Überfüllte Schiffe, verspätete Ware, Staus vor den Häfen: Logistiker haben zurzeit alle Hände voll zu tun. Die Folgen der Corona-Pandemie haben den Materialfluss der Weltwirtschaft ins Stocken gebracht; nun blockiert auch noch der Ukraine-Krieg die Handelswege im Osten. "Es wird in diesem Jahr jedenfalls nicht einfacher", prognostiziert Frank Dreeke, Chef der Bremer BLG Logistics Group. Immerhin: Die Verluste des ersten Corona-Jahres hat das Unternehmen mit seinen 12.000 Beschäftigten wettmachen können – für das abgelaufene Jahr 2021 steht wieder ein Gewinn in der Bilanz.
Hat die BLG die Corona-Krise überwunden?
Nein, auch das Jahr 2021 stand noch unter dem Einfluss der Pandemie. Und die daraus resultierenden Lieferengpässe bei vielen Produkten "werden uns auch noch das gesamte Jahr 2022 beschäftigen", sagt Dreeke voraus. "Die Marktumstände bleiben schwierig." Trotzdem schreibt das Unternehmen wieder schwarze Zahlen: Nach einem Verlust von 116 Millionen Euro im ersten Corona-Jahr 2020 weist die Bilanz für 2021 einen Gewinn von gut 52 Millionen Euro (vor Abzug der Steuern) aus. "Das liegt über unseren Erwartungen", sagt Dreeke. Der Umsatz lag mit gut einer Milliarde Euro nahezu auf Vorjahresniveau.
Wo macht die BLG Gewinn?
Überwiegend im Containerumschlag. Die 50-Prozent-Tochter Eurogate, die die Containerterminals in Bremerhaven, Hamburg und Wilhelmshaven betreibt, erwirtschaftete für ihre Muttergesellschaft einen Gewinn von knapp 62 Millionen Euro – nach einem fast ebenso hohen Verlust im Jahr 2020. Auf ihren deutschen und internationalen Terminals konnte Eurogate 13 Prozent mehr Container umschlagen. "Das war Fluch und Segen zugleich", sagt Eurogate-Chef Michael Blach. Denn im Corona-Chaos gab es zwar viel nachzuholen, aber nur jedes dritte Schiff fuhr pünktlich; Verspätungen von einer Woche waren üblich. Das führte dazu, dass viele Container länger als üblich im Hafen herumstanden, die Terminals vollliefen und der Umschlag dadurch langsamer wurde. Durch hohe Lagergelder ließen sich die Terminalbetreiber das allerdings von den Reedereien gut bezahlen.
Auch im Bereich Kontraktlogistik schreibt die BLG wieder schwarze Zahlen: Transport und Lagerung von Gütern für Industrie- und Handelsunternehmen wie Siemens und Lidl brachten 8,7 Millionen Euro ein.
Wo macht das Unternehmen Verluste?
Im Automobilgeschäft. Die Probleme der Hersteller wegen fehlender Bauteile und schrumpfender Produktion schlugen sich auch in der Logistik nieder. Zwar bewegte die BLG annähernd so viele Autos wie im Vorjahr und konnte ihre Verluste deutlich reduzieren. Aber die Zahlen blieben rot: Knapp 1,1 Millionen Euro Verlust schlugen für 2021 zu Buche. Auf dem Autoterminal Bremerhaven sieht es noch schlechter aus: Dort erwirtschafte die BLG ein Minus von 11 Millionen Euro. "Unsere Produktivität ist in Bremerhaven massiv eingebrochen", sagt Automobil-Chefin Andrea Eck. Das habe an den Corona-Schutzmaßnahmen und einem "extrem hohen Krankenstand vor allem im letzten Quartal" gelegen.
Profitieren konnte das Schwergutgeschäft: Weil es an Containern mangelt und mehr Fracht auf Ro/Ro-Schiffe verladen wurde, hatte der Bereich "High & Heavy" alle Hände voll zu tun.
Wie sind die Aussichten?
Zu den Nachwirkungen der Corona-Pandemie kommt nun noch der Krieg in der Ukraine. Zwar macht das Russland/Ukraine-Geschäft nur ein Prozent des BLG-Umsatzes aus, aber von dem Krieg ist mittlerweile die gesamte Weltwirtschaft betroffen. "Das macht eine Prognose sehr schwierig", räumt BLG-Chef Frank Dreeke ein. In der Ukraine hat die BLG ihr Logistikgeschäft eingestellt; in Russland produzieren von den drei Kunden nur noch Hyundai und Toyota auf "Mini-Level", sagt Automobil-Chefin Eck; bei BMW stehen die Bänder still. Große Hoffnung verbindet sie mit der Partnerschaft mit der Reederei Hyundai Glovis, die ab 1. Mai Bremerhaven als zentrale Drehscheibe für Nordeuropa nutzen will.
In Bremen geht im Herbst das Logistikzentrum C3 in Betrieb. Dort sollen Fahrzeugteile gelagert und versendet werden.
Welche Perspektiven gibt es für den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven?
Der nach wie vor nicht ausgelastete Jade-Weser-Port profitierte wegen der Überfüllung anderer Häfen zuletzt bereits von zahlreichen außerfahrplanmäßigen Sonderanläufen. Durch den Einstieg von Hapag-Lloyd steht Wilhelmshaven jetzt jedoch auch im regulären Fahrplan des Reedereikonsortiums "The Alliance": Ab Mai soll der "Sprinterservice" aus Südchina an der Jade Halt machen. Als erster der drei deutschen Eurogate-Terminals soll Wilhelmshaven zudem auf den automatisierten Umschlag umgerüstet werden. In Bremerhaven müssen dafür erst noch die Ladegleise der Hafenbahn verlegt werden. Frühester Beginn der Automatisierung: 2025.