Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Händler reagieren auf Skandale Bis zu 46 Prozent Rabatt auf Diesel-Autos

Händler locken derzeit mit hohen Prämien, um Dieselfahrer zum Kauf eines neuen Selbstzünders zu bewegen – auch in Bremen. Doch viele Autofahrer bleiben skeptisch.
06.09.2017, 18:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bis zu 46 Prozent Rabatt auf Diesel-Autos
Von Patrick Reichelt

Bis zu 46 Prozent Rabatt sind laut einer aktuellen Studie des Car-Centers der Universität Duisburg-Essen derzeit auf einen nagelneuen VW Passat möglich, wenn man sein altes Diesel-Fahrzeug abwracken lässt. Bei einem BMW 116i sollen es immerhin noch 27 Prozent sein. Möglich machen das verschiedene Rabatte in Kombination mit der Diesel-Eintauschprämie.

Laut dem Studienleiter Ferdinand Dudenhöffer kurbeln die Rabatte die Absätze kurzfristig an, gleichzeitig gebe es aber auch „deutlich schlechtere Margen“. Harm Fischer, Vertriebsvorstand vom Volkswagen-Zentrum Bremen, kann die gestiegene Nachfrage nur bedingt bestätigen: Die Umweltprämie werde sicherlich das Geschäft beleben. Was die Höhe der Rabatte angehe, seien bis zu 46 Prozent jedoch "Wunschdenken“.

Zwar sind die Neuzulassungen im August um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen, jedoch spielte die Abwrackprämie dabei offensichtlich keine größere Rolle. Das legen zumindest die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Zentralverbands des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes unter insgesamt 723 Händlern nahe. Auf die Frage „Spüren Sie schon eine Belebung ihres Neuwagengeschäfts durch die Diesel-Eintauschprämie?“ antworteten über 80 Prozent mit „Nein“, nur knapp 20 Prozent dagegen mit „Ja“.

Kritik vom Autohandel

Die regelmäßigen Rabatt-Mitteilungen des Car-Centers stößt beim Autohandel immer auf Kritik. Die Branche bemängelt die Untersuchung vor allem in einem Punkt: Dudenhöffer weise prominent die Spitzennachlässe auf bestimmte Fahrzeuge aus, die von den Publikumsmedien oft und gerne aufgegriffen werden, so ein Sprecher des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) gegenüber dem Magazin „Autohaus“. Dadurch werde bei Kunden der Eindruck erweckt, dass solch hohe Neuwagen-Rabatte marktüblich seien. Durch das Hantieren mit Extremrabatten, wie sie es etwa beim Abverkauf auslaufender Modelle gebe, würden Erwartungen geschürt, die in der Breite nicht erfüllt werden könnten, so der ZDK-Sprecher. Das müsse der Händler dem Kunden dann erklären.

Der WESER-KURIER hat den Selbstversuch gemacht und sich einige Angebote auf der Plattform meinauto.de eingeholt. Für einen Passat Variant in der Ausstattungsvariante Highline gibt es bei einem Händler immerhin 33 Prozent Rabatt vom Listenpreis, wenn man sein altes Diesel-Fahrzeug mit der Abgasnorm 1 bis 4 verschrotten lässt. Der Abholungsort ist direkt beim Hersteller in Wolfsburg. Ein anderer über diese Plattform vermittelter VW-Händler im Landkreis Rotenburg bietet ähnliche Konditionen: Dort kostet der Passat mit einem Listenpreis von 43.785 Euro dann 30.710 Euro.

Unter Bremer Autofahrern scheint ungeachtet der hohen Rabatte einige Skepsis vorzuherrschen, ob der Kauf eines Diesel-Neufahrzeugs überhaupt infrage kommt. Frank Tölkens Mercedes hat schon 230.000 Kilometer hinter sich. „Ich wollte mir eigentlich einen Neuwagen kaufen, aufgrund der Dieselaffäre habe ich mich aber dagegen entschieden“, sagt der Bremer. Er hält die derzeitigen Rabattaktionen für „Augenschwischerei“. Auch Ebenezer Williams hat dem Diesel abgeschworen: „Derzeit würde ich mir kein Diesel-Fahrzeug mehr kaufen“. Williams fährt noch einen älteren Audi A3 Diesel, sein nächstes Auto soll aber ein Benziner werden.

ADAC rät zu Vorsicht

Nils Linge, Sprecher des ADAC in Bremen, rät beim Neuwagenkauf zu Vorsicht: „Wir empfehlen genau hinzuschauen, ob man am Ende auch wirklich Geld spart.“ Die Hersteller drängten die Kunden mit einer „Werbeschlacht“ und vielen Marketingmaßnahmen zum Neukauf. „Unter dem Strich bekommt man jedoch oft nicht viel mehr Rabatt als vorher“, so Linge.

Laut der Studie des Car-Centers der Universität Duisburg-Essen werden die Kaufprämien momentan von den Marken Audi, BMW, Fiat, Ford, Mercedes, Opel, Toyota, Renault, Seat, Smart, Skoda und Volkswagen angeboten. Die Ausgestaltung der Prämien unterscheide sich indes deutlich. So sei bei den Volkswagen-Marken, bei Ford und bei Opel die Verschrottung des alten Diesel-Fahrzeugs Bedingung für den Erhalt der Prämie. Bei BMW, Mercedes, Renault und Toyota sei dies nicht der Fall.

Mercedes fahre hierbei zweigleisig, indem ganz alte Diesel-Autos der Schadstoffklassen Euro 1-3 zum Verwerter gingen, während die neueren Euro-4-Diesel mit einem gewissen Restwert in Zahlung genommen würden. Mittlerweile deckten die Marktanteile der Hersteller mit Prämien-Angebot rund 80 Prozent des Gesamtmarkts ab.

Die Prämienvorteile sind der Studie zufolge sehr unterschiedlich: Wer etwa bei Ford die Umweltprämie in Anspruch nehme, erhalte darüber hinaus nur noch etwa die Hälfte des sonst üblichen Händlerrabatts. VW oder Audi zahlten dagegen einen zusätzlichen Rabatt nahezu in Prämienhöhe. Nicht ganz so großzügig gingen die Seat- und Skoda-Händler mit den Prämien um. So lägen die Rabatte beim Neuwagenkauf der Modelle Ibiza, Leon oder Octavia bei 60 bis 80 Prozent der Prämienbeträge.

Bei Mercedes betrage die Prämie unabhängig vom gewählten Neuwagen-Modell immer 2000 Euro. Renault zahle Neuwagenkäufern eine „Wechselprämie“, wenn sie ihren alten Diesel mit Euro-4-Norm oder schlechter in Zahlung geben. Die Höhe der Prämie sei je nach Modell gestaffelt und betrage mindestens 2000 Euro beim Kauf eines Twingo und maximal 7000 Euro für den neuen Espace. Diese unterschiedlichen Preisvorteile seien auch auf die bereits laufenden Prämien und Rabattangebote der Händler zurückzuführen.

Mögliche Kunden haben die Autohersteller mit ihren Prämien für den Diesel-Neuwagenkauf reichlich: Von den rund 25 Millionen Autos, die in Deutschland die Abgasnorm Euro 4 oder schlechter erfüllen, sind etwa sechs Millionen Dieselfahrzeuge.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)