Altersgruppen gebe, die Generation der Babyboomer komme ins fortgeschrittene Alter, trinke weniger. Außerdem sei die Auswahl an alternativen Getränken gewachsen, es gebe ein verändertes Gesundheitsbewusstsein. Das führe zum Rückgang: „Das ist aber nicht nur spezifisch bei Bier der Fall.“ Das Wetter sorge darüber hinaus immer wieder für Ausreißer: „Der März war auffällig kühl. Da haben wir sehr schlechte Zahlen.“

AB-InBev spricht von äußerst schwierigem Jahr

Der gestillte Durst nach Bier – die Brauereien müssen damit umgehen. „Das Jahr 2017 war für die Deutschen Brauer insgesamt ein äußerst schwieriges“, heißt es in einem Statement von Anheuser-Busch InBev. Der Gesamtabsatz sei auf einen historisch niedrigen Wert gefallen, zugleich sei die Anzahl der Brauereien gestiegen. Die Wettbewerbsintensität auf dem Gesamtmarkt, der zudem langfristig rückläufig sei, habe sich noch weiter verstärkt. Die Marktanteile des Konzerns bei Bier sanken in Deutschland um 0,48 Prozent.

Wenn es nach Biersommelier und Brauer Hans Wächtler geht, dann sind Konzerne wie AB-InBev selbst daran schuld, dass der Konsum zurückgegangen ist. „Die Brauer haben 50 Jahre vergessen, über Bier zu sprechen.“ Allzu sehr habe dagegen gezählt, möglichst viel zu verkaufen und günstig einzukaufen. „Controller und Marketingexperten und nicht die Brauer entschieden.“ Wächtler will sich dafür einsetzen, dass die Wertigkeit und Vielfalt von Bier wiederentdeckt und es mit Verstand und Geschmack getrunken wird. „Bier ist genauso festlich wie Wein, Sekt oder Champagner. Bier lässt sich zu allem trinken.“ Der Franke ist mittlerweile kein Brauer mehr, sondern bildet unter anderem Gastronomen oder Barkeeper zu „Bierbotschaftern“ aus.

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In den vergangenen sechs Jahren haben das Zertifikat der Industrie- und Handelskammer rund 600 Menschen erworben. Die Craft-Beer-Bewegung sieht der Bayer als Chance. In den Absatzzahlen schlägt sich die Lust am Bier der kreativen Brauereien derweil kaum nieder. Dafür sei ihr Marktanteil bei etwa 0,4 Prozent zu klein, sagt Scherer. Ohnehin: „Der Rückgang ist bei allen Markteilnehmern zu merken.“ Die Großbrauereien verlören nicht überproportional. Beck‘s etwa habe nach wie vor eine positive Entwicklung. „Ich sehe keine alarmierenden, dramatischen Veränderungen.“ Aus Unternehmenskreisen heißt es, dass das erste Quartal entgegen dem Trend wieder deutlich besser für Beck‘s ausfiel. 2017 belastete der Streit mit Edeka AB-InBev. Im Raum stand die Drohung, dass Marken des Konzerns aus dem Sortiment fliegen könnten: neben Beck‘s auch Franziskaner, Diebels, Löwenbräu oder Corona.

"Bier hat eine Seele"

Der Zwist soll beigelegt sein. Der Druck aber bleibt Scherer zufolge für jeden Bierhersteller. Denn die Konkurrenz unter den Supermarktketten sei groß – ihre Macht ebenso. Es gebe daher keine Verhandlungen auf Augenhöhe. Die Tatsache, dass es Überkapazitäten beim Bier gibt, erschwere die Position der Brauereien. Doch es könne sich etwas ändern – sehr langfristig: „Die kleinen Brauereien zeigen, dass der Konsument Vielfalt und Abwechslung schätzt und dafür mehr Geld ausgibt.“ Scherer findet das gerechtfertigt. Bier werde zu günstig angeboten. Diese Ansicht teilt er mit Bierbotschafter Wächtler. Für den ist Bier ohnehin mehr als ein Produkt: „Bier hat eine Seele.“

Die Hoffnungen der Branche ruhen auf dem Fußball. Im Sommer steht eine WM an, und die beflügelt den Bierabsatz. Nun müsse nur das Wetter mitspielen, sagt Scherer, und die Nationalmannschaft möglichst lange im Turnier. „Das ist schon sehr wichtig.“

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