Nach dem Kauf durch die Bremer Lürssen-Gruppe fällt bei der Traditionswerft Blohm + Voss offenbar jeder dritte Job weg.
Es war im Norden die spektakulärste Firmenübernahme des vergangenen Jahres: Die Bremer Traditionswerft Lürssen kauft die Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss. Beide Unternehmen sind auf den Bau von Luxusjachten und Marineschiffe spezialisiert.
Beide Werften bekommen die überschaubare Auftragslage zu spüren, wobei die Hamburger davon schon länger wesentlich stärker betroffen sind. Und das hat jetzt offenbar erste Folgen: Wie der NDR berichtet, sollen bei Blohm + Voss 300 Mitarbeiter ihren Job verlieren – damit wäre etwa jeder dritte Arbeitsplatz betroffen.
IG Metall lehnte Stellungnahme ab
Die Lürssen-Werft wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern. Dass die 1877 gegründete Hamburger Werft mit der Auftragslage kämpft, ist jedoch schon länger bekannt. Bereits seit Mitte Januar sind 70 Mitarbeiter aus der Konstruktionsabteilung in Kurzarbeit.
Auch die IG Metall lehnte eine Stellungnahme ab: Man wolle erst einmal die Betriebsversammlung am kommenden Dienstag abwarten, um das Ganze einordnen zu können, hieß es am Freitag von der Gewerkschaft.
Laut NDR soll es bei der jetzt geplanten Kürzungswelle nicht nur um Abfindungen und vorzeitigen Ruhestand gehen. Sondern es drohe ein Kahlschlag: Mitarbeiter müssten auch mit betriebsbedingten Kündigungen rechnen, meldete der Sender unter Berufung auf Unternehmenskreise.
Schlagkräftig im Fregattenbau
Dass ausgerechnet ein Bremer Unternehmen Blohm + Voss übernimmt, wurde in Hamburg im September trotzdem positiv bewertet. Denn den Bremer Schiffbauern wurde am ehesten zugetraut, beide Unternehmen zusammen in eine aussichtsreichere Zukunft zu führen.
Und mit dem Kauf ist das gelungen, was Friedrich und Peter Lürßen, die ihr seit mehr als 140 Jahren bestehendes Familienunternehmen gemeinsam führen, seit Längerem verfolgen: der Aufstieg in die Topliga der europäischen Marineschiff-Werften.
Im Geschäft mit Megajachten ist Lürssen bereits Weltspitze. Doch geht es um den Bau von Fregatten und Korvetten, steht den Bremern mit Unternehmen wie DCNS und Fincantieri eine schlagkräftige und meist staatlich dominierte Konkurrenz gegenüber.
2011 war der erste Übernahmeversuch gescheitert, damals gehörte Blohm + Voss zum Stahlkonzern Thyssen-Krupp. Die Werft ging damals an den englischen Finanzinvestor Star Capital Partners – auch auf Druck der Arbeitnehmerseite.
"Für uns ist das A und O der Erhalt unserer Arbeitsplätze“
Bei Blohm + Voss folgten alles andere als florierende Jahre. Mehrere Hundert Jobs fielen weg. So vernachlässigte die Hamburger Werft jahrelang das Geschäft mit Luxusjachten, während Lürssen einen einträglichen Teil der Neubauaufträge für sich gewinnen konnte.
Dass insgeheim befürchtet wurde, dass der Coup am Ende doch Arbeitsplätze kosten könnte, wurde unmittelbar nach Bekanntwerden der Übernahmepläne in den Äußerungen von Arbeitnehmervertretern deutlich: „Für uns ist das A und O der Erhalt unserer Arbeitsplätze“, sagte ein Betriebsratsmitglied von Blohm + Voss damals. Dem schloss sich die IG Metall an, die in der Übernahme aber auch Chancen sah: Lürssen passe zu Blohm + Voss, weil das Unternehmen aus der Branche komme.
Das Lürssen-Management hatte einen Jobabbau stets nicht ausgeschlossen und offen gelassen, inwieweit der Standort Hamburg künftig etwa zur Fertigung von Jachten noch genutzt werde. Inklusive Blohm + Voss kommt die Lürssen-Gruppe, die in Bremen 1050 Mitarbeiter hat, an sämtlichen Standorten auf insgesamt 2800 Beschäftigte. In Hamburg hatte Lürssen bereits im Jahr 2012 die Norderwerft übernommen.