Das BLG-Autoterminal in Bremerhaven gehört zu den größten der Welt: 1,7 Millionen umgeschlagene Fahrzeuge im Jahr, 90.000 Pkw-Stellplätze, rund 1000 Schiffe jährlich, dazu Tausende Autozüge und -Lkw. Den Überblick über all das soll "Isabella" behalten: Das Programm plant und steuert die Abläufe auf dem Terminal – die Version 2.0 wurde jetzt gerade umfangreich getestet. Beteiligt waren die Projektpartner BLG Logistics, 28Apps Software sowie das Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) an der Universität Bremen.
Als Ergebnis hält das BIBA in einer Mitteilung fest: Planung und Steuerung des Autoumschlags ließen sich mit dem ,Isabella'-System "grundsätzlich effektiver und effizienter gestalten". Das System ermögliche dadurch höhere Umschlagszahlen, kürzere Schiffsliegezeiten und eine bessere Nutzung des vorhandenen Platzes – und trage so zur Sicherung der Konkurrenzfähigkeit und von Arbeitsplätzen bei. Zuletzt schrieb die BLG mit dem Autoumschlag in Bremerhaven Verluste.
"Isabella" nutzt alles, was die moderne Datentechnik zu bieten hat: mobile Datenerfassung, Echtzeitstatusmeldungen, Steuerungsalgorithmen, Touchscreens, dreidimensionale Visualisierungen. Ein großer Multitouch-Tisch zeigt das virtuelle Abbild des Terminals, einen "digitalen Zwilling". Auf dem Tisch lassen sich alle relevanten Informationen wie die Terminalbelegung, die Standorte der Fahrzeuge oder die Liegeplätze der Schiffe anzeigen und verschiedene Planungsszenarien simulieren.
Aufträge an die Fahrer können dann in Echtzeit erteilt werden, um die Routen für die Fahrpersonal-Shuttlebusse zu optimieren – abhängig vom Standort der Fahrzeuge sowie der einzelnen Fahrer. Die Kommunikation zwischen dem Steuerungssystem und dem Personal am Autoterminal erfolgt über mobile Apps. Für die Ermittlung der genauen Standorte der Fahrer und Fahrzeuge wurde im Rahmen des "Isabella"-Projektes zu geeigneten Ortungssystemen geforscht.
Grundvoraussetzung für das Funktionieren des Systems ist ein zuverlässiger Datenempfang. Dafür haben die Projektpartner in Zug und Lkw zum Beispiel den neuen Mobilfunkstandard 5G genutzt sowie zudem ein lokales Kommunikationsnetzwerk für den Datenempfang in Schiffen, ein sogenanntes Mesh-WLan. Ergebnis: gute Reaktionszeiten, Übertragungsgeschwindigkeiten und Reichweiten im ganzen Schiffsrumpf.
Auch Künstliche Intelligenz (KI) kommt bei "Isabella" zum Einsatz: Für die Zuweisungen von Fahraufträgen an Fahrpersonal und Shuttles wurde ein Algorithmus entwickelt, der die operativen Unsicherheiten eines Terminals mit abbilden kann. Ein klassischer Optimierungsalgorithmus erfordere in der Regel viel Rechenzeit, da viele Optionen durchgespielt werden müssten, heißt es in der Mitteilung des BIBA: "Ein neuronales Netz führt deutlich schneller zu Ergebnissen." Daher wurde mittels eines neuen KI-Ansatzes ein System geschaffen, das weniger Rechenzeit beansprucht. "So lassen sich erstmals Optimierungsprobleme samt Nebenbedingungen abbilden. Das erlaubt schnellste Anpassungen an aktuelle Situationen", versichern die Projektpartner.
Zur Schulung des Personals soll Virtual Reality (VR) zum Einsatz kommen. So kann unter anderem neues Fahrpersonal geschult werden, auch mit virtuellen Fahrten über das Terminal. Andere Schulungseinheiten thematisieren häufige Fehlerquellen und beantworten Fragen, etwa zu den Ablageorten von Fahrzeugschlüsseln in den vielen unterschiedlichen Pkw-Modellen auf dem Terminal. Ein wichtiger Faktor sei gewesen, dass das Terminalpersonal bereits während der Erprobung des Prototypen in das Projekt eingebunden war, heißt es.
Die insgesamt sechsjährigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu „Isabella“ und „Isabella 2.0“ hatten einen Gesamtumfang von 7,3 Millionen Euro. Sie wurden vom Bundesverkehrsministerium im Rahmen des Programms für Innovative Hafentechnologien (IHATEC) mit 5,1 Millionen Euro gefördert. Die Tests fanden auf den BLG-Autoterminals Bremerhaven, Hamburg und Kelheim statt. Hier könnten Entwicklungen aus den "Isabella"-Projekten nun im Betrieb genutzt werden. Laut Projektpartner BLG seien die Lösungen "zukunftsträchtig"; die Anwendung in der Praxis werde derzeit diskutiert.